Bad Saarow. Natürlich musste die Frage kommen. Jene nach seinem Namen, die er schon so oft gestellt bekommen hat. Warum eigentlich Keven und nicht Kevin? Kurz muss Keven Schlotterbeck lachen, bevor er mit einem Augenzwinkern antwortet: Seine Eltern „wollten eigentlich einen Kevin haben, aber Mama hat dann gedacht, nehmen wir ein E und machen einen Keven daraus.“
Geht es nach dem 22-Jährigen, wird man sich seinen Namen schnell einprägen. Der Innenverteidiger will dafür sorgen, dass der 1. FC Union in seinem Premierenjahr in der Fußball-Bundesliga auf eine ähnlich starke Defensive bauen kann wie in der vergangenen Zweitliga-Spielzeit.
Die ersten Eindrücke, die der gebürtige Schwabe im Trainingslager in Bad Saarow hinterlassen hat, sind durchaus vielversprechend. Ein Fragezeichen, ob Schlotterbeck die in ihn gesetzten Erwartungen im Liga-Alltag auch erfüllen kann, bleibt dennoch.
Schlotterbeck hatte mit Profidasein abgeschlossen
Das hat etwas mit seinem Werdegang zu tun. Der 1,89 Meter-Mann stammt zwar aus einer Fußball-begeisterten Familie. Onkel Niels Schlotterbeck stand mit den Stuttgarter Kickers 1987 sogar im DFB-Pokalfinale, wo er gegen den Hamburger SV mit einem Eigentor in der Schlussminute für den 1:3 Endstand sorgte. Noch so eine Geschichte, „die man mir schon oft erzählt hat“, erklärte Schlotterbeck.
Doch Unions neuer Defensivmann hat keine Jugendakademie durchlaufen, die in der heutigen Zeit für die Entwicklung von Talenten zu Profis fast schon zum Standardprogramm gehören. Er selbst bezeichnet sich als „Spätentwickler. Ich hätte nicht gedacht, dass ich es überhaupt noch einmal schaffe.“
Vor drei Jahren hatte er mit einem möglichen Profidasein sogar schon abgeschlossen. Die Schule rückte in den Vordergrund, vielleicht noch die Dritte Liga, auch weil er „a bissle fester gebaut“ gewesen ist, wie er mit feinem Akzent seine acht Kilo zu viel umschreibt.
Unions neuer Verteidiger stellte Ernährung um
„Aber das Angebot aus Freiburg hat mir dann gezeigt, vielleicht geht ja doch noch etwas.“ Schlotterbeck strahlt, als er sich an die große Chance erinnert, die ihm doch noch geboten wurde.
Und er arbeitete an sich. „Ich musste meinen kompletten Lebensstil ändern, von der Ernährung bis zur Fitness. Das hat zwar ein bisschen gedauert, aber für dieses Hobby, das man zum Beruf machen kann, ist das notwendig“, so Schlotterbeck.
Statt Ausbildung zum Polizisten („Das wäre mein Traumberuf gewesen“) hieß es plötzlich doch Bundesliga. Verbunden mit der Erkenntnis, dass es vielleicht doch nicht reichen würde. Seine Vita weist zwar neun Erstliga-Einsätze bei den Breisgauern in der vergangenen Saison aus, geschuldet sind sie jedoch der Freiburger Verletztenmisere. „Sonst hätte ich nicht gespielt“, ist Schlotterbeck ehrlich.
Schlotterbeck verhindert Bruderduell in Freiburg
Spielpraxis muss her, „ich bin 22 Jahre alt, da sollte man schon ein paar Spiele machen, um den großen Sprung zu schaffen“, begründet er seinen Wechsel zu Union. Und ein möglicher Kampf mit seinem Bruder Nico (19) in Freiburg um einen Platz in der Abwehr sollte auch vermieden werden: „Wir haben immer gesagt, dass wir kein Bruderduell wollen.“
Unions Interesse kam da gerade recht, nicht zuletzt wegen die Hängepartie um Marvin Friedrich. Der FC Augsburg hat Friedrich per Option für eine Million Euro von Union zurückgeholt, um ihn den Berlinern laut „Augsburger Allgemeine“ für drei Millionen Euro wieder zum Kauf anzubieten.
„Wir sind offenkundig in Gesprächen“, wollte Oliver Ruhnert, Unions Geschäftsführer Profifußball, die Personalie nicht weiter kommentieren. Dass Union sein Innenverteidiger-Duo aus der Aufstiegssaison, Friedrich und Florian Hübner, gern auch in der Bundesliga sehen möchte, steht außer Frage.
Union sucht noch einen Verteidiger
Gleichwohl machte Ruhnert deutlich, dass gerade im Defensivbereich noch Bedarf besteht, „weil wir der Auffassung sind, dass wir dort Qualität brauchen. Da ist eine Personalie noch dringend notwendig. Kann sein, dass es Friedrich ist.“
Sollte die Friedrich-Rückkehr platzen, würde Hübner auf die rechte Seite in der Innenverteidigung rücken – und Schlotterbeck stünde sofort in der Pflicht zu zeigen, dass Union ihn richtigerweise für ein Jahr ausgeliehen hat.
„Ich habe mich wohl gefühlt in Freiburg, aber jetzt beginnt ein neues Kapitel für mich mit neuen Herausforderungen. Auch wenn Union die Aufstiegsspiele gegen Stuttgart verloren hätte, wäre ich gekommen. Mir gefällt dieser Verein. Die Stimmung im Stadion ist faszinierend. Es hat mir auch sehr gefallen, wie die Mannschaft mich aufgenommen hat“, sagte Keven Schlotterbeck. Mit E, wohlgemerkt.