Berlin. Die Berliner agieren trotz Führung in der zweiten Halbzeit nicht wie gewohnt und müssen das 1:1 gegen Bielefeld hinnehmen
Es kommt selten vor, dass Manuel Schmiedebach direkt nach Abpfiff seine Eindrücke vom Spiel schildert. Am Freitagabend, nach dem 1:1 (1:0) gegen Arminia Bielefeld, sah der Mittelfeldspieler des 1. FC Union erhöhten Mitteilungsbedarf. Und die Worte, die der Defensivmann wählte, waren deutlich.
„Wir müssen wieder dahin zurückkommen, was uns stark gemacht hat“, sagte Schmiedebach, ernst, mit fester Stimme, „und wir müssen wieder von Spiel zu Spiel denken, und nicht an den 34. Spieltag.“
Trainer Fischer sieht viele Fehler
Union blieb zwar auch im 19. Heimspiel in Folge ohne Niederlage, doch die Mannschaft von Trainer Urs Fischer agierte vor allem nach dem Seitenwechsel nicht wie ein Tabellenzweiter, geschweige denn wie ein Aufstiegskandidat.
Fischer sprach von einer zweiten Halbzeit, „die einfach schwach war. Wir hatten keinen Zugriff, waren nicht in den Zweikämpfen und es gab viele Fehler. Wir mussten das eine oder andere Mal das Wettkampfglück beanspruchen. Von daher muss man auch mal mit einem Punkt zufrieden sein. Die zweite Hälfte ist ein Beispiel dafür, dass wir noch viel lernen müssen.“
Es war tatsächlich kein Spiel, das die Zuschauer bei Temperaturen um null Grad erwärmen konnte. Lediglich in den ersten zehn Minuten schien es, als würde sich eine temporeiche Begegnung entwickeln. Bereits an deren eigenen Strafraum empfingen die Köpenicker den Gegner, der sich – wie von Trainer Fischer angekündigt – spielerisch aus der Umklammerung zu lösen versuchte. Das gelang zwar, doch Gefahr wusste auch die Arminia zunächst nicht heraufzubeschwören.
Bielefeld mit mehr Ballbesitz
Mehr als 64 Prozent Ballbesitz verzeichnete die Mannschaft von Trainer Uwe Neuhaus an dessen alter Wirkungsstätte vor der Pause (am Ende 60 Prozent), auch weil die Hausherren sie gewähren ließen. Doch nur in der 37. Minute musste Unions Torwart Rafal Gikiewicz eingreifen, bei einem eher harmlosen Schuss von Nils Seufert aus 18 Metern.
Union wirkte vor 21.286 Zuschauern in der Alten Försterei erstaunlich ideenlos, die Taktik, den Ballbesitzfußball der Bielefelder durch Konter auszuhebeln, führte nicht zum Erfolg. Weil zu viele Zweikämpfe verloren wurden, zu viele Abspiele ungenau waren.
Führung dank Mees und Glück
Es ist bezeichnend für die erste Halbzeit, dass auch Union 23 Minuten benötigte, um eine echte Torchance herauszuspielen – und diese dann auch gleich zum Erfolg führte. Ein wenig Glück stand Union zudem zur Seite. Ken Reichel durfte von links unbehelligt flanken. In der Mitte scheiterte Joshua Mees zunächst an Bielefelds Torhüter Stefan Ortega Moreno.
Doch weil der Abpraller Mees genau vor die Füße sprang, konnte er das Spielgerät zum 1:0 ins Tor stolpern. Nicht unerwähnt bleiben soll, dass Union-Stürmer Sebastian Andersson die Aktion erst durch ein Foul im Mittelfeld ermöglicht hatte. Der Schwede hatte seinen Gegenspieler einfach weggestoßen.
„Wir sind nicht aggressiv genug angelaufen, haben nicht genug attackiert“, monierte Schmiedebach . Das wurde erst recht in der zweiten Halbzeit deutlich, in der Bielefeld loslegte wie die Feuerwehr.
Union kassiert Ausgleich nach einer Stunde
Keine zwei Minuten waren wieder gespielt, als Union erstmals Glück hatte. Seufert hatte Gikiewicz mit einem Flatterball in Verlegenheit gebracht, den Abpraller setzte Andreas Voglsammer an den Pfosten (47.).
Nach gut einer Stunde war es dann passiert. Reinhold Yabo schickte einen Pass an Unions Fünfmeterraum, wo Voglsammer zunächst an Innenverteidiger Florian Hübner scheitert. Jonathan Clauss nutzte den Abpraller zum verdienten Ausgleich (61.).
„Vielleicht wäre ein Sieg sogar verdient gewesen, doch wenn man bei Union einen Punkt holt, muss man zufrieden sein“, sagte Yabo. Chancen für einen Bielefelder Sieg gab es durch Yabo selbst (81.), durch Joan Edmundsson (85.) und Seufert (90.+1).
Unions Ex-Trainer Neuhaus frohlockt
„Fest steht, dass ich hier immer etwas mitnehme, und wenn es meine Frau ist“, frohlockte Bielefelds Trainer Uwe Neuhaus. Der ehemalige Union-Coach hatte zuvor schon mit Dynamo Dresden zweimal in der Alten Försterei gepunktet: im August 2016 (2:2) und im Dezember 2017 (1:0).
Trotz des Rückstandes „sind wir in der zweiten Halbzeit nicht unruhig geworden“, sagte Neuhaus: „Wenn es eine Mannschaft verdient hat, hier den Sieg mitzunehmen, dann war es meine.“
Auf Union wartet bis zur nächsten Partie bei Holstein Kiel einiges an Arbeit. Doch an den kommenden Freitag mag zumindest Schmiedebach noch gar nicht denken. „Wir müssen uns vor Augen führen, was wir heute abgeliefert haben“, sagte der Defensivmann. Deutlicher hätten die Worte nach der schwachen Vorstellung kaum sein können.