Berlin. Der Aufstieg in die Bundesliga bleibt das Ziel. Aber mit Trainer Hofschneider suchen die Berliner noch eine neue Identität.
Lange bevor seine neuen Kollegen zum Trainingsauftakt des 1. FC Union vorstellig wurden, erschien Lars Dietz (20) auf dem Gelände des Berliner Zweitligisten. Helmut Schulte, Leiter der Lizenzspielerabteilung, nahm den Neuankömmling in Empfang und zeigte ihm das Areal rund um seinen zukünftigen Arbeitsplatz. Später stand er mit seinen Kollegen in spe auf dem Platz. Bei der ersten Einheit nach der etwas mehr als zweiwöchigen Pause fehlten noch die erkrankten Jakob Busk, Kristian Pedersen, Marc Torrejon und der verletzte Kenny Prince Redondo. Cihan Kahraman trainierte individuell. Atsuto Uchida kam aus dem Urlaub gar nicht mehr zurück nach Berlin, der Japaner beendet sein viermonatiges Engagement bei Union und schließt sich in seiner Heimat den Kashima Antlers an.
Nur zwei Pflichtspiele in vier Monaten
Uchida ist nach nur zwei Pflichtspieleinsätzen schon wieder Vergangenheit, Dietz, ein blonder, 1,90 Meter großer Schlaks soll die Zukunft werden. Er ist Unions erste Verpflichtung im neuen Jahr, der vielseitig einsetzbare Defensivspezialist (Innenverteidiger, Außenverteidiger, Mittelfeld) kommt von Borussia Dortmund, wo er in der Regionalligamannschaft eingesetzt wurde. Sein Vertrag gilt bis Sommer 2021. Eine endgültige Bestätigung von allen Seiten steht noch aus, wird aber für den heutigen Mittwoch erwartet. Die lange Laufzeit des Arbeitspapiers begründet Lutz Munack, Unions Geschäftsführer Sport: „Wir wollen ihm einen Entwicklungszeitraum einräumen. Es wird sich in den kommenden Wochen zeigen, wie schnell er an die erste Elf heranrücken kann.“
Unions aktuelle Probleme wird Dietz kaum beheben können, er ist eher ein Investment für die Zukunft. Wie diese mittelfristig aussieht, hängt mit dem Verlauf der kommenden fünf Monate zusammen. „Das Ziel Aufstieg haben wir nicht aufgegeben“, sagt Munack.
Schon sieben Punkte hinter dem Relegationsrang
Angesichts der sportlichen Gegenwart klingt das ambitioniert, Union liegt als Sechster bereits sieben Punkte hinter dem Relegationsrang. Kurz vor Ende der Hinrunde war Trainer Jens Keller entlassen worden. Die Trennung kam überraschend und ging alles andere als geräuschlos vonstatten. Munack verteidigt noch einmal den Schritt mit sportlichen Beweggründen. „Unsere fußballerische Ausrichtung war entschlüsselt“, sagt er. Präsident Dirk Zingler hatte dagegen im Interview mit dem „Kicker“ angedeutet, dass auch andere Dinge in die Entscheidung mit hineinspielten.
Es waren aufwühlende Wochen zum Jahresausklang, nun sehnt sich Union wieder nach Ruhe und Konstanz. Nur haben die ersten zwei Spiele unter dem neuen Cheftrainer André Hofschneider schon angedeutet, dass sich beides vermutlich nicht so einfach einstellen wird. Beide Begegnungen gingen verloren, die Mannschaft wirkte verunsichert und auf der Suche nach einer fußballerischen Identität.
Vom 6. bis 13. Januar Trainingslager in Spanien
Das von Keller forcierte aggressive Pressing soll unter Hofschneider einem ballbesitzorientierten Stil weichen. Auch, um die Stärken Einzelner mehr zur Geltung zu bringen. Akaki Gogia kam in der Hinrunde nicht zur Entfaltung, auch U21-Nationalspieler Marcel Hartel soll davon profitieren.
Munack wirkt bemüht, das mögliche Verpassen des Aufstiegs nicht als Enttäuschung abzutun. „Wir wissen, durch den Trainerwechsel ergeben sich Handlungen, die Zeit brauchen.“ Wenn Union etwas nicht hat, dann ist es Zeit. Vom 6. bis 13. Januar fliegt die Mannschaft ins Trainingslager nach Spanien, dann steht schon am 23. der Punktspielstart beim Zweiten in Kiel an. Drei Tage später kommt der Dritte aus Nürnberg in die Alte Försterei. Beide Spiele sollte Union gewinnen, um im Aufstiegsrennen zu bleiben. Gelingt das nicht, könnte das angestrebte Ziel schon im Februar in weite Ferne rücken.
2018 wäre der richtige Zeitpunkt zum Aufstieg
Auch wenn es niemand aus der Führungsriege so sagt, wäre der Nichtaufstieg ein herber Rückschlag. Seit dem Wiederaufstieg 2009 ging die Entwicklung stetig nach oben, Platz vier in der Vorsaison war der vorläufige Höhepunkt, dem nun das Erreichen der Bundesliga folgen sollte. Auch, weil die 2. Liga in dieser Saison als so durchlässig wie lange nicht mehr gilt. Schwergewichte wie Stuttgart, Hannover oder Leipzig, die Union in der jüngeren Vergangenheit im Weg standen, gibt es derzeit nicht. Das dürfte sich bald wieder ändern, falls Köln, Bremen oder der HSV runterkommen. Auch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten wäre 2018 ein idealer Zeitpunkt, um aufzusteigen. Die Kapazität der Alten Försterei soll sehr bald auf knapp 40.000 Zuschauer erhöht werden. Mit Gegnern wie Regensburg, Sandhausen oder Heidenheim lässt sich eine solche Arena auf Dauer nicht füllen.
„Der Kader ist gut genug, wir müssen unser Potenzial abrufen“, sagt Hofschneider. An ihm ist es nun zu zeigen, dass die Mannschaft mehr davon hat, als sie in der Hinrunde zeigte.