Radsport

Berliner Schachmann startet Tour de France mit Ambitionen

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Tom Mustroph
Nach dem Erfolg bei der Deutschen Meisterschaft will Maximilian Schachmann (m.) auch in Frankreich Erfolge mit seinem Team, hier mit Marcus Burghardt (2. Platz, l.) und Andreas Schillinger (3. Platz), feiern.

Nach dem Erfolg bei der Deutschen Meisterschaft will Maximilian Schachmann (m.) auch in Frankreich Erfolge mit seinem Team, hier mit Marcus Burghardt (2. Platz, l.) und Andreas Schillinger (3. Platz), feiern.

Foto: Jan Woitas / dpa

Maximilian Schachmann geht als Deutscher Meister bei der Frankreichrundfahrt an den Start

Brüssel. Maximilian Schachmann beginnt gelassen seinen nächsten Karriereabschnitt. Das Deutsche Meistertrikot sitzt fest auf seinen Schultern. „Es passt perfekt, dass ich meine erste Tour gleich mit diesem besonderen Trikot fahre“, sagt der gebürtige Berliner freudestrahlend. Dass bei älteren Radsportliebhabern gleich Erinnerungen an einen anderen jungen Burschen wach werden, der einst im deutschen Meistertrikot bei der Tour de France Bravourtaten vollbrachte, macht auf ihn keinen Eindruck.

Jan Ullrich stürmte 1997 als Deutscher Meister auf den Tourthron. „Daran habe ich keine Erinnerung, ich war damals ja erst drei Jahre alt“, wehrt er alle Vergleiche ab. Auf der Pressekonferenz seines Teams Bora hansgrohe sitzt der Tourdebütant immerhin gleich neben Peter Sagan, dem dreifachen Weltmeister und sechsfachen Gewinner des Grünen Trikots bei der Tour de France. Auch die Co-Kapitäne Emanuel Buchmann und Patrick Konrad sind noch geladen, und eben Schachmann, der Tourneuling im Meistertrikot.

„Als ich meine erste Tour fuhr, nahm noch niemand Notiz von mir“, wirft Sagan ein, als er nach seinen eigenen Anfängen gefragt wird. Der junge Maximilian Schachmann zu seiner Linken ist da offenbar schon weiter. Sagan hält von ihm eine ganze Menge. „Er ist noch jung, hat aber schon einiges gewonnen und er hat einen großen Motor“, sagt der Slowake anerkennend.

Das Team hat Priorität

Seinen „großen Motor“ will Schachmann bei dieser Tour vor allem in den Dienst der Mannschaft stellen. „Ich bin hier zum Lernen – und dafür da, dass das Team seine Ziele erreicht“, sagt er der Berliner Morgenpost. Die Ziele des Teams sind einerseits das Grüne Trikot für Sagan, das siebte wäre es bereits, und Top 10-Platzierungen für Buchmann und Konrad. „Für einen der beiden oder am besten für beide“, umreisst Teamchef Ralph Denk den Erwartungshorizont.

Für Schachmann bedeutet dies, die ganzen drei Wochen auf beiden Hochzeiten zu tanzen. „Wir wissen ja, dass Peter bei den Sprints gern auf sich gestellt operiert. Aber wir werden auf Zuruf agieren, und wenn er mich braucht, dann werde ich da sein. Und in den Bergen möchte ich am liebsten bis zum letzten Berg mit dabei sein. Man wird sehen, wie weit die Kräfte reichen“, beschreibt Schachmann sein Aufgabenfeld. Platz für eigene Aktionen soll da auch noch bleiben.

„Er hat bei seinem ersten Giro d’Italia bereits eine Etappe gewonnen. Ich denke, er kann das auch hier bei der Tour“, sagt Konrad, einer der beiden Co-Kapitäne für das Gebirge. Das bedeutet, dass die Chefs den Helfer auch mal fahren lassen. „Bei einer Touretappe gibt es immer mehrere Rennen: Das um die Gesamtwertung, das um den Tagessieg, das um die Trikotwertungen. Wir wollen bei allen diesen Rennen dabei sein und werden sicher auch in den Fluchtgruppen präsent sein“, erklärt Konrad.

Erfolg lässt sich nicht planen

Schachmann selbst hält sich mit Prognosen und Ankündigungen zurück. „Ich muss sehen, wie gut am Ende die Kräfte sind“, meint er. Geplant ist, dass die Formkurve zur Mitte und dem Ende der Tour ansteigt. „Aber Planung ist das eine. Das andere ist, dass wir nicht vergessen dürfen, dass wir menschliche Körper haben.“

Vorbereitet hat sich der Berliner in zwei Höhentrainingslagern, in Hoch Lienz auf 1850 Meter Höhe und in Livigno auf 2200 Meter. Das Criterium du Dauphiné, das als Vorbereitungsrennen eigentlich geplant war, ließ er aus, weil die Erschöpfung nach seinem starken Frühjahr – unter anderem mit Siegen bei der Baskenlandrundfahrt und einem starken dritten Rang beim Klassikermonument Lüttich - Bastogne - Lüttich – doch zu groß war.

Im heimischen Berlin hat er in dieser für ihn bisher extrem erfolgreichen Saison wegen all der Wettkampfreisen und Trainingslager gerade mal drei Tage trainiert. „Ich bleibe aber dabei, dass man hier durchaus trainieren kann für eine Profikarriere, und dass die Bedingungen gut sind“, meint er. Für die Zukunftsplanung wirkt der Berliner noch etwas unentschlossen. Nicht, weil er ein Zauderer ist, sondern weil er so vielseitig talentiert ist.

Schachmann kann sich nicht entscheiden

Er ist gut bei einwöchigen Rundfahrten. „Da bin ich in diesem Jahr immer innerhalb der Top 14, 15 geblieben, obwohl ich nicht immer der Kapitän war. Das ist sehr stabil. Und darauf kann ich aufbauen. Mir liegen aber auch die Klassiker. Es wäre schade, wenn ich, weil ich mich auf die Rundfahrten fokussiere, die Fähigkeiten bei den Klassikern verlieren würde“, analysiert er. Dreiwöchige Rundfahrten bleiben allerdings weiter der große Traum. „Da werde ich sicher nach dieser Tour mehr wissen. Auch als Helfer spürt man ja, wie man die drei Wochen verkraftet, ob man einen schwarzen Tag hat oder nicht“, meint er.

Und sollte er spüren, dass er doch nicht den Körper für die drei Wochen hat, bricht für ihn nicht die Welt zusammen, verspricht er. Er kann sich ohnehin nicht entscheiden, welche Art von Rennen er am liebsten fährt. „Am schönsten ist es einfach zu gewinnen, egal welches Rennen“, sagt er lachend. Und wenn sich die Chance ergibt, dann wird er sicher nicht zögern, sich selbst ein schönes Erlebnis in Form eines Etappensiegs zu verschaffen. Im Meistertrikot bei der Tour.