Berlin. Eine Eintagsfliege lebt meist nur ein bis vier Tage. Manchmal auch nur wenige Stunden und selten länger als eine Woche. Beim 1. FC Union kennt man diese kurze Lebensspanne. Viel länger hat die kleine Aufstiegshoffnung auch nicht überlebt, die nach dem überraschenden Sieg gegen Fortuna Düsseldorf (3:1) vor einer Woche so plötzlich wieder aufflackerte. Mit der 0:1-Niederlage in Braunschweig erlebte die Elf von Trainer André Hofschneider den nächsten Tiefschlag.
Keine Spur mehr von dem Selbstvertrauen, das Sebastian Polter, Steven Skrzybski und Co. im Spiel gegen den Aufstiegsaspiranten aus dem Rheinland gezeigt hatten. Stattdessen ein unkreativer Spielaufbau, wenige Torchancen und chaotische Verteidigungsarbeit. Ein Rückfall in alte Zeiten. Die Berliner befinden sich wieder dort, wo sie vor der Winterpause aufgehört haben.
Für Felix Kroos als Spielmacher gibt es keine Alternative
Damals – im Spiel gegen den FC Ingolstadt (1:2) – offenbarte sich all das nicht zum ersten Mal. Doch die Motivation, die schwachen Leistungen im Trainingslager aufzuarbeiten, war groß. Ansätze waren beim 2:2 in Kiel Mitte Januar zu erkennen. Mehr aber auch nicht. Viel lieber wurde über verbesserte Willensstärke geredet oder nicht gegebene Tore, wie nach dem 1:1 in Bielefeld, als der vermeintliche Siegtreffer in der Sekunde nach dem Schlusspfiff fiel.
„Die Mannschaft hat einen Schritt voran gemacht. Aber wenn man nicht gewinnt, interessiert das niemanden“, sagt Kapitän Felix Kroos, der in Braunschweig Gelb-gesperrt fehlte und von Hofschneider als Spielmacher schmerzlich vermisst wurde. Aber Kroos allein kann nicht derjenige sein, der dem Team seine Spielidee aufdrückt.
Hofschneider holte fünf von 21 Punkten
Hofschneider gelingt es seit seiner Einstellung Anfang Dezember nicht, die Leistung seiner Mannschaft kontinuierlich zu steigern. Bei neun grippekranken Spielern in den vergangenen zwei Wochen sicherlich keine leichte Aufgabe. Dennoch sind nicht nur die letzten 14 Tage ausschlaggebend für die Situation, in der sich Union befindet. Gerade einmal fünf von 21 möglichen Punkten holte Hofschneider in seinen ersten sieben Spielen als Cheftrainer – nur Darmstadt (vier) holte noch weniger. Eine Erfolgsbilanz für einen Coach in seiner ersten Festanstellung sieht ohne Zweifel anders aus.
Nach der Partie in Braunschweig war auch Hofschneider bedient, forderte seine Spieler auf, sich zu hinterfragen und äußerte offen Kritik an seinem Team. „Wir haben uns bemüht, aber haben die Qualität nicht auf den Platz bekommen“, sagte er. Sie waren stets bemüht. Eine Formulierung, die in einem Arbeitszeugnis einem Offenbarungseid gleichkommt. Sie wollten, konnten aber mangels Fähigkeiten nicht.
Dreizehn Punkte Rückstand auf einen direkten Aufstiegsplatz
„Wir haben lethargisch angefangen. Insgesamt war das sehr ideenarm“, sagt Ersatz-Kapitän Steven Skrzybski und ergänzt: „Dann hat uns auch der letzte Punch gefehlt.“ Ein wenig verwunderlich, wenn man bedenkt, dass sich mit dem zehnten Platz und dreizehn Punkten Abstand auf einen direkten Aufstiegsplatz, die Hoffnungen auf eine neue Saison in der ersten Liga zerschlagen haben. Wer also trotzdem in der Bundesliga arbeiten will, sollte die Chance der verbleibenden elf Spiele nutzen, um sich ins Schaufenster zu stellen, um zu zeigen, dass er trotz der schwachen Mannschaftsleistung Erstliganiveau hat. Denn nach der Vorstellung in Braunschweig wird das Interesse sicher nicht größer werden.
Von einer derartigen Motivation könnte auch Union profitieren, vielleicht schon im nächsten Heimspiel gegen Sandhausen am Sonnabend (13 Uhr, Alte Försterei).