Berlin. Noch auf dem Weg in die Kabine bekam Felix Kroos den einen oder anderen Klaps an den Hinterkopf. Die Spieler des 1. FC Union wussten ganz genau, bei wem sie sich nach dem glücklichen 1:0 (0:0) gegen Erzgebirge Aue zu bedanken hatten. War es doch ausgerechnet der degradierte Ex-Kapitän, der den Köpenickern mit einem sehenswerten Freistoßtor aus 22 Metern den 150. Sieg in der Zweiten Liga bescherte. Erlösung in der 87. Minute, die Erleichterung zum Saison-Auftakt an der Alten Försterei war riesig.
Coach Fischer: „Der Druck war auf unserer Seite“
„Ich bin zufrieden und glücklich, dass wir das Spiel für uns entschieden haben. Man hat gemerkt, dass der Druck auf unserer Seite war. Es war das erste Heimspiel, das man nicht verlieren will“, sagte Trainer Urs Fischer. Der Schweizer hatte die Partie im Vorfeld zur Standortbestimmung erklärt. Und nun stehen sie bei Union passabel da – mit einem Tor, drei Punkten und einigen wichtigen Erkenntnissen.
„Drei Punkte, mehr gab es heute nicht – und genau die haben wir“, sagte Michael Parensen (32). Der Routinier stand vor 21.752 Zuschauern überraschend statt Youngster Lars Dietz (21) in der Innenverteidigung. Fischers Idee, die in der vergangenen Saison auffällig anfällige Defensive durch eine Mischung aus Erfahrung und jugendlicher Leichtigkeit zu stabilisieren, ging auf. „Zu Null spricht immer für die Abwehr“, sagte Parensens Nebenmann Marvin Friedrich.
Aue kam erst nach 36 Minuten zur ersten Chance. Doch es war die bis dahin gefährlichste des Spiels. Dimitrij Nazarov stand plötzlich völlig frei vor Unions Keeper Rafal Gikiewicz und klärte den Ball – sehr zur Freude aller anwesenden Unioner – auf der gegnerischen Torlinie selbst ins Toraus.
Der Ex-Kapitän sitzt 81 Minuten auf der Bank
Aber auch die eigenen Offensivbemühungen blieben ohne nennenswerten Erfolg. Dabei hatte es zunächst so ausgesehen, als würden die Hausherren offensiv die Regie übernehmen. Akaki Gogia versuchte es aus der Distanz (6.), Sebastian Andersson per Kopf (7.), und Marcel Hartels aus der zweiten Reihe (16.) – allesamt erfolglos.
„Wir müssen mutiger werden, vorne öfter ins Eins-gegen-Eins gehen“, sagte Kapitän Christopher Trimmel. Der Österreicher strahlte als neuer Spielführer souveräne Ruhe aus und warf sich in jeden Zweikampf. Am Ende stand er trotzdem im Schatten seines Vorgängers. Kroos war erst in der 81. Minute eingewechselt worden. Und brauchte Minuten später nur einen einzigen Schuss in den linken Winkel, um zum Mann des Spiels zu werden. „Der Sieg kam sicher glücklich zustande, aber nicht unverdient. Die Mannschaft hat ordentlich gearbeitet“, bilanzierte Fischer.
Kroos selbst wollte nicht reden. Weder über sein traumhaftes Tor noch über die viel diskutierte Kapitänsentscheidung. Stattdessen sprach Nachfolger Trimmel: „Felix ist da, wenn er eingewechselt wird, das ist wichtig.“ Es scheint so, als wolle Kroos lieber auf dem Platz beweisen, dass Union mit seiner vielfach vorgebeteten Devise, dass es eine gemeinsame Entscheidung pro Trimmel und keine kontra Kroos gewesen sei, recht behält.
Trainer Urs Fischer hievt vier Zugänge in die Startelf
Ansonsten hatte Fischer neben Torwart Gikiewicz, der nur wenige Chancen bekam sich auszuzeichnen, gleich drei Zugängen das Vertrauen für die Startelf gegeben. Neben Angreifer Andersson durfte Ken Reichel als linker Außenverteidiger ran. Doch es war besonders Manuel Schmiedebach, der das Vertrauen mit einem starken Spiel im defensiven Mittelfeld zurückgab. Der Ex-Hannoveraner war Antreiber, verteilte die Bälle und stellte den neben ihm postierten Grischa Prömel als Spielmacher in den Schatten. Schmiedebach scheint derjenige zu sein, der sich am schnellsten in das 4-3-3-System, das bei gegnerischem Angriff in ein 4-4-2 umfunktioniert wird, eingefunden hat.
„Wir müssen noch strukturierter werden. Aber sechs Wochen Vorbereitung reichen mit einem neuen Trainer und neuen Spielern nicht immer aus“, sagte Parensen. Nachholbedarf in Sachen Integration hat vor allem Andersson. Der Stürmer lief häufig ohne Bindung an seine Nebenleute Hartel und Kenny Prince Redondo in die gegnerische Abwehr. „Er macht es gut. Er haut sich da rein. Das brauchen wir“, sagte Trimmel. Bei Union wird man noch erleichterter sein, wenn man auch Andersson am nächsten Spieltag einen freudigen Klaps an den Hinterkopf geben kann. Dann heißt der Gegner Köln.