München. Tore gegen den FC Bayern zu schießen, noch dazu in München, zählt immer noch zu den Highlights eines jeden Bundesliga-Profis. Erst recht, wenn es der erste Auftritt überhaupt beim Rekordmeister gewesen ist. Also nahm Sebastian Polter „das Tor heute gern mit“, auch wenn er natürlich lieber mit der Mannschaft etwas Zählbares erreicht hätte.
Doch es war der Stürmer des 1. FC Union, der das 1:2 (0:1) gegen den Rekordmeister treffend zusammenfasste. „Wir wussten, dass die Bayern hinter ihren eigenen Erwartungen liegen, aber es sind immer noch die Bayern. Vielleicht hätten wir noch mehr Ruhe bewahren müssen.“
Es war ein Tag wie gemalt für ein Fußballfest. München erlebte mit strahlend blauem Himmel und satten 21 Grad einen wundervollen Herbsttag. Stunden vor dem Anpfiff stimmten sich zahlreiche der 7500 Union-Fans auf dem Marienplatz auf das bislang größte Gastspiel der Klubgeschichte ein.
Am Nachmittag in der ausverkauften 75.000-Mann-Arena feierte der Anhang nicht nur die Mannschaft mit diversen Gesängen, sondern auch sich selbst. In der Pause schallte ein schier nicht enden wollendes „FC Union, unsere Liebe“ aus dem Gästeblock. Unterstützung von den Rängen hatte Union angekündigt, die Mannschaft von Trainer Urs Fischer bekam sie.
Trainer Fischer stellt für den großen Auftritt um
Sie hatte sie auch bitter nötig. Denn es war ein aufopferungsvoller Kampf, den der Aufsteiger beim Rekordmeister ablieferte. Abliefern musste. Natürlich waren es die Bayern, die vom ersten Ballkontakt an das Kommando übernahmen.
Doch Union war mutig, nicht übermütig, aufmerksam und lauffreudig. Genau so, wie man gegen einen auf dem Papier übermächtigen Gegner vorgehen muss, der seit einigen Wochen spielerischen Glanz vermissen lässt.
Coach Fischer hatte dafür taktisch wieder auf Viererkette in der Abwehr umgestellt, um das Zentrum zu verstärken. So entschied er sich für Felix Kroos statt Keven Schlotterbeck und Neven Subotic statt Michael Parensen in der Startelf.
Und ja, Union traute sich. Weil Robert Andrich konsequent im defensiven Mittelfeld zu Werke ging, ob gegen Robert Lewandowski oder Philippe Coutinho. So konsequent, dass er nach bereits 17 Minuten Gelb sah. Auch Unions dreifacher Torschütze Marius Bülter wollte an seine gute Leistung vom 2:0-Heimsieg gegen Freiburg anknüpfen.
Lewandowski trifft auch im neunten Spiel – Rekord
Es war ein couragierter Auftritt der Köpenicker – bis zur 13. Minute. Nach einem Freistoß von Kingsley Coman stürzte Unions-Torwart Rafal Gikiewicz aus seinem Tor, um beim Luftduell zwischen Subotic und Thomas Müller zu klären. Doch die Faustabwehr des Polen, der am Sonnabend 32 Jahre alt wurde, fiel direkt vor die Füße von Benjamin Pavard. Der französische Weltmeister drosch den Ball per Dropkick ins Tor, 0:1. Ausgerechnet Pavard, der im Mai mit dem VfB Stuttgart in der Relegation gegen Union noch in die Zweite Liga abgestiegen war. „Es ist ärgerlich, so zurückzuliegen“, sagte Bülter.
Die zweite Halbzeit offenbarte den Unterschied zwischen beiden Mannschaften – und zwar in der Art, wie man Geschenke des Gegners annimmt. Nach 53 Minuten hatte Subotic Lewandokwsi eigentlich schon gestellt, doch sein Abwehrversuch prallte von Kroos wieder direkt vor die Füße des Bayern-Torjägers. Eine Chance, die sich der Weltklassestürmer nicht entgehen ließ, 0:2. Damit traf Lewandowski (13 Saisontreffer) als erster Bundesligaprofi in den ersten neun Ligaspielen.
Auf der anderen Seite ließ Andersson ein Elfmeter-Geschenk der Bayern ungenutzt. Nationaltorwart Manuel Neuer war in die richtige Ecke abgetaucht (58.). Ein Strafstoß, den Union dank des Videoassistenten bekam. Schiedsrichter Marco Fritz (Korb) war das Handspiel von Ivan Perisic im Strafraum entgangen.
Polter wird von Pavard gefoult – und schießt den Strafstoß selbst
Es passte zum Auftritt der Berliner, dass eine Co-Produktion der von Fischer eingewechselten Anthony Ujah, Sheraldo Becker und Sebastian Polter kläglich vergeben wurde. Beckers Hereingabe war weder Torschuss noch Vorlage für Polter (67.).
Dass Trainer Fischer mit dem Auftritt seiner Mannschaft trotzdem zufrieden war, lag auch am Anschlusstreffer per Elfmeter, den Polter erst im Zweikampf gegen Pavard herausholte und auch selbst verwandelte (86.). Und daran, dass die Bayern wieder einmal beste Chancen ausließen (Serge Gnabry/70., 82., 83.) und Lewandowskis vermeintliches 0:3 aus Abseitsposition erzielt wurde.
„Ich fand irgendwie diesen Rückstand nicht zwingend. Das erste Tor war nicht zwingend, auch beim zweiten Tor war eher zufällig, dass Lewandowski an den Ball kommt. Natürlich war Bayern spielbestimmend, aber wir haben es gut verteidigt“, sagte Fischer. Der Sieg für die Bayern, so der Union-Coach, war dennoch „verdient“.