Berlin. Kurz vor den parlamentarischen Sommerferien hat die Ampel-Koalition es doch noch geschafft, sich auf einen endgültigen Entwurf des Heizungsgesetzes zu einigen. Ihr selbst gestecktes Klassenziel haben die Regierungspartner damit erreicht.
Das Gesetz ermögliche jetzt „Klimaschutz, der sozial verträglich und finanzierbar ist“, freute sich die Vizechefin der SPD-Fraktion Verena Hubertz am Freitag. Allerdings räumten Ampel-Vertreter in den vergangenen Tagen auch ein, für die Zusammenarbeit in der Regierung keine gute Note verdient zu haben.
Der Streit um das Gesetz hatte die Koalition in den vergangenen Wochen an den Rand zumindest des Nervenzusammenbruchs gebracht und dürfte der Ampel viel politisches Kapital gekostet haben. Ursprüngliche Pläne von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) waren verfrüht an die Öffentlichkeit geraten und waren dann von den Koalitionspartnern mehrfach überarbeitet worden.
Besonders die FDP hatte darauf bestanden, das Ziel eines klimaverträglich heizenden Landes nicht nur mittels der Wärmepumpe erreichen zu wollen. Weitere Optionen sind nun zum Beispiel Hybridheizungen oder Biomasse wie Holz und Pellets verfeuernde Geräte.
Heizungsgesetz: Die Ampel verständigt sich am Freitag
Erst am Dienstag dieser Woche war vom x-ten Durchbruch in den Verhandlungen der Ampel zum Heizungsgesetz berichtet worden. Kurz darauf stellte sich allerdings – wieder einmal – heraus, dass eine ganze Reihe von Fragen offen war. Selbst an den Verhandlungen Beteiligte mussten einräumen, nicht alle Fragen beantworten zu können.
Und wieder einmal schienen nicht alle drei Ampel-Partner dasselbe Verständnis des Besprochenen zu haben. Schon schien die Einigung wieder zu wackeln.
Am Freitag schließlich die Erlösung: Den Zeitstempel 10 Uhr 11 trägt das gemeinsame Papier der Ampel-Fraktionen mit den Änderungsanträgen zu Habecks Gesetzentwurf. Der Opposition bleibt nun bis Montag Zeit, die 110 Seiten des Dokuments zu studieren. Dann soll der Fachausschuss mit Experten erneut über den Entwurf beraten, damit das Gesetz bis Ende der Woche und somit gerade noch vor der parlamentarischen Sommerpause final beschlossen werden kann.
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Gebäudeenergiegesetz: Das steht im Entwurf
Ziel des Gesetzes ist, dass künftig alle neu eingebauten Heizungen zu 65 Prozent mit Öko-Energie betrieben werden. Für Neubauten gilt dies ab dem 1. Januar 2024. Für Bestandsbauten greift das Heizungsgesetz erst, wenn für den Wohnort eine kommunale Wärmeplanung vorliegt.
Das muss in Städten mit mehr als 100.000 Einwohnern spätestens am 30. Juni 2026 der Fall sein, in kleineren Kommunen ist der letzte Termin 30. Juni 2028, wie aus dem Einigungspapier der Ampel-Fraktionen hervorgeht. Funktionierende Heizungen können ohne Einschränkungen weiterbetrieben und bei Bedarf repariert werden.
Zwischen dem 1. Januar 2024 und dem Vorliegen der Wärmeplanung dürfen Immobilienbesitzer weiterhin Gas- und sogar Ölheizungen einbauen. Allerdings müssen diese dann ab 2029 zu einem steigenden Prozentsatz mit Wasserstoff beziehungsweise Biomasse betrieben werden. Da allerdings in den kommenden Jahren mit einem starken Preisanstieg für fossile Brennstoffe wie Erdgas und Öl zu rechnen ist, sollen Verbraucher in einer Pflichtberatung über die möglichen Nachteile informiert werden.
Heizungstausch: Diese Förderung vom Staat ist möglich
Dazu gehört auch, dass der Ausbau der öffentlichen Fernwärmenetze individuelle Lösungen überflüssig machen könnte. Durch die zunächst nicht vorgesehene Kopplung des Gesetzes an die kommunale Wärmeplanung bekommen die Bürgerinnen und Bürger eine bessere Grundlage für ihre Entscheidung, wenn sie ihre Heizung austauschen wollen oder müssen.
Eine weitere wichtige Änderung gegenüber den ursprünglichen Plänen ist, dass eine zunächst geplante Ausnahmeregelung für Immobilienbesitzer, die älter als 80 Jahre sind, nicht mehr enthalten ist. Die Neuinstallation einer umweltfreundlicheren Heizung soll vom Staat gefördert werden – abhängig vom Einkommen können Immobilienbesitzer bis zu 70 Prozent ihrer Investitionen erstattet bekommen. Die Kosten für eine neue Heizung, die Hausbesitzer auf ihre Mieter umlegen können, werden gedeckelt.
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Finaler Beschluss nächste Woche – zum Ärger der Opposition
Bis zum endgültigen Beschluss des Gesetzes soll es nun schnell gehen – zum Ärger der Opposition. Diese bekam das von der Ampel final geeinte Dokument am Freitagmittag zugestellt, soll aber bereits am Montag mit Experten im federführenden Fachausschuss des Bundestags darüber beraten. „Der Zeitraum ist zu kurz“, ärgerte sich der Ausschussvorsitzende Klaus Ernst (Linke) auf Twitter. „Eine Missachtung des Parlaments! Keine ausreichende Vorbereitung möglich.“ Aufgrund der Mehrheit der Ampel-Fraktionen sei er jedoch gezwungen, zu der Anhörung am Montag einzuladen.
Nach der Befassung des Ausschusses ist die finale Abstimmung im Bundestag geplant. Auch der CDU-Bundestagsabgeordnete Thomas Heilmann kritisierte das geplante Schnellverfahren scharf. „Das Gesetz soll in maximaler Kürze durch den Bundestag gepeitscht werden“, sagte Heilmann dem Sender „phoenix“. Eine seriöse Beratung sei seines Erachtens somit „nicht mehr möglich“. Heilmann hat deswegen einen Eilantrag gegen das Gesetz vor dem Bundesverfassungsgericht eingereicht.
Grüne sehen eine "umfassende Beratung" gewährleistet
„Wir freuen uns, dass damit der Weg frei ist für das weitere Verfahren und somit für faire und erneuerbare Wärme“, erklärten hingegen die Vize-Vorsitzenden der Grünen-Fraktion, Julia Verlinden und Andreas Audretsch. Mit der weiteren Expertenanhörung in der kommenden Woche sei „eine umfassende Beratung der Koalitionsvorschläge gewährleistet“.