Bundesligafinale mit vielen ausländischen Stars wie Anatoli Karpow und Lewon Aronjan. Ein 16-jähriges Talent aus Deutschland steht auch im Fokus.
Lewon Aronjan ist der Held der Stunde im Schach. Vorige Woche gewann er das Grenke Chess Classic in Karlsruhe und Baden-Baden überlegen vor Weltmeister Magnus Carlsen. Dieses Wochenende geht der Armenier in Berlin für das Bundesligateam der Kurstadt ans Brett. Es liegt ja auch nahe, Aronjan lebt zeitweise bei seiner Familie in Hohenschönhausen. Nötig hat ihn die OSG Baden-Baden eigentlich nicht. Die Absicherung ihres elften Meistertitels ist nahezu Formsache und wahrscheinlich schon am Samstagabend perfekt.
Der SV Hockenheim wird auch am Sonntag und am Montag noch um Platz zwei kämpfen – auch mit einem Star. Ex-Weltmeister Anatoli Karpow ist inzwischen zwar 65, seine Eröffnungsvorbereitung längst nicht mehr auf Topniveau. Zuschauer lockt er sicher noch.
Die Schachbundesliga ist so nach wie vor die stärkste der Welt. In vielen Ländern wird die nationale Schachliga zentral ausgetragen, um Reise- und Eventkosten zu sparen und um die Terminkalender der Profis überschaubar zu halten. Viele von ihnen verdingen sich parallel in mehreren nationalen Ligen. Für die Schachbundesliga ist es dagegen erst das vierte Mal in ihrer 27-jährigen Geschichte, dass sich die 16 Teams an einem Ort treffen.
Vorne mithalten kann nur noch, wer an allen acht Brettern gute bis sehr gut Großmeister aufbieten kann. Ein Mittelfeldteam wie Ausrichter Schachfreunde Berlin tritt gewöhnlich mit vier oder fünf Großmeistern an. Selbst Mannschaften wie König Tegel, die um den Klassenerhalt ringen, haben drei Großmeister im Einsatz. So werden im Maritim-Hotel am Samstag und Sonntag jeweils ab 14 Uhr und am Montag ab 10 Uhr mindestens 80 Großmeister erwartet. Dazu kommen noch die zwölf Frauen-Teams. Das macht insgesamt genau 100 Bretter.
Eine Leistungsschau des deutschen Schachs ist die Schachbundesliga bedingt. Eine Beschränkung des Einsatzes von Ausländern gibt es schon seit zwei Jahrzehnten nicht mehr. Zuletzt halten sich die Einsätze deutscher und ausländischer Spieler etwa die Waage. An den Spitzenbrettern kriegen kaum Deutsche Gelegenheit, sich mit starker Konkurrenz zu messen. Der einzige Nationalspieler mit deutlichem Potenzial nach oben, Matthias Blübaum, hat es an Brett drei der Schachabteilung des SV Werder Bremen noch gut getroffen.
Roven Vogel kann mit 16 schon zum Großmeister werden
Der Abstand zwischen der ersten Liga und den zweiten Ligen ist groß. Nach praktisch jeder Saison zieht ein Team zurück oder ein Aufsteiger verzichtet oder beides zugleich. Für die Nachwuchsförderung und das Auskommen der deutschen Profis und Halbprofis leistet die Liga weniger als möglich. Die Bundesligisten dürfen zwar über den 16er-Kader hinaus Jugendspieler melden, doch zum Einsatz kommen sie bei den meisten Teams nicht. Eine Ausnahme ist der 16 Jahre alte Roven Vogel vom USV TU Dresden, der gute Aussichten hat, sich eine Großmeisternorm zu erspielen.
Anders als beim letzten Schachgroßereignis in Berlin, den Weltmeisterschaften im Schnellschach und Blitzschach im Oktober 2015, sollen die Zuschauer diesmal zu ihrem Recht kommen und alle Begegnungen gut verfolgen können. Die Spiele werden fachkundig kommentiert. Außerdem erwarten das Publikum Infostände, Blitzturniere und eine Konferenz zum Vereinsschach in Deutschland.
Mit diesem Großevent verhelfen die Schachfreunde Berlin dem deutschen Schach binnen zwei Wochen nach dem Festival rund um Carlsen und Aronjan in Karlsruhe zu einem zweiten großen Stelldichein. Vom Deutschen Schachbund hätte sich der Ausrichterverein daher mehr Unterstützung erwartet. Nun wird auf zahlreiche Zuschauer gehofft. Mit ihrem knapp kalkulierten Eintrittspreis sollen sie helfen, das Defizit gering zu halten.