Berlin. Sollte Angela Merkel nach dem CDU-Vorsitz auch ihre Kanzlerschaft aufgeben, trauen die Deutschen am ehesten Friedrich Merz zu, ein erfolgreicher Regierungschef zu werden. Er liegt jedoch in einer Umfrage der Meinungsforscher von Kantar Emnid für unsere Redaktion nur knapp vor CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer.
Vier Wochen vor dem Ende der 18-jährigen Merkel-Ära an der CDU-Parteispitze sagen 36 Prozent der 1014 Bürger, die am Dienstag und Mittwoch repräsentativ befragt wurden, dass sie sich den 62-jährigen CDU-Politiker Merz aus Brilon im Sauerland als „guten Kanzler“ vorstellen können. Für 46 Prozent kommt er nicht infrage.
Für Kramp-Karrenbauer (Spitzname „AKK“) als mögliche Regierungschefin sprechen sich 33 Prozent der Deutschen aus, 48 Prozent lehnen sie ab. Unter den CDU/CSU-Anhängern genießt sie mit 52 Prozent gegenüber Merz (50 Prozent) mehr Vertrauen. Schaut man in den Osten, hat Merz dort mit 43 Prozent deutlich mehr Vertrauen als AKK (37 Prozent). Bundesweit spricht Merz mehr Männer an, bei den Frauen ist der Rückstand zur früheren saarländischen Ministerpräsidentin (29 zu 36 Prozent) aber nicht allzu groß.
Wenig überraschend ist, dass die Hälfte der Grünen-Sympathisanten eine Kanzlerin Kramp-Karrenbauer, die eher für eine Fortsetzung der Merkel-Politik steht, dem deutlich konservativeren Ex-Unionsfraktionschef Merz vorziehen würde. Auch Anhänger der Linkspartei würden lieber Kramp-Karrenbauer im Kanzleramt sehen als Merz, der wiederum im bürgerlich-konservativen Lager bei FDP- (57 Prozent) und AfD-Anhängern (64 Prozent) Rückhalt hat.
Scholz und Lindner auf Aufgenhöhe
Bei Bürgern mit SPD-Präferenz halten 38 Prozent der Befragten Friedrich Merz für einen respektablen Kanzleranwärter, bei AKK sind es 32 Prozent. Hinter dieser Einschätzung dürfte die Hoffnung vieler Genossen stecken, dass unter einem CDU-Chef Merz die Union nach der Zeit der „sozialdemokratisierten“ Merkel wieder stärker nach rechts rückt und so für die in Umfragen abgestürzte SPD mehr Raum zur Profilierung entsteht.
Auf respektable 24 Prozent bei den Deutschen kommt übrigens Vizekanzler und Finanzminister Olaf Scholz, der bei einer Neuwahl als Kanzlerkandidat der krisengeplagten SPD bereitstünde. Das reicht für Platz drei der zehn Spitzenpolitiker verschiedener Parteien, die zur Bewertung standen. Die Reihenfolge ergibt sich aus der Differenz von Zustimmung und Ablehnung. 58 Prozent der Deutschen glauben indes nicht, dass Scholz als Kanzler gut geeignet wäre.
Auf Augenhöhe mit Scholz liegt FDP-Chef Christian Linder, der ebenfalls 24 Prozent erreicht, jedoch mit 64 Prozent stärker abgelehnt wird. Platz fünf der zehn für eine mögliche Kanzlerschaft abgefragten Spitzenpolitiker schafft Grünen-Chef Robert Habeck, wenngleich nur 14 Prozent der Bürger in ihm einen kommenden Kanzler sehen.
Jens Spahn in der Wählergunst nur auf Platz acht
Hinter Habeck landet der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet (CDU), dem 17 Prozent der Deutschen eine Kanzlerschaft zutrauen (59 Prozent aber nicht). Nummer sieben in den Top 10 möglicher Regierungschefs ist Manuela Schwesig, die Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern und stellvertretende SPD-Chefin ist. Bei ihr glauben 16 Prozent, dass sie eine gute Kanzlerin wäre (Ablehnung 61 Prozent).
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn erreicht nur Platz acht (17 Prozent dafür, 65 Prozent dagegen). Spahn bewirbt sich am 7. Dezember beim CDU-Parteitag in Hamburg ebenfalls um den Vorsitz. Vorletzter ist der neue Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus. Nur fünf Prozent können sich den Finanzexperten als Regierungschef vorstellen. Schlusslicht ist Andrea Nahles. Für 17 Prozent wäre die SPD-Chefin eine gute Kanzlerin, mit 72 Prozent erfährt sie aber auch die stärkste Ablehnung.
Allerdings ist noch nicht abzusehen, ob und wann der Chefsessel im Kanzleramt frei wird. Die seit 2005 regierende Angela Merkel hat ihre Bereitschaft erklärt, trotz des Verzichts auf den CDU-Vorsitz bis zum Ende der Wahlperiode 2021 Kanzlerin zu bleiben. Das wird aber maßgeblich davon abhängen, ob die Koalition hält und wer künftig in der CDU das Sagen hat.