Moderner Fünfkampf

Lena Schöneborn - „Fünfkampf ist eine Schule fürs Leben“

| Lesedauer: 8 Minuten
Dietmar Wenck
Für Olympiasiegerin Lena Schöneborn ist der Moderne Fünfkampf mehr als nur Sport

Für Olympiasiegerin Lena Schöneborn ist der Moderne Fünfkampf mehr als nur Sport

Foto: Rainer Jensen / dpa

Olympiasiegerin Lena Schöneborn überlegt vor der Weltmeisterschaft in Berlin, wie man ihren Sport noch attraktiver machen könnte.

Berlin.  Am Montag beginnen die Weltmeisterschaften im Modernen Fünfkampf in Berlin. Die Sportart ist zwar olympisch, steht aber im Schatten vieler anderer Disziplinen. Dennoch hat es Lena Schöneborn, 29, zu einer gewissen Popularität gebracht. Vor der WM sprach die Olympiasiegerin und Berliner Sportlerin des Jahres 2014 über den Fünfkampf-Nachwuchs in ihrer Familie und macht Vorschläge, wie man den Sport bekannter machen kann.

Berliner Morgenpost: Frau Schöneborn, in letzter Zeit liest man Ihren Namen noch häufiger in Ergebnislisten als früher, allerdings mit den Vornamen Debbie und Rabea.

Lena Schöneborn: Ja, das sind meine Schwestern. Die Zwillinge sind acht Jahre jünger als ich.

Wie haben Sie die beiden davon überzeugt, es auch mit Fünfkampf zu versuchen?

Das hab ich gar nicht. Sie haben damit erst angefangen, als ich schon zu Hause ausgezogen war. Sie waren in unserem Heimatverein bei den SSF Bonn zuerst in der Jugendgruppe, wo es Triathlon und Modernen Fünfkampf zusammen gibt. Irgendwann mussten sie sich entscheiden. Meine Eltern haben gesagt, Triathlon ist doch auch nicht schlecht, dann habt ihr nicht immer den Vergleich mit eurer Schwester. Aber sie wollten Fünfkampf machen. Mittlerweile sind beide nach der Schule zum Studium nach Berlin gekommen, und wir trainieren auch zusammen, soweit es der Stundenplan zulässt.

Und, was ist von ihnen zu erwarten?

Sie hatten beide was aufzuholen im Schwimmen, aber das entwickelt sich. Rabea hat es leider knapp nicht in den C-Kader geschafft, Debbie ist drin. Sie war auch jetzt bei der EM und schon letztes Jahr im Junioren-EM- und WM-Team.

... und Rabea ist jetzt enttäuscht ...

Natürlich wurmt sie das, man muss ja viel in den Sport investieren, das bedeutet auch, auf vieles zu verzichten. Sie haben jetzt schon ein ähnliches Trainingspensum wie ich. Aber bei beiden ist der Anschluss in jedem Fall da. Im nächsten Jahr, wenn sie zu den Damen kommen, muss man noch mal schauen.

Ist die große Schwester das große Vorbild?

Ich denke schon. Zu Anfang kam natürlich oft der Vergleich, das fanden sie dann doof. So Fragen im Sinne von: Na, wollt ihr auch mal so gut werden wie eure Schwester? Das ging natürlich nicht, ich war ja schon Olympiasiegerin. Das war eher anstrengend. Andererseits macht der Sport ihnen sehr viel Spaß.

Der Hintergrund der Eingangsfrage war: Soll man überhaupt jemandem empfehlen, so eine trainingsintensive Sportart wie Modernen Fünfkampf zu probieren? Man kann damit nicht reich werden, hat kaum Beachtung. Hätten Sie nicht den Rat geben müssen: Spielt lieber Tennis?

Ich würde jedem Talent oder allen Eltern sagen, dass dieser Sport toll ist. Er ist aufwendig, das stimmt, vielleicht gerade im Verhältnis dazu, was am Ende finanziell herauskommt im Vergleich zu manch anderem Sport. Aber dafür habe ich die Vielseitigkeit. Man kann sagen, in fünf Sportarten ganz gut aufgestellt zu sein. Man lernt, sich zu organisieren, das ist wie eine Schule fürs Leben. Und es gibt auch, wenn man ein gewisses Level erreicht hat, Unterstützung durch die Sporthilfe. Das hat sich sehr verbessert. Außerdem öffnen sich durch den Sport viele Türen. Die neue Sportlotterie wird hoffentlich auch schon bald dazu beitragen, dass Leistungssportler finanziell keine Not mehr haben. Die Perspektive ist besser geworden. Sicher wird es nie dazu kommen, dass wir Fünfkämpfer großes Geld damit verdienen.

Damit sich wenigstens ab und zu der Fokus auf Ihren Sport richtet, braucht es Gesichter, Persönlichkeiten. Das sind Sie als Olympiasiegerin, mehrfache Welt- und Europameisterin. Sie dürfen also nicht nach den Olympischen Spielen 2016 in Rio aufhören, wie Sie angekündigt haben.

Hab ich doch gar nicht. Ich habe nur gesagt, dass ich keine weiteren vier Jahre weitermachen werde. Ich schließe nicht aus, noch eine weitere Saison mitzunehmen. Das hängt auch von beruflichen Belastungen ab.

Haben Sie Angst vor diesem Schnitt? Plötzlich nicht mehr vier bis sechs Stunden am Tag zu trainieren?

Ja, das wird komisch. Ich hoffe aber, dass ich immer so leben werde, dass Zeit bleibt, zumindest ein bisschen Sport zu treiben.

Im Verband müssen sich die Leute jedenfalls Sorgen machen, wenn das Aushängeschild Lena Schöneborn nicht mehr dabei ist.

Dann hoffe ich, dass bis dahin der Nachwuchs sich ein bisschen mehr etablieren kann.

Die Zwillinge?

(lacht) Es gibt schon noch einige weitere Talente.

Was müsste passieren, um Modernen Fünfkampf populärer zu machen?

Der Wettkampf hat sicher noch viel mehr Potenzial, zum Event gemacht zu werden. Warum nicht in die Innenstädte gehen?

Wie soll das gehen mit Schießen und Fechten?

Wir schießen doch jetzt mit Laserpistolen, das könnte man sogar in einer Fußgängerzone veranstalten, dass die Menschen quasi mit der Nase drauf gestoßen werden. Oft kommen Leute zufällig zu uns und finden Fünfkampf danach toll. Als Test auf Sizilien haben wir das schon mal gemacht, in Catania. Da sind wir von Touristen angefeuert worden. Es hat ganz viel Spaß gemacht.

Bei der WM in Berlin ist das aber nicht geplant, oder? So etwas wie das Leichtathletik-Sportfest „Berlin fliegt“ am Brandenburger Tor?

Nein, das ist in Berlin nicht geplant, aber genau in dieser Richtung etwas, das meine ich. Das Konzept ist das gleiche. Das wäre mal eine Aktion, um neues Interesse zu wecken. Aber es fängt schon damit an, dass Termine viel besser kommuniziert werden müssten, man bekommt selbst als Sportler zu wenig Vorankündigungen, was wann wo stattfindet.

Am Regelwerk ist sehr viel verändert worden, wenn man allein daran denkt, dass der Wettkampf nicht wie früher an fünf Tagen, sondern nur noch an einem stattfindet. Die Laserpistolen haben Sie angesprochen, es gibt die Kombination von Laufen und Schießen, das Combined. Soll man noch mehr verändern? Moderner Fünfkampf steht schließlich immer mal wieder auf der Liste der Sportarten, deren Olympia-Tauglichkeit geprüft wird. Machen Sie sich Sorgen?

Das Thema begleitet mich seit Beginn meiner Karriere, und das wird sicher so bleiben. Was die Veränderung der Disziplinen angeht, da haben wir sehr viel getan, um wirklich modern zu sein. Das hat uns auch geholfen. Zuletzt wurden Bonuskämpfe beim Fechten eingeführt und eine neue Punktewertung. Aber jetzt müssen wir uns da mal ein bisschen zurücknehmen. Wir müssen die Leute drumherum mehr aktivieren. Da gibt es so viel, was wir noch nicht ausgeschöpft haben.

Wie viele Zuschauer erwarten Sie bei der WM?

Eine Zuschauerzahl im vierstelligen Bereich sollte es bei einer WM schon geben. Wenn man allein die ehemaligen Aktiven mehr ansprechen würde, wären schon mal hundert Leute mehr da.

Werden die miterleben, wie Lena Schöneborn, die sonst schon alles gewonnen hat, zum ersten Mal Einzelweltmeisterin wird?

Wenn mich alle ganz stark anfeuern, setzt das sicherlich im Wettkampf bei mir noch ein paar extra Körner frei. Ich werde natürlich alles geben, um vorne mitzumischen. Letztlich kommt es am 4. Juli aber auf die Tagesform an.