Berlin. Hertha BSC soll rasch zu einem europäischen Topklub entwickelt werden. Dazu gehört die regelmäßige Teilnahme in der Champions League sowie die Steigerung des Marktwertes auf über eine Milliarde Euro. Das sind zwei Schlüsselaussagen, die Hertha-Investor Lars Windhorst in einem Interview bei der „Bild am Sonntag“ getroffen hat.
„Berlin ist eine Weltstadt, eine Hauptstadt, eine sehr glaubwürdige Marke“, sagte Windhorst. „Von dieser Güte gibt es in Europa nur eine Handvoll. Einen Hauptstadt-Klub kaufst du nicht mal so eben: Paris, Chelsea, Madrid – das sind längst Milliardenmarken.“
Über seine Holding Tennor hat Windhorst Ende Juni für 125 Millionen Euro 37,5 Prozent der Aktien an der Hertha-Kommanditgesellschaft erworben. In den nächsten „vier bis sechs Wochen“ will der Investor weitere knapp 100 Millionen Euro überweisen. Dann wird er 49,9 Prozent der Aktien-Anteile von Hertha halten.
Kritik an 50+1
Ob Präsident Werner Gegenbauer oder Finanzchef Ingo Schiller – die Hertha-Verantwortlichen haben gegenüber den Mitgliedern bisher stets betont, dass sie zwar die Gelder vom Investor bekommen, aber Handlungs- und Entscheidungsfreiheit besitzen. Mit dem Interview machte Windhorst indessen klar, dass es unmissverständliche und konkrete Erwartungen an die Geschäftsführung um Michael Preetz und Schiller gibt.
„Unser klares Ziel ist es, dass Hertha in den nächsten Jahren in Deutschland und Europa ein Spitzenklub wird“, sagte Windhorst. Dazu gehöre, so Windhorst, dass Hertha „regelmäßig“ in der Champions League spielt.
Das sind ehrgeizige Vorhaben. Weil Hertha abgesehen von einem einmaligen Ausflug in die Königsklasse (1999/2000) diesen Wettbewerb nur als TV-Zuschauer kennt. Und die sportliche Bilanz des Trios Gegenbauer/Preetz/Schiller in den vergangenen zehn Jahren ist die von Mittelmäßigkeit (mit zwei Abstiegen in die Zweite Liga und einem Start in der Europa-League-Gruppenphase 2017/18). Ungeachtet der neuen finanziellen Möglichkeiten hat Hertha aktuell einen schwachen Saisonstart in der Bundesliga hingelegt.
Windhorst: „Ich weiß, dass wir belächelt werden“
„Ich weiß, dass wir dafür von einigen auch belächelt werden, aber da sollte man mich als Unternehmer und Hertha als Klub nicht unterschätzen“, argumentiert Windhorst. „Das ist keine verrückte Idee von mir, sondern es steckt eine bestechende wirtschaftliche Logik dahinter, die sich auf Dauer erheblich auszahlen wird.“
Der Investor kündigte an, unter Umständen auch mehr Geld als die avisierten 225 Millionen Euro bereitzustellen. Zudem machte er keinen Hehl daraus, kein Freund der in Deutschland geltenden 50+1-Regel zu sein. Er bezeichnete sie als „nicht zeitgemäß“, zumal sie in keinem anderen Land in Europa gelte. Er denke, „dass die 50+1-Regel langfristig kein Dauerzustand sein wird“. Zugleich betonte Windhorst jedoch, dass sein Engagement beim Berliner Bundesligisten unabhängig von der 50+1-Regel zu betrachten sei: „Wir haben nicht bei Hertha investiert, weil wir spekulieren oder erwarten, dass 50+1 wegfällt. Auf unsere Arbeit hat das keinen Einfluss.“
Rat von externen Sportexperten
Windhorst beurteilte die Zusammenarbeit mit Hertha als „partnerschaftlich“ und vertrauensvoll. Zugleich sagte er aber: „Wir versuchen natürlich auch, uns Meinungen externer Sportexperten einzuholen, um einen zusätzlichen Rat zu haben.“
Risikoinvestoren stecken ihr Geld meist für einen überschaubaren Zeitraum in ihre Projekte. Manchmal sind es drei Jahre oder fünf oder sieben. Insofern ist die Windhorst-Ankündigung erstaunlich: „Das Investment ist angelegt auf mindestens zehn Jahre, vielleicht sogar 20. Ich habe kein Enddatum im Kopf.“