Berlin. Irgendwann zwischen der 70. und 80. Minute stand der Mainzer Trainer Sandro Schwarz ganz allein an der Seitenlinie. Sein Gegenüber Pal Dardai, für gewöhnlich einer der bewegungsfreudigsten Trainer der Fußball-Bundesliga, hatte sich längst gesetzt und verfolgte mit grimmiger Miene, was sich da auf dem Rasen vor ihm abspielte. Seine Mannschaft bot vor 30.908 Zuschauern im Berliner Olympiastadion eine ganz schwache Leistung und verlor gegen den Abstiegskandidaten mit 0:2 (0:1). Wie so oft in dieser Saison konnte Hertha nach einem überzeugenden Sieg in der Vorwoche (2:0 in Leverkusen) die Leistung nicht bestätigen und präsentierte sich gegen eine Mannschaft, die in der Tabelle schlechter platziert ist, ideenlos. Damit bleiben die Berliner auch im dritten Heimspiel 2018 sieglos. Ebenfalls wie so oft in dieser Saison verpasste es die Mannschaft von Pal Dardai, durch einen erneuten Sieg dichter an die vorderen Tabellenplätze heranzurücken. Mainz feierte den ersten Auswärtssieg seit dem 25. Februar 2017.
Ibisevic mit Nasenbeinbruch im Krankenhaus
Die Gäste, die bis zum diesem Freitagabend nur eines von fünf Rückenrundenspielen gewinnen konnten, präsentierten sich dagegen kompakt, selbstbewusst und kamen mit einfachen Mitteln zu einem auch in dieser Höhe verdienten Erfolg.
Einiges mag am Auftritt der Gäste überraschend gewesen sein, die Führung zur Pause war es nicht mehr. Lediglich der Zeitpunkt des Treffers mag es noch gewesen sein. Fünf Minuten vor der Pause, just in einer Phase, in der Hertha das Geschehen zum ersten Mal an diesem kalten Februarabend unter Kontrolle hatte. Quaison nutzte die Unentschlossenheit in der Berliner Abwehr, als er den Ball von der Strafraumgrenze aus flach im Tor von Rune Jarstein unterbrachte (40.). Vor allem Fabian Lustenberger sah bei dem Gegentreffer nicht gut aus. Der Schweizer ließ sich allzu leicht abschütteln. Auch Peter Pekarik und Jordan Torunarigha hätten durchaus beherzter eingreifen können. Pech, dass der Ball beiden Berlinern durch die Beine ging und so die Sicht für Jarstein erschwert war.
So unglücklich das Tor aus Sicht der Gastgeber auch zustande gekommen sein mochte, verdient war es allemal. Emil Berggreen (14.), Quaison (22.) und Stefan Bell (29.) hätten Mainz schon früher in Führung bringen können. Hertha ließ ungewöhnlich viele Großchancen in der ersten halben Stunde zu. Vor allem bei hohen Bällen hatte die Abwehrreihe arge Probleme, Jordan Torunarigha verschätze sich vor der Möglichkeit von Quaison einmal enorm.
Der junge Innenverteidiger, der gegen Leverkusen eine Hüftprellung erlitten hatte, konnte von Beginn an auflaufen. Im Gegensatz zu Arne Maier, den die Grippeviren erwischten. Der 19-Jährige stand nicht einmal im Kader. Für Maier kehrte Per Skjelbred in die Startformation zurück, dazu kam Vedad Ibisevic im Vergleich zum Leverkusen-Spiel neu in die Mannschaft. Pal Dardai gab dem Kapitän zum ersten Mal seit sieben Spielen wieder den Vorzug gegenüber Davie Selke. Herthas Trainer erhoffte sich von Ibisevic mehr fußballerische Lösungen gegen einen defensiv dicht gestaffelten Gegner, nur erfüllte sich diese Hoffnung nicht. Ibisevic musste nach gut einer Viertelstunde nach einem Zusammenprall ausgewechselt werden – Nasenbeinbruch, er wurde sofort ins Krankenhaus gefahren. Für ihn kam Selke, der wie alle anderen seiner Mitspieler unter Normalform bleiben sollte.
Nein, es war nicht der Abend der Berliner, daran sollte sich auch in der zweiten Halbzeit nichts ändern. Hertha wirkte bemühter, aber echte Torchancen kamen dabei kaum heraus. Gefährlich wurde es meist im Ansatz nur, wenn Salomon Kalou von seiner linken Seite aus in den Strafraum eindrang, aber entweder fehlten im Zentrum die Abnehmer oder die Zuspiele kamen zu ungenau. Was sich nicht änderte, war die Berliner Unsicherheit bei lang geschlagenen Bällen. Gbamin spielte quasi aus dem Stand direkt in die Schnittstelle zwischen Niklas Stark und Peter Pekarik, wo wie so oft der enorm schnelle Quaison lauerte.
Dessen Tempo konnte selbst Stark nicht folgen, so dass der Brasilianer nach etwas mehr als einer Stunde für die Entscheidung sorgte, 0:2 (65.).
Trainer Dardai kritisiert schwankende Leistungen
Dass Hertha an diesem misslungenen Abend noch einmal zurückkommen würde, war nicht zu erwarten. Am nächsten kam Pekarik noch einem Berliner Treffer (87.). Nach dem Schlusspfiff gab es Pfiffe für die Berliner, die am kommenden Sonnabend beim FC Bayern antreten müssen.
„Die erste Halbzeit haben wir komplett verschenkt“, sagte Hertha-Trainer Pal Dardai. „Bei uns hat alles zu lange gedauert, wir hatten keine richtige Chance. Die Jungs müssen nachdenken. Die Schwankungen bei uns zwischen guten und schlechten Leistungen sind viel zu groß. Die Stabilität ist nicht da. Wir sollen nicht reden, wie gut wir sind. Wir müssen erstmal 40 Punkte sammeln.“