Hertha BSC

Torunarigha und Friede: Zwei Talente, eine Mission

| Lesedauer: 6 Minuten
Uwe Bremer
Jordan Torunarigha und Sidney Friede (v.r.) zählen zu Herthas vielversprechendsten Talenten.

Jordan Torunarigha und Sidney Friede (v.r.) zählen zu Herthas vielversprechendsten Talenten.

Foto: Soeren Stache / picture alliance/dpa

Die Hertha-Youngster strotzen vor Potenzial, müssen sich als Profis aber erst etablieren. Frühere Fehler wollen sie hinter sich lassen

Stegersbach. Autos im Wert einer Zwei-Zimmer-Wohnung, Jahresgehälter, die normale Leute für ihre Kontonummer halten und reichlich Avancen von Frauen – es gibt viele Klischees über den Traumberuf vom Fußball-Profi. Aus der Nähe betrachtet, sieht es allerdings anders aus.

Die Morgenpost hat sich mit zwei Profis von Hertha BSC getroffen, die auf ihrem Weg schon relativ weit sind – aber eben noch keine Bundesliga-Stammkräfte. Die Rede ist von Jordan Torunarigha (21), 1,91 Meter groß, Innenverteidiger und U21-Nationalspieler. Und von Sidney Friede (21), 1,88 Meter groß, auf verschiedenen Positionen einsetzbar und U20-Nationalspieler. Beide sind in der Hauptstadt aufgewachsen und haben Herthas Nachwuchsabteilung durchlaufen.

Entscheidung von U21-Coach Kuntz wirft Fragen auf

Torunarigha wäre beinahe Stammspieler der deutschen U21 bei der Europameisterschaft gewesen. Er stand im Vorbereitungskader von Nationaltrainer Stefan Kuntz – und war unmittelbar vor dem Turnier unter den Kandidaten, die gestrichen wurden.

„Ich war enttäuscht, dass ich nicht dabei war. Meiner Meinung nach gab es keinen Grund“, sagt Torunarigha. Auf die Frage, ob er wegen Knöchelproblemen nicht mitgenommen wurde, sagt er: „Ich war nicht wirklich angeschlagen. Ich habe einen Schlag auf den Knöchel bekommen, aber das hätte man auskurieren können.“

Der Umgang mit Rückschlägen ist eine wichtige Fähigkeit für Profis. Torunarigha sagt: „Man kann sich über die Vergangenheit beschweren. Oder nach vorne gucken.“ Er hat sich entschieden: „Ich habe mir gesagt: Jetzt erst recht, ich muss noch mehr machen als zuvor.“

Professionellerer Lebensstil

Sidney Friede macht keinen Hehl daraus, dass er regelmäßig enttäuscht war. Seit Januar 2018 ist er Profi bei Hertha. Wenn aber Ex-Trainer Pal Dardai am Freitag sein 18er-Aufgebot für die Wochenend-Partien bekannt gab, tauchte der Name Friede nicht einmal auf.

Also­ hieß es raus aus der Komfortzone Berlin. Bei Royal Mouscron unter Trainer Bernd Storck spielte er eine erfolgreiche Rückserie in der ersten belgischen Liga. Keine Freunde, keine Kumpels, keine Familie­ – „das hat mir gut getan: volle Konzentration auf den Fußball“, erzählt­ Friede.

Ob Ernährung oder regelmäßiges Schlafen, er hat einiges gelernt, das er nun in Berlin mit einbringen will. Der nächste große Schritt steht an: „Ich werde zu Hause ausziehen und auf eigenen­ Beinen stehen.“

Mehr Bewusstsein für Signale des Körpers

Viele streben in den Profifußball, aber nur wenige kommen durch. Es braucht Ehrgeiz. Und es ist nur ein kleiner Schritt zum falschen Ehrgeiz. Torunarigha hat Lehrgeld bezahlt.

Er wollte vergangene Saison nach einer Achillessehnenverletzung dem Team helfen. Doch es war wie in einem schlechten Drehbuch: zu früh angefangen, dann schlecht gespielt und verloren. Und weil die Verletzung wieder aufbrach, fiel die Zwangspause entsprechend länger aus.

Die Folge: Von 34 möglichen Bundesliga- Einsätzen bestritt Torunarigha nur 14: „Ich muss lernen, besser auf meinen Körper zu hören. Auch wenn sich ein Problem nur leicht anfühlt, dem Trainer sagen: Ich mache lieber noch eine Woche länger Pause, anstatt­ dann für ein oder zwei Monate auszufallen.“

Der Privat-Trainer wird aus eigener Tasche bezahlt

Ein Fußball-Profi ist sowohl Mannschaftssportler als auch Unternehmer in eigener Sache. Also heißt es, sich für den internen Konkurrenzkampf zu rüsten. Friede und Torunarigha sind befreundet. Sie verbrachten die letzten zehn Tage des Sommerurlaubs auf Mykonos.

Es war eine Gruppe von Profis, auch Marko Grujic war dabei, die aus eigener Tasche einen Privat-Trainer bezahlte. Sie bereiteten sich in verschiedenen Workouts in einem Trainingscamp auf die Vor­bereitung mit ihrem Arbeitgeber Hertha BSC vor.

„Wir haben dort individuell trainiert“, erzählt Friede. Ziel war es, mit einem guten Gefühl in die reguläre Trainingsarbeit zu starten, „damit wir dann nicht so einen Muskelkater haben“.

Torunarigha: „Ich habe überreagiert“

Mittlerweile sind vier Wochen der Vorbereitung bereits vergangen. In 14 Tagen steht das erste Pflichtspiel im DFB-Pokal gegen den Viertligisten VfB Eichstätt an – der Kampf um die Plätze ist in vollem Gang. Bei Herthas Test gegen Fenerbahce Istanbul (2:1) zeigte sich eine andere Tücke der Profibranche: Der Umgang mit Provokationen – und ob man seine Emotionen dabei im Griff hat.

Torunarigha räumt ein, in einer Szene „überreagiert zu haben“. Aber es sei nicht seine Absicht gewesen, den Gegenspieler zu verletzten, was jener dem Herthaner heftig unterstellt hatte. Auf die Frage, ob er manchmal jähzornig sei, antwortet Torunarigha: „Das nicht, aber ich bin in solchen Momenten ein Gerechtigkeitsfanatiker.“

Beide brauchen dringend Spielpraxis

Friede wirft an dieser Stelle ein: „Mit Trashtalk musst Du in jedem Sport umgehen, das darf dich nicht aus der Fassung bringen.“ Torunarigha sagt, nach dem Abpfiff habe­ er insofern alles richtig gemacht, dass er sofort in die Kabine gegangen sei und sich aus allem, was es an Gerangel im Spielertunnel gab, herausgehalten habe.

Die Ansprüche der Youngster haben mit ihrem Stellenwert zu tun. Friede hofft „auf Kadereinsätze, und möglichst viele Einsatzminuten“. Torunarigha sagt mit Blick auf das vergangene Spieljahr: „14 Spiele waren zu wenig. In der neuen Saison will ich so viele Spiele machen wie möglich.“