BR Volleys

BR Volleys gegen Friedrichshafen: Duell der Giganten

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Julian Städing
Pure Freude: Die BR Volleys feiern mit Trainer Cédric Énard (r.) im April den Gewinn der deutschen Meisterschaft.

Pure Freude: Die BR Volleys feiern mit Trainer Cédric Énard (r.) im April den Gewinn der deutschen Meisterschaft.

Foto: Andreas Gora / dpa

Die BR Volleys kämpfen im Topspiel der Volleyball-Bundesliga um ihre Vormachtstellung. Das Duell dient als Gradmesser für die Saison.

Berlin.  Wenn die BR Volleys auf den VfB Friedrichshafen treffen, geht es nicht nur um die Klärung einer kurzfristigen Machtfrage auf dem Feld. Es schwingt auch immer die Standortbestimmung einer ganzen Liga mit. Auch am Sonntag wird die Konkurrenz wieder ganz genau hinschauen, was beim „ewigen Volleyball-Duell“ in der Max-Schmeling-Halle passiert (16 Uhr, Twitch/Spontent).

Mit Respekt, klar, aber vielleicht auch mit der Hoffnung, Schwächen im Spiel der beiden Platzhirsche ausmachen zu können – seit einem Vierteljahrhundert geben die Volleys und Friedrichshafen den Takt in der Männer-Bundesliga an, klären das Hegemonialverhältnis praktisch ungestört unter sich. Denkwürdige Duelle gab es dabei viele.

Sieg beim Bounce House Cup: Die jüngere Vergangenheit spricht für BR Volleys

Im April dieses Jahres etwa fünf packende Play-off-Finalspiele um die deutsche Meisterschaft, beim Bounce House Cup Anfang Oktober stand man sich wieder in einem Endspiel gegenüber. In beiden Wettbewerben triumphierten die Volleys, wobei letzterem eine eher untergeordnete sportliche Relevanz beigemessen wird. „Trotzdem war es schön zu sehen, dass man als Manager mit den Einkäufen für die neue Teamzusammenstellung nicht ganz falsch gelegen hat. Man sollte das Ergebnis aber nicht überbewerten“, sagt Volleys-Manager Kaweh Niroomand über das erstaunlich klare 3:0 zugunsten seiner Mannschaft in Hildesheim.

Kaweh Niroomand erwartet mit Friedrichshafen ein Duell auf Augenhöhe

Am Sonntag geht es um mehr als reines Prestige. Um wichtige Punkte nämlich. Und das Ergebnis könnte schon wieder als Zukunftsdeutung für den weiteren Verlauf der gerade angelaufenen Bundesliga-Spielzeit herhalten. „Ich rechne mit einem Duell auf Augenhöhe. Es wird auf Kleinigkeiten ankommen, für unsere neuen Spieler wird das ein erster großer Test. Die Friedrichshafener haben sich gezielt verstärkt, verfolgen sicherlich den Anspruch, die Meisterschaft endlich mal wieder zu sich zu holen“, sagt Niroomand vor dem Heimauftakt seiner Volleys.

Zuletzt gewannen die Berliner den Meistertitel sechsmal in Serie, als Rekordtitelhalter hat der ewige Rivale vom Bodensee sein Selbstverständnis aber natürlich nie abgelegt. Das VfB-Team gilt in diesem Jahr sogar als nominell stärker besetzt, die Volleys sind nach ihrem großen Umbruch im Sommer aber auch schon wieder gut unterwegs. Der letzte Meister übrigens, der nicht aus der Hauptstadt oder vom Bodensee kam, hieß SV Bayer Wuppertal. 1997 war das – die Wuppertaler spielen heute in der Oberliga. Ob sich jemand der übrigen sieben Bundesliga-Teams diesmal in den Zweikampf einmischen kann?

Nur neun Mannschaften gehen in dieser Saison in der Bundesliga an den Start

Ausgeschlossen ist das nicht, aber zugegebenermaßen nur schwer vorstellbar. Die Kluft von den Volleys und Friedrichshafen zum Rest ist groß. Nicht nur sportlich, sondern auch wirtschaftlich. Besonders nach zwei harten Corona-Spielzeiten machen die Lizenzierungsvorgaben der Volleyball Bundesliga (VBL) weniger potenten Mannschaften zu schaffen. Nur noch neun Teams gehen in diesem Jahr in der Eliteklasse an den Start. Auch ambitionierte Vereine verabschiedeten sich.

So konnte etwa der letztjährige Bundesliga-Teilnehmer United Volleys Frankfurt die für diese Saison erforderlichen Einnahmennachweise nicht hinterlegen. Insolvenz meldeten die Hessen zwar nicht an, die Lizenz für die Eliteklasse wurden ihnen im Sommer aber entzogen.

Sie sind kein Einzelfall. Aus freien Stücken verzichteten bereits die Volleyball Bisons Bühl im Jahr davor auf ihren Lizenzantrag. Die Auflagen-Hürde für Aufsteiger aus der 2. Liga ist zudem groß, beide Meister hatten ihr Aufstiegsrecht zuletzt nicht wahrgenommen – zufriedenstellend ist das aus dieser Gemengelage resultierende kleine Bundesliga-Teilnehmerfeld für kaum jemanden. „Eine Liga mit neun Mannschaften ist sicherlich nicht das, was ich mir vorstelle“, sagt Niroomand.

Bei den BR Volleys haben die Kosten inflationsbedingt stark zugenommen

Auch die Volleys hätten an den Folgen der Corona-Krise spürbar zu knabbern gehabt, hinzu komme in diesem Jahr eine große finanzielle Belastung durch die Inflation. „Auch wir sind nicht verschont von den Preissteigerungen und den Kosten, die unerwartet zugenommen haben. Die bewegen sich bei uns durchaus in guter sechsstelliger Höhe. Wir haben wirtschaftlich schwierige Jahre hinter uns, aber sportlich die besten, die uns hätten passieren können“, erklärt Niroomand mit Blick auf sein Team. Die VBL selbst ist sich dieser Schieflage bewusst.

Für eine größere Liga: VBL möchte ihre Lizenzanforderungen anpassen

Zur Saison 2023/24 möchte man das Teilnehmerfeld der Bundesliga deshalb wieder auf bis zu zwölf Mannschaften anheben. Dazu sollen die Lizenzanforderungen angepasst werden, um einigen Zweitligisten wirtschaftlich entgegenzukommen. Die Deadline zur Vorlizenzierung für die kommende Saison fällt bereits am 1. November. „Vor allem, was Themen der Wirtschaftlichkeit betrifft, befinden wir uns mit sechs Vereinen, die potenziell aufsteigen wollen, in guten Gesprächen“, sagte VBL-Geschäftsführerin Julia Retzlaff am Donnerstag.

Eine wieder größere Liga wäre attraktiver und würde mehr Vermarktungschancen für den Sport mit sich bringen. Ob die Hegemonialstellung der BR Volleys und dem VfB Friedrichshafen aber von einer Aufstockung tangiert wäre, bleibt fraglich. Zu einem veritablen Mehrkampf wird sich das Giganten-Duell kurzfristig wohl nicht entwickeln. Was aber nicht heißt, dass es nicht auch diesmal mit Spannung erwartet wird.

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