Berlin. Ondrej Dudas Status bei Hertha BSC hat sich durch zehn Treffer klar verbessert. Doch seit zehn Wochen trifft er nicht mehr.
Verlernt hat er es nicht, natürlich nicht. Im Trainingsspiel am Donnerstag lieferte Ondrej Duda einen eindrucksvollen Beweis seiner Qualität: Ballannahme an der Strafraumkante, danach ein schnelles Aufdrehen und ein kurzer Blick Richtung Tor, bedrängt von drei Gegenspielern, den Ball ganz eng am Fuß. Danach ein platzierter Flachschuss ins rechte untere Eck – drin. Es war eine Szene, die die außergewöhnlichen Fähigkeiten des Hertha-Spielmachers in einem Moment vereinte, seine Technik, seine Handlungsschnelligkeit, seine Torgefahr auch. Das Problem: In der Bundesliga war davon zuletzt kaum noch etwas zu sehen.
Seit zehn Wochen nicht mehr getroffen
Zehn Wochen ist es inzwischen her, dass Duda in einem Pflichtspiel getroffen hat. Beim furiosen 3:0 in Mönchengladbach zählte der slowakische Nationalspieler zu den besten Akteuren, doch die Erinnerung daran ist längst verblasst. Herthas Krise ist auch Dudas Krise, dem Team und seinem besten Scorer will nicht mehr viel gelingen. Beim jüngsten 0:2 gegen Hoffenheim musste der 24-Jährige dann sogar tatenlos zuschauen, weil er sich eine Gelbsperre eingehandelt hatte.
„Vielleicht hatte das auch etwas Gutes“, sagt Duda vor dem Heimspiel gegen Tabellenschlusslicht Hannover am Sonntag (18 Uhr/Sky), „manchmal tut eine Pause gut.“ In der Hinrunde war das tatsächlich so. Als der bis dahin überragende Duda in ein Formtief rutschte, verordnete ihm Trainer Pal Dardai eine Zwangspause. Damals musste er gegen Hannover auf der Bank bleiben, fand danach jedoch zurück zu alter Stärke.
Eine Saison wie eine Achterbahnfahrt
Duda sagt, die Saison erinnere ihn ein wenig an eine Achterbahnfahrt. Auf die vielen Aufs folgten genauso viele Abs, seine persönliche Bilanz fällt aber eindeutig positiv aus. Nach zwei völlig verkorksten Spielzeiten erlebte er eine Art Befreiung, „es ist alles so gekommen, wie ich es mir gewünscht habe“, sagt er.
In seinem dritten Berliner Jahr hat Duda die Erwartungen endlich erfüllt, mitunter sogar weit übertroffen. Zehn Treffer und vier Vorlagen gelangen ihm bislang, nicht selten spektakulär. Da war der gewiefte Freistoß, den er zu Saisonbeginn unter der Wolfsburger Mauer hindurchschoss, oder die brillante Hacken-Ablage vor dem Bilderbuchtreffer gegen Schalke 04. Pal Dardai geriet ins Schwärmen: „Das war der beste Angriff, seit ich hier bin.“
Dardais Ansprache hat sich stark verändert
Die Zweifel, die Duda in der Vergangenheit plagten, hat er sich 2018/19 von der Seele geschossen. „Wenn man sich gedanklich damit herumschlägt, ob man gut genug ist, wird es schwierig“, sagt er. „Heute habe ich ein anderes Selbstvertrauen, das habe ich mir in dieser Saison angeeignet.“ Eine Entwicklung, an der der Trainer seinen Anteil hat.
Früher setzte Dardai seinen Wunschspieler des Sommers 2016 eher unter Druck, forderte mehr Fleiß und weniger Fehler.
Im vergangenen Jahr änderte er seine Ansprache und schenkte dem „Künstler“ Duda bedingungsloses Vertrauen. „Für mich war es manchmal schwierig mit ihm“, gibt Duda zu: „Vielleicht war der Weg, wie er mir Dinge erklärt hat, nicht immer ideal für mich, aber er weiß, was er tut. Ich habe viel gelernt, auch in Sachen Mentalität. Am Ende war alles gut.“
Status im Team veränderte sich mit den Toren
Nun aber nähert sich die spezielle Beziehung zwischen Spielmacher und Trainer dem Ende. Gemeinsam werden sie noch fünf Spiele bestreiten, dann wird ein neuer Coach das Team übernehmen. Eine Veränderung, die Duda professionell betrachtet. „Wäre das vor einem Jahr passiert, hätte ich das vielleicht als Chance gesehen, weil ich damals nicht gespielt habe“, sagt er. Besonders emotional wirkt er nicht, wenn über Dardai spricht. „Pal hat seinen Job sehr gut gemacht“, findet er, „aber so ist nun mal das Geschäft.“
Ob mit oder ohne Dardai – für Duda bleibt die Spielzeit eine Saison der Veränderung. Mit seinen explodierenden Leistungen hat sich sein Standing in der Mannschaft verändert, auch im Gespräch mit Journalisten wirkt er deutlich reifer als noch vor einem Jahr. Im Nationalteam der Slowakei weht ebenfalls ein neuer Wind, dort kämpft Duda unter dem neuen Trainer Pavel Hapal (ehemals Profi bei Bayer Leverkusen) noch um seine Rolle. Nicht zuletzt genießt Duda einen privaten Höhenflug. Ende 2018 verkuppelte ihn Teamkollegen Salomon Kalou mit einer befreundeten Brasilianerin.
Warum die letzten fünf Spiele so wichtig sind
Sportlich ist Dudas neues Glück zuletzt jedoch ins Wanken geraten, Herthas besorgniserregende Bilanz weist mittlerweile fünf Niederlagen in Folge aus. „In Leipzig wurden wir zerstört“, räumt er ein, dafür seien die Pleiten gegen Dortmund oder Düsseldorf eher unglücklich gewesen, und gegen Hoffenheim habe schließlich das halbe Team gefehlt. Man merkt ihm an: Er will sich sein Durchbruchsjahr nicht kaputtmachen lassen. Um seine und Herthas Kritiker zu entkräften, will er bis zur letzten Minute kämpfen. „In den letzten fünf Partien“, sagt Duda, „geht es um das Bild, das die Menschen von uns haben.“