Oliva Nova. Das erste, was einem an Lars Dietz auffällt, ist seine Höflichkeit. So verneint er – Hände ineinander verschränkt, modischer Seitenscheitel, sympathisches Lächeln – freundlich eine vom Namen her mögliche Verbindung mit Bernard Dietz, dem Kapitän der deutschen Europameister von 1980: „Ich wurde schon früher danach gefragt, aber ich bin nicht mit ihm verwandt.“
Zu seiner angenehmen Art gesellt sich ein guter Schuss Selbstvertrauen, als er in der Hotel-Lobby im spanischen Oliva Nova die Ziele erklärt, die er beim 1. FC Union hat. „Ich bin hierhergekommen um zu spielen“, erklärt der Abwehrspieler.
Ein hehrer Anspruch für einen 1,90-Meter-Mann, der am vergangenen Sonntag erst 21 Jahre alt geworden ist und nun auszog, eine größere Fußball-Welt für sich zu entdecken, obwohl er die ganz große Bühne elf Jahre direkt vor der Nase gehabt hatte. Der bislang einzige Winterzugang des Fußball-Zweitligisten wechselte vom Regionalligateam von Borussia Dortmund nach Köpenick (Vertrag bis 2021).
Ex-Dortmunder will spätestens im Sommer richtig angreifen
„Der Abschied ist schon schwer gefallen, aber da die Anfrage bereits im Oktober kam, hatte ich auch ein wenig Zeit, mich darauf einzustellen“, sagt Dietz. Dass er den angestrebten Weg abgebrochen hat, es über den BVB-Nachwuchs irgendwann zu den Profis des Erstligisten zu schaffen, sieht er natürlich nicht als Rückschritt. „Dortmund hat die Meisterschaft oder die Teilnahme an der Champions League zum Ziel, da ist es nicht ganz so leicht, in den Profikader zu kommen. Und die Zweite Liga ist noch einmal ein anderes Pflaster als die vierte Liga, das Niveau wird doch noch mal höher sein.“
Die Frage, die sich damit unweigerlich stellt: Kann Dietz Union tatsächlich noch in den restlichen 16 Saisonspielen helfen, den Aufstiegstraum wahrzumachen? Die fußballerischen Voraussetzungen bringt Dietz mit, das wird an der Mittelmeerküste nicht nur beim Dribbling durch die Slalomstangen deutlich, bei dem der Ball jeder seiner Bewegungen gehorcht, sondern auch beim Einstudieren von Spielformen, wenn er mit einem präzisen Pass seine neuen Kollegen auf die Reise schickt.
Trainer André Hofschneider lobte Dietz bereits als „variablen Spieler“, sieht in ihm jedoch jemanden, „den man weiterentwickeln kann“. Laut Unions Geschäftsführer Sport, Lutz Munack, will man Dietz einen „Entwicklungszeitraum einräumen“. Und der Jungprofi selbst macht deutlich: „Ich hoffe, dass ich in der Rückrunde einige Einsätze bekomme, vielleicht auch schon ganz früh über längere Distanzen, aber das liegt an meiner Leistung. Ziel ist es natürlich, eine feste Größe zu werden. Und ich rechne mir im Sommer gute Chancen aus, dass ich richtig angreifen kann.“ Dietz wird primär als Investition in die Zukunft angesehen, dabei hätte Unions Defensive (26 Gegentore in 18 Spielen) durchaus jemanden nötig, der wieder für mehr Stabilität sorgt.
Derzeit ein Kandidat für die rechte Seite
Dietz‘ Vorteil: In der Abwehrkette kann er auf jeder Position eingesetzt werden. In der Rückrunde dürfte er ein Kandidat für die rechte Seite sein, vielleicht schon im Test am Mittwoch gegen KAA Gent/Belgien. Selbst die Option defensives Mittelfeld will er sich „offen halten“. Am liebsten sieht er sich in der Innenverteidigung. „Weil ich das Spiel eher von hinten heraus eröffne, als mit dem Rücken zum Gegner zu spielen“, gesteht Dietz.
In diesem Zusammenhang soll nicht unerwähnt bleiben, dass der Vertrag von Abwehrchef Toni Leistner im Sommer ausläuft, sollten die Köpenicker den Sprung in die Bundesliga verpassen.