Sanierungsbedarf

Schüler kämpfen für sechs Millionen Euro

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Florentine Anders

Kinder aus Prenzlauer Berg wollen das Geld für die Sanierung ihrer Schule eintreiben. Hilferuf aus Lichtenberg wegen maroder Turnhalle

Im Kunstunterricht malen die Kinder der dritten Klasse der Tesla-Gemeinschaftsschule Transparente. Sie wollen nicht länger auf Klassenräume warten, sondern kämpfen. Mit einem Sponsorenlauf wollen die Schüler aus Prenzlauer Berg Geld sammeln, ihnen fehlen sechs Millionen Euro. „Notfalls laufen wir die ganzen Ferien lang“, sagen die Kinder. Sechs Millionen Euro – so groß ist die Finanzierungslücke, wegen der die Sanierung ihres Schulgebäudes nicht vorankommt. Bisher sind die Schüler zu Gast in Räumen der nahe gelegenen Turnvater-Jahn-Grundschule, doch die kann keine weiteren Schüler aufnehmen. „Wenn nicht schnell eine Lösung gefunden wird, können keine neuen Erstklässler aufgenommen werden, und dann ist die gesamte Schule in Gefahr“, sagt die Elternvertreterin Karen Rudolph.

„Milchmädchenrechnung“

Nachdem die ursprünglich eingeplanten 14 Millionen Euro nicht mehr ausreichten und neue Planungen von 20 Millionen Euro ausgingen, wurde das dringliche Sanierungsprojekt erst einmal verschoben. Die Tesla-Schule ist damit kein Einzelfall: Geht es nach der Finanzplanung für den kommenden Doppelhaushalt dürften viele Sanierungsprojekte wieder in die Ferne rücken.

Bisher hatte die Senatsbildungsverwaltung immer betont, dass auch im kommenden Doppelhaushalt 64 Millionen Euro für das Schul- und Sportstättensanierungsprogramm ausgegeben werden sollen. Doch nur die Hälfte soll tatsächlich aus dem Landeshaushalt kommen. In der Vorlage aus der Bildungsverwaltung für das Abgeordnetenhaus heißt es, 16 Millionen Euro sollen für die Schulen in den globalen Bezirkshaushalt fließen. Was darüber hinaus nötig sei, sollen die Bezirke aus den „Überschüssen“ aus 2012 finanzieren.

In den Bezirken jedoch hat sich ein Sanierungsrückstau von 800 Millionen Euro angehäuft. Im Bezirk Pankow jedenfalls ist kein Geld übrig für die Schulgebäude. „Die Überschüsse aus 2012 mussten für die Altschulden des Bezirks ausgegeben werden“, sagt Jugendstadträtin Christine Keil (Linke). Für die Tesla-Schule werde es aber einen Standort geben, betont die Stadträtin.

Auch andere Bezirke sehen kaum Möglichkeiten, zusätzliches Geld in Schulgebäude zu stecken. „Wir haben kein Geld, mit solchen Auflagen bringt der Senat die Bezirkshaushalte an den Rand der Existenz“, sagt Katrin Schultze-Berndt (CDU), Bildungsstadträtin von Reinickendorf. Den Sanierungsstau gebe es nicht aus Leichtfertigkeit. „Wenn wir die Möglichkeiten hätten, würden wir sie auch in den Schulen einsetzen“, so Schultze-Berndt. „Eine Milchmädchenrechnung“, sagt auch Ulrich Davids (SPD), Schulstadtrat von Mitte. Auch sein Bezirk ist verschuldet und kann keine Überschüsse auf Schulen verteilen. Mit dieser Rechnung wecke der Senat falsche Erwartungen, sagt Davids. Ehrlicher sei es, von vornherein nur von 32Millionen Euro für das Sanierungsprogramm zu sprechen.

„Die Mehrheit der Bezirke wird nicht dazu in der Lage sein, das Geld für die Schulen aufzubringen“, sagt auch Regine Kittler, bildungspolitische Sprecherin der Linkspartei. Die meisten müssten Altlasten oder Schulden damit tilgen. Mit einer solchen Mogelpackung weiche die Koalition von SPD und CDU von ihren Bildungszielen ab. Dabei sollte die Sanierung mit gleicher Kraft wie im laufenden Haushalt fortgesetzt werden, denn noch immer gibt es an vielen Schulen unhaltbare Zustände.

Unzumutbare Sanitäranlagen

Mit einem Hilferuf haben sich die Eltern der Bürgermeister-Ziethen-Grundschule in Lichtenberg an die Berliner Morgenpost gewandt. Die Bilder zeigen katastrophale Umkleiden und Sanitärbereiche in der Sporthalle der Kinder. Die Wände sind beschmiert, Türen zu den Toiletten kaputt, die Duschen verkommen. „Wir haben unseren Kindern verboten, in den Umkleiden barfuß zu gehen“, sagt die Gesamtelternvertreterin Christiane Mannewitz. Auch die Toiletten und Waschbecken sollen die Schüler nicht benutzen. Die Duschen funktionieren ohnehin nicht.

Vor 13 Jahren wurde der Mädchentrakt in der Turnhalle saniert, für die Jungen fehlte damals das Geld. „Jahr für Jahr schicken wir Schreiben an das Bezirksamt, und jedes Mal fallen wir wieder aus der Planung heraus“, sagt Christiane Mannewitz. Nicht einmal zu einer Besichtigung durch das Bezirksamt sei es gekommen, um die Dringlichkeit einschätzen zu können. Bei einer Hygieneinspektion der Schule habe es keine Beanstandungen gegeben, obwohl die Mängel so offensichtlich seien.

Unter diesen Umständen darauf zu setzen, dass die Bezirke noch mehr Geld aufbringen könnten für die Schulen, scheint kaum realistisch.