Berlin. Endlich mal wieder richtig Sommer! Ab nach draußen und etwas Farbe bekommen. Egal, ob im heimischen Garten, am See oder im Urlaub am Strand – viele können der Versuchung nicht widerstehen, gemütlich in der Sonne zu liegen. Ein Sonnenbrand wird dabei – ob bewusst oder unbewusst – oft billigend in Kauf genommen.
„Sie müssen ja nur mal ins Freibad gehen, dann sehen Sie abends, wie viele Leute krebsrot sind“, sagt Prof. Jochen Sven Utikal, Leiter der Klinischen Kooperationseinheit Dermato-Onkologie im Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) in Heidelberg und an der Universitätsmedizin in Mannheim. „Die haben alle einen Sonnenbrand.“ Aus seiner Sicht eine erschreckend hohe Zahl.
Die UV-Strahlung der Sonne führt beim Sonnenbrand zu einer Entzündung der Haut. „Es ist einfach ein Schädigungsprozess, eine akute Abwehrreaktion des Körpers“, erklärt der Münchner Hautarzt Dr. Christoph Liebich, Mitglied in zahlreichen medizinischen Fachgesellschaften. „Und dann fängt die Haut an, sich wieder zu regenerieren.“ Ein Teil der geschädigten Zellen sterbe dabei ab, ergänzt Utikal. Das merke man daran, dass sich die Haut nach oder in schweren Fällen sogar direkt bei einem Sonnenbrand ablöse.
Quark oder Speiseessig sind ungeeignete Hausmittel
Die durch UV-Strahlung entstandenen Schäden sammelten sich im Laufe des Lebens an und seien irreparabel, so die Experten. Nach Ansicht von Liebich könne man Sonnenbrand daher getrost als Raubbau am eigenen Körper bezeichnen. Oberstes Ziel ist laut den Experten daher, Sonnenbrand zu vermeiden.

Das Beste sei physikalischer Sonnenschutz, wie Sonnenschirm, Sonnenhut, Sonnenbrille und UV-Schutzkleidung – gerade bei Kindern. „Wichtig ist, dass man hier darauf achtet, keine Fake-Produkte zu kaufen, sondern Kleidung mit Prüfsiegel, beispielsweise vom Tüv“, rät Liebich. In der Zeit mit der höchsten UV-Einstrahlung von 11.00 Uhr bis 16.00 Uhr solle man sich außerdem grundsätzlich im Schatten aufhalten.
Hinzu käme der Sonnenschutz der Haut mit Cremes, ergänzt Utikal. Er rät zu Lichtschutzfaktor 50. Als einfache Merkregel gelte: „Mehr ist mehr.“ Zwei Milligramm pro Quadratzentimeter Haut sollten es laut Liebich sein. „Bei einem 1,80 Meter großen, normalgewichtigen Menschen sind das ungefähr 25 Gramm Sonnencreme für einmal Einschmieren – also ungefähr drei Esslöffel.“ Außerdem solle man etwa alle drei Stunden nachschmieren, so Liebich. „Gerade wenn man schwimmt, Sport treibt oder auf einem Handtuch liegt und schwitzt.“
Die Studienlage ist nicht eindeutig
Wenn man sich trotz aller Vorsichtsmaßnahmen einen Sonnenbrand geholt hat, sei es wichtig, schnell zu reagieren. Drei Punkte seien dabei wichtig: Vermeiden, Kühlen, Flüssigkeit. „Man sollte sofort aus der Sonne gehen und diese die nächsten Tage meiden“, so Utikal. „Außerdem ist es sinnvoll, die Haut zu kühlen.“ Er empfiehlt nasse Kleidung oder auch Schwarztee-Umschläge, da diese leicht entzündungshemmend wirken.
Von Hausmitteln wie Quark oder verdünntem Speiseessig rät Utikal ab. Trotz der schmerzlindernden Wirkung reize Essig die Haut nur zusätzlich. Quark kühle zwar gut, aber das Antrocknen sei problematisch, da man beim Abwaschen und Entfernen die geschädigte Haut leicht zusätzlich verletzen könnte.
Da der Körper durch die Entzündung viel Flüssigkeit verliere, sei es wichtig, viel zu trinken, erklärt Utikal. Ergänzend könne man mit kühlenden Lotionen arbeiten, fügt Liebich hinzu, etwa mit Aloe Vera. „Zwar ist die Studienlage nicht eindeutig“, so Liebich, „aber in Aloe-Vera-Produkten sind je nach Aufarbeitung auch ein paar pflegende Substanzen enthalten, die den Heilungsprozess beschleunigen können.“
Körper wehrt sich gegen schädigende Strahlung
Wenn der Sonnenbrand stärker ist, empfehlen die Experten ergänzend Schmerzmittel wie ASS, um die Entzündungsreaktion zu dämpfen. In schweren Fällen sollten Betroffene umgehend zum Arzt gehen. „Wir arbeiten dann beispielsweise mit Cortison-Präparaten, die entzündungshemmend wirken“, sagt Universitätsmediziner Utikal. Teilweise kämen auch sterile Verbände und gegebenenfalls Antibiotika zum Einsatz. Es käme sogar vor, dass Leute wegen schwerster Sonnenbrände in Verbrennungskliniken mit Verbrennungsbetten eingewiesen werden müssten.
Solche Extremfälle sind selten. Aber selbst wer sich in der Sonne „nur“ bräune, tue seinem Körper damit keinen Gefallen, erklären die Experten. „Bräune ist eigentlich bereits die erste Hautkrankheit“, erklärt Hautspezialist Liebich. „Der Körper wehrt sich gegen die schädigende UV-Strahlung.“
Eine Folge des Sonnenbadens, vor der sich die meisten Menschen deutlich mehr fürchten als vor Sonnenbrand, ist die vorzeitige Hautalterung. „Durch das UV-Licht kommt es zu einer Lockerung des Kollagens, und die elastischen Fasern verändern sich“, sagt Utikal. „Dadurch wird die Haut schlaff, dünn und neigt zu Falten.“ Außerdem komme es zu einer scheckigen Pigmentierung, einer Erweiterung der Blutgefäße, und auch Altersflecken nähmen zu.
Aber die schädliche Wirkung der UV-Strahlen beschränkt sich nicht auf die Oberfläche der Haut. „Sie dringen auch in die Erbsubstanz und führen dort zu Erbgutveränderungen, die dann zu einer Entartung führen können“, erklärt Liebich. Außerdem werde durch die UV-Bestrahlung der Reparaturmechanismus der Haut geschädigt, und im Alter, nach etwa 20 oder 30 Jahren, könne es so zu Hautkrebs kommen.
Starke Sonnenbäder machen Haut schlaff, dünn und faltig
Gerade wer sich berufsbedingt viel im Freien aufhalte oder im Urlaub exzessiv sonnenbade, sei gefährdet, warnen die Experten. Regelmäßige oder schwere Sonnenbrände, vor allem in der Kindheit, seien weitere Risikofaktoren für Hautkrebs – genau wie Solarienbesuche.
„Ich will das UV-Licht nicht verteufeln“, ergänzt Utikal. „Eine dezente Bräune – oder sagen wir besser Blässe – ist okay.“ Schließlich habe das UV-Licht auch positive Eigenschaften: Es sorge für Wohlbefinden, da es die Hormone reguliere. Außerdem brauche es der Körper, um Vitamin D zu produzieren. Es helfe sogar bei entzündlichen Hauterkrankungen wie beispielsweise der Schuppenflechte. „Die Extreme sind einfach schlecht“, so Utikal. „Man muss, was die Sonne angeht, ein gesundes Mittelmaß finden.“