Hamburg. In der Geschichte der Zweiten Liga dürfte es nie einen Spieler gegeben haben, der besser verdient hat als Pierre-Michel Lasogga. Und das als Aushilfskraft, als Teilzeittorjäger quasi. Aber wenn der Angreifer des Hamburger SV so weiter trifft wie beim 3:2 gegen Heidenheim am Sonnabend, als er binnen nur neun Minuten drei Tore erzielte, wird Lasogga am Ende der Saison mit einem Salär von gut vier Millionen Euro dastehen. Nicht einmal Lukas Podolski, der in der Spielzeit 2004/05 mit dem 1. FC Köln in die Zweite Liga ging und dort 21 Treffer zum Wiederaufstieg beisteuerte, dürfte derart üppig vergütet worden sein wie Lasogga.
Doch beim ehemaligen Hertha-Angreifer liegt das an einer besonderen Konstellation. Erstens trifft Lasogga im Moment unverschämt oft. Nach vier Einsätzen in der Liga und einem Pokalspiel steht der 26-Jährige bereits bei sieben Saisontreffern. Und das führt zweitens dazu, dass Lasogga von einer für die Zweite Liga unverschämt hohen Prämie in seinem Vertrag profitiert. 15.000 Euro kassiert der Angreifer pro Punkt. Machte am Sonnabend beim Sieg gegen Heidenheim 45.000 Euro. Und das für nur 45 Minuten Arbeitszeit. Er wurde nämlich erst zur zweiten Halbzeit eingewechselt. Lasogga ist mit 3,4 Millionen Euro pro Jahr ohnehin der Großverdiener beim Bundesliga-Absteiger. Eine zusätzliche Torprämie ist zwar nicht festgeschrieben, doch auch so schießt er den HSV gerade arm, aber glücklich. Mit neun Zählern stehen die Hanseaten auf Platz fünf und haben noch ein Spiel weniger als die Konkurrenz.
Trainer Titz hat den „Petersen-Plan“ mit dem Angreifer
Für Lasogga ist das aktuelle Hoch nicht nur wegen des Geldsegens erfreulich: „Es ist einfach schön, wenn man als Stürmer so einen Lauf hat und gefühlt immer da steht, wo der Ball runterkommt“, sagte er. Für ihn ist es aber auch eine Genugtuung. Musste er doch als Sündenbock herhalten, als Sinnbild für überbezahlte HSV-Profis, die zu wenig leisten für ihr Geld. Klub-Investor Klaus-Michael Kühne nannte ihn in einem Interview gar „Flop des Jahrhunderts“, nachdem Lasogga in der vergangenen Saison an den englischen Zweitligisten Leeds United ausgeliehen worden war.
Der Retter, der den HSV mit 13 Toren in 20 Spielen und einem Treffer in der Relegation gegen Fürth in seiner Premierensaison 2013/14 vor dem Abstieg bewahrte, wurde weggeschickt. Im Sommer hätte ihn der HSV wohl gern endgültig abgegeben. Doch dann hätten die Hanseaten bei einem bestehenden Vertrag bis 2019 vermutlich auch noch einen Teil des üppigen, vereinbarten Gehalts zahlen müssen.
Nun allerdings sind sie alle froh in Hamburg über die Rückkehr des Retters. Aus dem Flop- ist ein Topstürmer geworden. „In der Box ist er fast nicht zu verteidigen“, lobte HSV-Kapitän Aaron Hunt, „im Moment hat er einen Lauf.“ Und das, obwohl Trainer Christian Titz ihn nicht einmal als Stammstürmer sieht. Der 47-Jährige hat mit Lasogga bei den Hanseaten dasselbe vor wie Christian Streich lange Zeit mit Angreifer Nils Petersen in Freiburg: Seinen besten Abschlussstürmer bringen, wenn der Gegner müde wird. Petersen hält mit 20 Jokertoren den Bundesliga-Rekord.
Der Schachzug ging bisher zwar auf, Lasogga aber ist mit seiner Reservistenrolle „nicht gerade glücklich“. Nach seinem Hattrick sagte er: „Dass die Tore Argumente für einen Platz in der Startelf sind, ist, glaube ich, gar keine Frage.“ Titz schien Lasoggas Frust einkalkuliert zu haben: „Er darf auch sauer sein, wenn er auf der Bank sitzt. Aber es ist umso besser, wenn er das in Leistung ummünzt“, sagte der Trainer und machte Lasogga Hoffnung, beim Nachholspiel gegen Dynamo Dresden am Dienstag (18.30 Uhr/Sky) von Beginn an zu spielen: „Es wird demnächst Rotationsmöglichkeiten geben.“ Der HSV bestreitet fünf Spiele in 17 Tagen. Jede Menge Gelegenheiten für Lasogga, etwas Geld zu verdienen.