Berlin. Es ist Gewalt, die oft im Verborgenen bleibt. Schläge oder Tritte, von denen niemand erfährt, weil Menschen dort Opfer werden, wo sie eigentlich Schutz finden sollen: im eigenen Zuhause. In den allermeisten Fällen von häuslicher Gewalt sind Frauen Ziel der Angriffe. Erstmals veröffentlicht nun das Bundeskriminalamt Zahlen zu diesen Straftaten. Bundesregierung, Hilfsvereine und die Polizei wollen diese Delikte in Partnerschaften aus dem Dunkelfeld der Wohnung ins Helle ziehen. „Häusliche Gewalt ist keine Privatsache“, sagten BKA-Chef Holger Münch und Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) in Berlin. Laut BKA waren 127.457 Menschen im Jahr 2015 Opfer von Bedrohungen, Körperverletzungen, Vergewaltigungen oder sogar Mord in den eigenen vier Wänden. Und die Gewalt wächst, zumindest leicht. Polizisten haben Gewaltdelikte von 2012 bis heute ausgewertet, denn einen eigenen Straftatbestand von Körperverletzung gegen Frauen gibt es nicht. 2012 lag die Zahl der Fälle noch bei 120.758 und steigt seitdem an. Im vergangenen Jahr waren 82 Prozent der Opfer Frauen, mehr als 100.000 Betroffene. In 18 Prozent der Fälle sind Männer betroffen. Vor allem Frauen haben unter Sexualstraftaten zu leiden. Die Zahl der männlichen Opfer ist bei Missbrauch oder Vergewaltigung sehr klein. Die allermeisten Betroffenen sind zwischen 30 und 39 Jahre alt. „Wir erleben Gewalt in Partnerschaften quer durch die Gesellschaft“, hoben BKA-Präsident Münch und Petra Söchting, die Leiterin des Hilfetelefons, das 2013 vom Bund eingerichtet wurde. Es ist das erste bundesweite Beratungsangebot, das Betroffenen und Angehörigen oder Freunden der Opfer rund um die Uhr, vertraulich und kostenfrei zur Verfügung steht (Tel.: 08000116016). Das größte Problem sei das Schweigen vieler Opfer, hob Söchting hervor. Frauen würden sich nicht trauen, Schläge oder Missbrauch zu melden – denn sie leben mit den Tätern unter einem Dach. Sie lieben ihre Peiniger trotz allem, sie bleiben mit den Ängsten allein.
Opposition und Hilfsorganisationen loben die Einrichtung einer Hotline für Opfer ebenso wie eine höhere Aufmerksamkeit der Polizei bei Gewalt gegen Frauen. „Leider ist es jedoch nicht ausreichend, ein Hilfetelefon zu haben, das auf Frauenberatungsstellen und auf Frauenhäuser verweist, wenn diese überlastet und überfüllt sind“, kritisiert Birte Rohles von terre des femmes. Hier müsse die Bundesregierung mit Geld helfen. „Um allen Frauen, die sich vor Gewalt in ein Frauenhaus flüchten wollen, dort auch einen Platz anbieten zu können, ist eine Mitfinanzierung des Bundes unerlässlich“, sagt die Familienexpertin der Grünen, Katja Dörner.