Berlin. Im Krisenfall ist das Bundesamt für Migration (BAMF) wie ein Fieberthermometer. Nach dem gescheitertem Militärputsch stieg im Juli 2016 umgehend die Zahl der Asylanträge aus der Türkei. Sie normalisiert sich erst jetzt, ein Jahr danach, und hat sich im Juni mit 488 Anträgen wieder auf dem Niveau vor dem Umsturzversuch eingependelt.
2016 lagen im Juli (550), August (762) und September (696) , aber auch in der Folgezeit die Zahlen regelmäßig bei über 500 Anträgen (einzige Ausnahme: April 2017). 2016 beantragten insgesamt 5742 Menschen aus der Türkei Asyl. Von Januar bis Juni 2017 waren es 3206.
Aufschlussreich ist für die Entscheider ein Blick auf die Ausweise. Seit dem Putsch haben – Stand Mai - 209 Personen mit Diplomatenpass und weitere 205 Menschen mit türkischem Dienstpass (Grüner Pass) beim BAMF Asyl beantragt: lauter Staatsdiener. Unklar ist, wie viele „Putsch-Soldaten“ darunter waren, wie sie vom türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan genannt werden. Zuletzt hatte er daher Ende Mai am Rande des Nato-Gipfels bei Kanzlerin Angela Merkel (CDU) interveniert. Sie beschied ihm lapidar, der Ausgang der Asylverfahren hänge nicht von ihr ab.
Nato-Luftwaffenbasis nicht mehr in der Türkei
Die Beziehungen zwischen beiden Staaten sind so angespannt wie selten zuvor. Aus mehreren Gründen: Gut drei Monate vor dem Putsch sorgte der Satiriker Jan Böhmermann mit seiner „Schmähkritik“ für Aufregung in Ankara; die rechtlichen Auseinandersetzungen halten bis heute an. Der nächste Reizpunkt war eine Resolution des Bundestages, in der die Armenier-Verfolgungen im Osmanischen Reich als Völkermord eingestuft wurden. Dann untersagte die Türkei Bundestagsabgeordneten, eine Basis der Luftwaffe im südtürkischen Incirlik zu besuchen.
Vor kurzem beschloss der Bundestag, die Luftwaffeneinheit vom Nato-Partner Türkei nach Jordanien zu verlegen. Im Februar 2017 wurde der „Welt“-Korrespondent Deniz Yücel in der Türkei in Untersuchungshaft genommen und der „Spionage“ bezichtigt. Und als im Frühjahr türkische Minister an Wahlkampfauftritten in Deutschland gehindert wurden, antwortete Istanbul mit Nazi-Vergleichen.
