Volleyball

Das letzte Hurra der BR Volleys

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Ninja Priesterjahn
Wo feiern Robert Kromm (mit Schale) und die BR Volleys am häufigsten? Genau, ausgerechnet beim härtesten Rivalen in Friedrichshafen.

Wo feiern Robert Kromm (mit Schale) und die BR Volleys am häufigsten? Genau, ausgerechnet beim härtesten Rivalen in Friedrichshafen.

Foto: Felix Kästle / dpa

Die Berliner sichern sich in Friedrichshafen doch noch den Meistertitel. Aber das Team fällt nun auseinander

BERLIN.  Als Robert Kromm sich den Schaum aus seiner Bierflasche wie ein Krönchen auf den Kopf goss, sah er aus wie ein Lausbub. Das unbeschwerte Lachen des Kapitäns der Berlin Recycling Volleys erinnerte an das der zwei jungen Volleyballspieler aus seinem Verein, die vergangene Woche in der Max-Schmeling-Halle als Nachwuchssportler des Monats geehrt wurden. Auf die Frage, wer denn ihre Vorbilder seien, antworteten die beiden Athleten vom SC Charlottenburg ohne zu zögern: Robert Kromm (34) und Paul Carroll (31).

Die Trikots mit den Rückennummern 3 (Kromm) und 12 (Carroll) sind die wohl meistverkauften im Fanshop der Berliner. Seit sechs beziehungsweise sieben Jahren sind die Hauptangreifer nicht nur aufgrund ihrer Körpergröße von 2,12 und 2,07 Metern die Leuchttürme der BR Volleys. „Sie sind die Säulen dieses Projektes und waren maßgeblich an all unseren Erfolgen beteiligt“, sagt Volleys-Geschäftsführer Kaweh Niroomand. Mit dem 3:0 (25:20, 25:17, 25:22) im entscheidenden fünften Spiel der Finalserie um die deutsche Meisterschaft beim VfB Friedrichshafen haben Kromm und Carroll sich nun selbst das schönste Abschiedsgeschenk gemacht. Während Carroll in der kommenden Saison in Russland sein Glück sucht, wird Kromm seine sportliche Karriere beenden.

Teams können keinen Profit aus dem Heimvorteil ziehen

„Einen besseren Abschied kann man sich nicht wünschen“, sagt der Kapitän. Endlich konnte er mit seinen Teamkameraden ausgelassen Bier verspritzen, so wie er sich das bereits nach dem vierten Spiel am vergangenen Sonntag in eigener Halle erhofft hatte. Doch im Duell gegen Friedrichshafen scheint der Heimvorteil ausgehebelt. Die Verunsicherung, die am vergangenen Sonntag auf Seiten der Berliner zu spüren war, hatte sich dieses Mal zwischen die VfB-Spieler geschlichen, die zum ersten Mal seit ihrer Champions-League-Niederlage gegen den polnischen Meister Zaksa Kedzierzyn-Kozle vor knapp 4.000 Zuschauern in einer ausverkauften ZF-Arena spielten.

Während das Team von VfB-Trainer Vital Heynen nicht ansatzweise an die überragende Defensivleistung anknüpfen konnte, die sie in der gesamten Saison ausgezeichnet hatte, traten die Volleys mit einer Konsequenz auf, die sowohl die Zuschauer als auch die VfB-Spieler verblüffte. Die druckvollen Aufschläge, der disziplinierte Block – plötzlich klappte alles, was Trainer Stelian Moculescu seinen Spielern in den vergangenen Wochen eingetrichtert hatte. „Am Ende haben sie angefangen, mir zu glauben, was ich da erzähle“, sagt der 68-Jährige. „Das war unser bestes Saisonspiel“, befindet Carroll.

Kromm und Carroll gewannen zusammen fünf Meistertitel

Es war das letzte in dieser Konstellation. Carrolls zuckende Augenbrauen werden ab sofort fehlen. Sie waren stets untrügliches Zeichen dafür, dass der Australier seinem Killerinstinkt folgte und um jeden Preis gewinnen wollte. Zusammen mit Kromm, der mit seinem intelligenten Spiel und dem Blick für seine Mitspieler voranging, bildete er ein nahezu unverzichtbares Duo für die Berliner. Fünf Meistertitel gewannen sie zusammen – für Carroll war es sogar schon der sechste in Berlin –, wurden gemeinsam Dritte im Final Four der Champions League 2015 in Berlin und waren die tragenden Akteure, als die Berliner sich 2017 erstmals sportlich für das Finalwochenende der Königsklasse qualifizierten.

2016 holten sie das Triple aus Meisterschaft, Pokal und Europapokal und hatten großen Anteil an dem Aufschwung der BR Volleys, der dazu führte, dass die Berliner nach Aussage von Liga-Geschäftsführer Klaus-Peter Jung inzwischen „an Friedrichshafen vorbeigezogen sind“. Numerisch liegen die Schwaben mit 13 Titeln zwar noch vorn, von den letzten neun Meisterschaften haben die Berliner allerdings sechs in den vergangenen sieben Jahren gewonnen und dabei fünf von sechs Finalserien gegen den VfB für sich entschieden.

Tränenreiche Abschlussfeier in der Schmeling-Halle

Auf die BR Volleys wartet nun der große Umbruch. Am Donnerstag bei der Saisonabschlussfeier in der Schmeling-Halle flossen Tränen, als nicht nur Kromm, Carroll und Trainer Stelian Moculescu offiziell ihren Abschied bekannt gaben. Auch weitere Spieler werden den Klub verlassen: Libero Luke Perry schließt sich dem polnischen Spitzenklub Asseco Resovia Rzeszow an. Mittelblocker Graham Vigrass wechselt ebenfalls nach Polen, der Kanadier geht nach Warschau. Auch Steven Marshall und Aleksandar Okolic sind auf dem Absprung, Zuspieler Pierre Pujol wechselt aller Voraussicht nach zum französischen Erstligisten Ajaccio. Macher Kaweh Niroomand ist nun gefordert, neue Säulen für sein Projekt zu finden.