Berlin . Europa League ist kaum mehr erreichbar. Wo sehen Niklas Stark, Valentino Lazaro und Arne Maier ihre Zukunft?

Um 10.34 Uhr beginnt für Niklas Stark an diesem Montag eine kurze, aber wichtige Dienstreise. Eine Stunde wird der Profi von Hertha BSC im ICE sitzen und beim ersten Halt in Wolfsburg wieder aussteigen. Dort treffen sich die deutschen Fußball-Nationalspieler zu den Länderspielen gegen Serbien (20. März, VW-Arena) und den Niederlanden (24. März in Amsterdam). Stark wurde zum ersten Mal von Bundestrainer Joachim Löw eingeladen - und freut sich.

„Ich werde einige alte Bekannte wiedertreffen“, sagte Stark. Gemeint sind etwa Thilo Kehrer von Paris St. Germain und Bayern-Star Serge Gnabry, mit denen Stark 2017 in Polen den U21-Europameistertitel gewonnen hat. Oder Julian Brandt und Joshua Kimmich, mit denen Stark in der U19 in Ungarn 2014 die Europameisterschaft ­geholt hat.

Frust über 2:3 gegen Dortmund

Die Nominierung von Stark (23 Jahre) belegt, dass die Ausbildungsarbeit bei Hertha BSC bundesweit positiv registriert wird. Die Anerkennung zeigt sich auch an dem internationalen Interesse an einigen Berliner Kickern: So bemühen sich Klubs vom Schlage AC Mailand oder SSC ­Neapel um Rechtsverteidiger Valentino Lazaro (22). U21-Nationalspieler ­Arne Maier soll bei diversen Topvereinen der Premier League sowie aus Spanien regelmäßig beobachtet werden. Sowohl dem FC Bayern als auch Borussia Dortmund wird ein Interesse an Stark nachgesagt. Auch, wenn die Genannten laufende Verträge beim Hauptstadt-Klub haben, alle Beteiligten wissen, wie die Branche funktioniert.

Deshalb schmerzt Hertha-Trainer Pal Dardai ein Spielausgang wie das 2:3 (2:1) am Sonnabend gegen Titelaspirant Borussia Dortmund besonders. Es war eine temperamentvolle, spannende Partie, die sich beide Teams im mit 74.667 Zuschauern ausverkauften Olympiastadion lieferten. „Der Matchplan sitzt, taktisch bist du da - aber am Ende steht du ohne Punkte da“, kommentierte Dardai die neunte ­Saisonniederlage.

Europa League ist in sehr weite Ferne gerückt

Seit Wochen ist von „unglücklichen Spielverläufen“ die Rede. Hertha hat in der Nachspielzeit das 1:1 gegen Werder Bremen kassiert, hat in Freiburg unglücklich durch ein Eigentor von Vedad Ibisevic mit 1:2 verloren, Marco Reus besorgte den Hertha-K.o. mit seinem Treffer zum 2:3 in der Nachspielzeit (90.+2) - irgendwann ist Pech kein Pech mehr. „Wir haben eine junge Mannschaft mit Potenzial nach oben“, sagte Dardai. Aber das mit den Eigen- und Gegentoren „müssen wir ändern. Weil, wenn das so bleibt, ist das auch eine Qualität. Es gibt Siegerqualität – und solche Dinge.“

Auch wenn Hertha sich gegen den BVB aufopferungsvoll gewehrt hat - am Ende stand die dritte Heimniederlage. Damit sind bei nur noch acht ausstehenden Spielen die europäischen Plätze, die ­sieben Zähler entfernt sind, in fast ­unerreichbare Ferne ­gerückt.

Internationale Spiele für die Talente

Das ist schlecht für die Entwicklung. Angesprochen auf die Eigengewächse Jordan Torunarigha und Maximilian Mittelstädt, die in der zweiten Hälfte, als die Kräfte langsam nachließen, mehrfach Probleme mit den schnellen Dortmunder Offensivspielern hatten, sagte Trainer Dardai: „Für die Aus­bildung wäre es gut, wenn wir im internationalen Wettbewerb unterwegs sind.“ Dort lernen die Talente im Schnelldurchgang am meisten. Aber die Teilnahme an der Europa League 2019/20 liegt für Hertha in sehr weiter Ferne.

Als kurzfristiges Ziel für die verbleibenden acht Partien gab der Coach aus: „Dadurch, dass die Berliner Medien uns seit Jahren mit dieser schlechten Rückrunde belasten: Wenn wir jetzt noch neun Punkte holen, dann haben wir 20 Punkte.“ Gemeint ist die rätselhafte Rückrunden-Schwäche der Blau-Weißen: Die zweite ­Bundesliga-Halbserie ist seit 2009 mit elf bis 19 Zählern jeweils mäßig bis schwach ausgefallen.

Herausforderung für Manager Preetz

Mehr aber noch beunruhigt die Verantwortlichen bei Hertha, welche Auswirkungen der sich abzeichnende Mittelfeldplatz für die hochbegabten Perspektivspieler haben wird. Die Berliner begegneten dem BVB durchaus auf Augenhöhe, ein Pfostenschuss von Marko Grujic, der gegen Ondrej Duda nicht gegebene Elfmeter - es war gegen den Titelanwärter aus Dortmund mehr drin als die beiden ­Hertha-Tore durch Salomon Kalou (4., 35./Handelfmeter).

„Wenn du vergleichst, wie wir vor vier Jahren Fußball gespielt haben und jetzt, dann sind das zwei verschiedene ­Sachen“, sagte Trainer Dardai. „Damals war es das Maximum, heute hat die Mannschaft noch Luft nach oben.“

Doch nun komme die große Herausforderung, „die Mannschaft zusammenzuhalten“, so Dardai. „Das ist so. Wenn jetzt einige Nationalspieler werden, wie Niklas Stark … wo liegt die Schmerzgrenze?“ Hertha wirbt damit, als Ausbildungsverein seinen Talenten jeweils die nächsten Karriereschritte anbieten zu können. Es sieht so aus, als ob Dardai und Manager Michael Preetz in den kommenden ­Wochen und Monaten einiges an Überzeugungskraft aufbieten müssen.