Christian Eisert

Mit dem Porsche auf den Campingplatz

| Lesedauer: 6 Minuten
Stefan Anker

Der Berliner Fernsehautor Christian Eisert hat sich einen nagelneuen Cayman gekauft und aufgeschrieben, was dieses Auto aus ihm gemacht hat.

"Viele kleine Jungen träumen davon, Porsche zu fahren. Das habe ich als Kind nie getan. Ich begeisterte mich eher für Rolls-Royce."

Christian Eisert ist Comedy-Autor. Er schreibt Gags, unter anderem für Harald Schmidt, und er kann eine Pointe binnen vier Zeilen erreichen, nicht nur die mit dem Holzhammer, sondern auch die kleinen, feinen. Ob er wirklich mal für Rolls-Royce geschwärmt hat, wird in seinem Buch "Tacho Man" nicht weiter erörtert, und obwohl es im Grunde autobiografisch ist, weiß man nie so genau, was nun wahr ist und was nicht.

Eisert will das auch im Gespräch nicht enthüllen, schon um die vielen Frauen zu schützen, deren Gefühlsleben er, auch mithilfe seines Porsche, so erschüttert hat. Es kommt Sex vor in dem Buch. "Die Frauen sagen immer, das ist nicht wichtig, mit dem Porsche kannst du mich nicht beeindrucken", erzählt Eisert. In Wirklichkeit sei das ganz anders.

Wir fahren zum Badeschiff nach Treptow. Aus den Augenwinkeln beobachte ich, wie sie schaut, ob die anderen schauen.

Der Porsche als Symbol ist wohl das, was zählt. Auch wenn es nur der kleine Porsche ist, der Cayman: Wer Porsche fährt, wird zumindest als erfolgreich wahrgenommen, und das ist ja nichts Schlechtes. Die Frauen schauen, und auch im Berufsleben habe der Porsche einiges bewegt: Da ist jemand erfolgreich, dann muss er ja gut sein, also arbeiten wir mit ihm. "Ich genieße das auch", sagt der Autor, "gleichzeitig habe ich aber die Sicht von oben und wundere mich oft, wie einfach das ist." In der Waschanlage, die er mit dem Cayman immer mal aufsucht, will er grundsätzlich die Zehn-Euro-Wäsche haben, man bietet ihm dann aber die Zwanzig-Euro-Pflege mit fünf Euro Rabatt an. Erfolg macht erfolgreich.

Diese Erkenntnis würde kein Buch füllen (immerhin 256 Seiten). Eisert hat mehr zu erzählen. Er macht sich im Mai 2009 auf, den Spuren seines eigenen Lebens mit dem Porsche quer durch Deutschland zu folgen. Keinem größeren Plan gehorchend, eher im Zickzack und zwischen dem Porsche-Händler in Bamberg und den Wohnorten verflossener Freundinnen hin und her, dabei wird sich schon etwas ergeben, was sich aufschreiben lässt.

Es hätte auch schiefgehen können, aber gute Gagschreiber sind wie gute Reporter: Mehr als andere sehen sie Dinge, über die zu schreiben sich lohnt. Und sie beherrschen die Kunst, sich in Situationen zu bringen, aus denen Berichtenswertes entsteht. Christian Eisert fährt mit seinem Porsche in die Provinz, zum Camping ins Palumpa-Land, eine Einrichtung nahe der geografischen Mitte Deutschlands. Mit Zelt und Einweg-Grill hantiert er dort, lässt sich bestaunen und treibt später diese Idee auf die Spitze, als er mit dem Cayman ein schwäbisches Nudistencamp besucht.

Ich muss mich noch ausziehen. Obwohl ich kein Problem mit Nacktheit oder meinem Körper habe, überfallen mich ein paar Zweifel. Doch dann begreife ich, welche Chance darin liegt. Endlich kann ich beweisen, ohne aufdringlich zu sein, dass ich es eigentlich überhaupt nicht nötig habe, einen Porsche zu fahren. Flugs sind die Sachen runter.

Alles wahr, sagt Eisert, alles so erlebt und weiterverarbeitet zur Kulisse für die großen Dramen: die Krise des Comedy-Gewerbes im vergangenen Jahr, als nicht sicher war, ob er sich den Porsche weiter würde leisten können. Und: das Liebesdrama mit Laura, der Verflossenen, die erst ihren Mann verließ, sich in ein rauschhaftes Abenteuer mit Eisert stürzte, um später doch ihre Ehe zu retten. Vielleicht, weil Eisert zwar einen Porsche hatte, aber nicht so viel drum herum: kein Haus, kein Pferd, kein Boot.

Alles wahr? Wahr ist, dass er den Porsche noch besitzt, inzwischen mit anderem Nummernschild als auf dem Titel des Buches. Wahr ist, dass es gar nicht unbedingt um die Frauen geht, sondern um Träume. Eisert sagt das so, und er stellt es seinem Buch voran:

Für alle, die ihre Träume leben .

Laura hatte definitiv einen Traum, und es kommen noch einige andere Menschen vor, die irgendetwas Gutes vom Leben wollen, es aber noch nicht bekommen haben. Eisert hat immerhin seinen Porsche. Er war erst 31, als er sich für das Leben mit einem so kostspieligen Sportwagen entschieden hat. Und auch heute noch, zwei Jahre später, erntet er argwöhnische Blicke dafür. "Papis, die ihren Renault Scénic betanken, gucken, bis ihnen das Benzin überläuft."

Wir kamen zu der Erkenntnis, dass Porsche eigentlich Autos baut, die sich die meisten erst leisten können, wenn sie zu alt dafür sind.

Aber man gewöhnt sich daran, als junger Mensch Porsche zu fahren. Christian Eisert will das weiter tun, weil er nun ein Buch darüber geschrieben hat, weil er ja irgendwie zu den Stationen seiner Lesereise kommen muss (12. Mai, 20 Uhr im "Tucher" am Brandenburger Tor). "Und es stirbt sich glücklicher, wenn man sich ein paar Träume erfüllt hat."

Dazu gehört auch die Veröffentlichung des Buches. Nicht sein erstes, aber die anderen vier waren "Books on Demand" - über eine Servicefirma im Internet kann jeder so etwas auf den Markt werfen. Das ist nicht dasselbe wie ein echtes Buch, man merkt es Christian Eisert an. Er ist stolz, auch auf die lässige Art und Weise, wie er den Vertrag bekommen hat: eine Seite Konzept, eineinhalb Seiten Manuskriptprobe, Standardbrief. Acht Ablehnungen, ein Verlag habe 30 weitere Probeseiten gefordert, Eisert wollte nicht. Als TV-Autor schreibe er nur, wenn er dafür auch bezahlt werde. Und der letzte Verlag, der habe eben die Idee gekauft. So viel Selbstbewusstsein, so viel Erfolg. Es muss am Auto liegen.

"Tacho Man" erscheint für 8,95 Euro bei Blanvalet