Zweite Liga

Union bremst sich selbst aus

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Michael Färber
Christoph Schösswendter (l.) sieht in Fabian Schönheim wohl eine Gefahr

Christoph Schösswendter (l.) sieht in Fabian Schönheim wohl eine Gefahr

Foto: Oliver Zimmermann / imago/foto2press

Auf Trainer Keller wartet nach fünf Spielen ohne Sieg die schwerste Phase seiner Amtszeit. Gegen den FCK ist ein Erfolg Pflicht.

Berlin.  Die Rückkehr des 1. FC Union an die Alte Försterei am Tag nach der Auswärtspleite beim SV Sandhausen (0:1) passte ins Gesamterscheinungsbild, das der Berliner Fußball-Zweitligist derzeit abgibt. Weil sich der Rückflug aus Karlsruhe verspätete, kamen auch die Profis erst nach 13.30 Uhr in Köpenick an. Zu diesem Zeitpunkt sollte das Training bereits eine halbe Stunde im Gange sein. So war der Plan.

Doch mit der Umsetzung von Plänen hat man es bei den Berlinern momentan nicht so sehr. Der Auftritt im Hardtwald, der in der zweiten Saisonniederlage mündete, offenbarte alle Probleme, die das Team von Trainer Jens Keller derzeit begleiten. Union ist weit davon entfernt, ein Aufstiegskandidat zu sein. Konnte man sich in den sieglosen Partien zuvor trotz der Punktverluste immer noch damit herausreden, zumindest über weite Strecken jenen Fußball gezeigt zu haben, den man von sich selbst erwarte, so ging das nach dem Sandhausen-Spiel nicht mehr. Entsprechend angespannt sagte Keller: „Nach fünf Spielen ohne Sieg müssen wir nicht darüber reden, ob irgendetwas reicht. Wir müssen schleunigst einen Dreier einfahren.“

Fünf Punkte hinter Platz drei

Der 46-jährige Coach steht vor seiner schwersten Zeit, seit er im Sommer vergangenen Jahres bei Union angetreten ist. Bislang ging es darum, seine neue Mannschaft kennenzulernen, ihr seine Spielphilosophie zu vermitteln und alte Blockaden aufzubrechen. Mit Beginn dieser Spielzeit sollte die Mannschaft sich auf den Weg in Richtung Bundesliga machen, indem sie das Erlernte umsetzt. Dies gelang bisher nur mäßig. Union ist nur Zehnter, fünf Punkte hinter den Aufstiegsplätzen.

Waren es zuvor vor allem Fehler in der Defensivarbeit der gesamten Mannschaft, so kam in Sandhausen ein weiteres Problem hinzu. Gleich fünf neue Spieler brachte Keller von Beginn an. Doch die Rotation, die mehr Frische bringen sollte, endete im Mittelmaß. Bei einigen, so der Eindruck nach den schwächsten 90 Minuten der Saison, reicht es offenbar nicht, das von Keller geforderte Spiel umzusetzen. Der Trainer sieht das „überhaupt nicht so. Ich habe immer gesagt, dass wir einen breiten und guten Kader haben. Alle sind voll im Saft.“ Doch das Zusammenspiel ließ zu wünschen übrig.

Immer wieder falsche Entscheidungen

So kam auch Keller nicht umhin festzustellen: „Wir sind die Räume nicht angelaufen.“ Auch sprach er von „Ballqualität“, die die Seinen nach dem Rückstand nicht mehr auf den Platz gebracht hätten. Es stellt sich die Frage, ob es genug Konkurrenzkampf gibt. Hinzu kommen spieltaktische Fehler. Mit hohen Bällen aus dem Halbfeld Philipp Hosiner ins Spiel bringen zu wollen, musste schief gehen. Die Qualitäten des Österreichers liegen im steilen Anspiel, in schnellen Kombinationen. Die Mitspieler sollten dies wissen.

Zudem erstaunte schon, dass Keller auf der rechten Abwehrseite mit Christoph Schösswendter und Atsuto Uchida gleich zwei Neue brachte. War Schösswendter aufgrund der Achillessehnenprobleme von Toni Leistner unabdingbar, überraschte die Nominierung Uchidas schon mehr. „Er hat mir gut gefallen. Doch es war sein erstes volles Spiel nach über zwei Jahren“, bat Keller erneut um Geduld. Wirklich Sicherheit brachte das Duo wegen nachvollziehbarer Abstimmungsschwierigkeiten in die Defensive dennoch nicht.

Vertrauen in Keller ist intakt

„Einen Spieler wie Uchida hätte Union nie bekommen, wenn er fit gewesen wäre. Und unsere Aufgabe ist es, ihn wieder dahinzubekommen, dass er seine Qualitäten voll abrufen kann“, sagte Keller am frühen Abend in den Rathauspassagen am Alexanderplatz. Beim „Talk unterm Turm“ mit Moderator Dirk Thiele gab sich der Trainer wieder entspannter: „Wir sind jetzt ja auch nicht in einer totalen Krise.“ Die rund 150 Fans in den Rathauspassagen vermittelten ebenfalls nicht das Gefühl, dass ein Krisengerede bereits gerechtfertigt sei. Das Vertrauen in den Trainer ist intakt, von allen Seiten.

Und Keller hat unbedingt vor, dieses Vertrauen nicht zu enttäuschen: „Wir müssen uns unserer Verantwortung gegenüber unseren Fans bewusst sein, die uns auch in Sandhausen wieder großartig unterstützt haben.“ Kapitän Felix Kroos, der den abendlichen Part mit seinem Trainer zusammen bestritt, fügte hinzu: „Man muss an die Ideen glauben und nicht nach drei, vier Spielen davon abrücken.“ Keller wird dies gern hören. Seine Team ist jedoch aufgefordert, am Montag gegen das sieglose Schlusslicht 1. FC Kaiserslautern zu zeigen, dass diese Ideen auch weiter die richtigen sind.