Flüchtlingspolitik
Merkels Entscheidung – Wie eine Nacht das Land verändert
04.09.2016, 13:03
| Lesedauer: 17 Minuten
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) lässt sich im September 2015 nach dem Besuch einer Erstaufnahmeeinrichtung für Asylbewerber für ein Selfie zusammen mit einem Flüchtling fotografieren.
Foto: Bernd Von Jutrczenka / dpa
Vor einem Jahr lässt die Kanzlerin Tausende Flüchtlinge ohne große Kontrollen ins Land kommen. „Wir schaffen das“, sagt sie bis heute.
Berlin.
Es ist die Nacht vom 4. auf den 5. September 2015, in der Bundeskanzlerin Angela Merkel eine folgenschwere Entscheidung trifft. In Ungarn wird das Versagen der Europäischen Union (EU) in der Flüchtlingspolitik gerade für alle Welt sichtbar, der rechtsnationale Ministerpräsident Victor Orban verschärft die Lage mit Zäunen und Abschottungsrhetorik.
Tausende Flüchtlinge, viele davon aus dem Bürgerkriegsland Syrien, flehen um Hilfe. Erschöpft, verzweifelt, traumatisiert – mit einem Rest an Energie schaffen es manche, zu Fuß auf Autobahnen und Bahngleisen gen Westen zu laufen.
Eine unbürokratische Entscheidung
CDU-Chefin Merkel und Österreichs damaliger sozialdemokratischer Kanzler Werner Faymann befürchten Tote. Sie entscheiden, die Menschen unbürokratisch in ihre Länder zu lassen. Was eine Ausnahme sein sollte, entwickelt über Wochen und Monate eine eigene Dynamik. Merkel sagt: „Wir schaffen das.“ Sie sagt es bis heute.
Morgenpost von Christine Richter
Bestellen Sie hier kostenlos den täglichen Newsletter der Chefredakteurin
Im Herbst 2015 war die Flüchtlingskrise auf ihrem Höhepunkt. Wie wichtige Orte entlang der Route durch Europa damals aussahen und wie die Lage heute ist, zeigt die Bildagentur Getty in Fotomontagen. Oben: Flüchtlinge erreichen die Insel Lesbos im Oktober 2015. Unten: Im Juli 2016 ist die Küste verlassen.
Foto: Spencer Platt/Milos Bicanski / Getty Images
Oben: Am Strand von Lesbos sammeln sich im November 2015 Rettungswesten, die die Flüchtlinge bei ihrer Überfahrt von der Türkei nach Griechenland getragen haben. Unten: Im Juli 2016 sind keine Spuren mehr von den gefährlichen Bootsfahrten zu sehen.
Foto: Milos Bicanski / Getty Images
Oben: Ehrenamtliche Helfer waten im November 2015 durch das Wasser, um ein Flüchtlingsboot an Land zu ziehen. Unten: Im Sommer 2016 scheint die Krise weit entfernt zu sein.
Foto: Milos Bicanski / Getty Images
Was für ein Kontrast! Oben: Hunderte Flüchtlinge marschieren im Oktober 2015 entlang slowenischer Felder. Sie werden von Polizisten begleitet. Unten: An gleicher Stelle nutzt eine Radfahrerin das schöne Sommerwetter für eine Tour.
Foto: Jeff J Mitchell/Matt Cardy / Getty Images
Während sich der Flüchtlingsstrom im Oktober 2015 seinen Weg in Richtung eines Zeltlagers bei Rigonce in Slowenien macht (oben), ist auf dem kleinen Feldweg ein knappes Jahr später kein Mensch unterwegs (unten).
Foto: Jeff J Mitchell/Matt Cardy / Getty Images
Oben: Im September 2015 machen sich Hunderte Migranten auf den Weg vom ungarischen Hegyeshalom nach Österreich. Unten: In der Nähe der Bahnstation von Hegyeshalom überquert eine einsame Radfahrerin die Straße.
Foto: Christopher Furlong/Matt Cardy / Getty Images
Oben: Neben der kleinen Kirche bei Dobova (Slowenien) erstreckt sich der Flüchtlingstross bis zum Horizont. Unten: Inzwischen trifft man hier wieder nur selten auf Menschen.
Foto: Jeff J Mitchell/Matt Cardy / Getty Images
Oben: Flüchtlinge laufen im vergangenen September über eine Autobahn im ungarischen Roszke. Sie hatten sich zuvor geweigert, zur Registrierungsstelle zu reisen. Unten: Auf der M5/E-75 sind im Juli 2016 nur Autos unterwegs.
Foto: Matt Cardy / Getty Images
Oben: Hunderte Flüchtlinge nutzen im September 2015 die Autobahn im ungarischen Roszke als Flüchtlingsroute. Unten: Die Autobahn kann wieder von Autos befahren werden, Menschen sind nicht mehr zu sehen.
Foto: Jeff J Mitchell/Matt Cardy / Getty Images
Oben: Die ungarische Grenzpolizei setzt im September 2015 Wasserwerfer ein, um den Übergang nach Serbien in der Stadt Horgos zu sichern: Unten: Die Grenze ist heute so gut wie unbewacht.
Foto: Christopher Furlong/Matt Cardy / Getty Images
Oben: Hunderte Flüchtlinge bahnen sich im kroatischen Tovarnik ihren Weg zum Bahnhof, um nach Zagreb zu kommen. Nachdem Ungarn seine Grenze zu Serbien dicht gemacht hat, suchen viele Flüchtlinge den Weg über Kroatien. Unten: Im Juli 2016 ist Ruhe eingekehrt in Tovarnik.
Foto: Jeff J Mitchell/Matt Cardy / Getty Images
Oben: Der Bahnhof im kroatischen Tovarnik platzt im September 2015 aus allen Nähten. Unten: Im Juli 2016 ist weit und breit kein Fahrgast in Sicht.
Foto: Jeff J Mitchell/Matt Cardy / Getty Images
Oben: Im Spätherbst 2015 suchen Tausende Flüchtlinge den Weg von der Türkei über die griechischen Inseln nach Mitteleuropa. Im November ist der Hafen von Mytilene auf Lesbos überfüllt mit Flüchtenden, die auf eine Fähre nach Athen warten. Unten: Der Hafen von Mytilene im Juli 2016 bietet Reisenden viel Freiraum.
Foto: Carl Court/Milos Bicanski / Getty Images
Oben: Hunderte Flüchtlinge kampieren im August 2015 entlang einer Bahnstrecke im ungarischen Roszke. Unten: Wenn im Juli 2016 nicht gerade ein Zug anrollt, herrscht Ruhe in Roszke.
Foto: Matt Cardy / Getty Images
Oben: Der Keleti-Bahnhof in Budapest ist im September 2015 einer der größten Flüchtlings-Hotspots in Europa. Zwischenzeitlich verlassen keine Züge mehr den zentralen Bahnhof in der ungarischen Hauptstadt. Unten: Im Juli 2016 herrscht Normalität im Keleti-Bahnhof.
Foto: Matt Cardy / Getty Images
Oben: Als sich die Lage am Budapester Keleti-Bahnhof im September 2015 immer weiter zuspitzt, werden Busse eingesetzt, um die Flüchtlinge Richtung Österreich weiterzubringen. Der Busbahnhof entwickelt sich zu einem riesigen Zeltlager. Unten: Der Busbahnhof am Keleti-Bahnhof ist im Juli 2016 am Abend zeitweise menschenleer.
Foto: Matt Cardy / Getty Images
Oben: Nicht nur am Busbahnhof, sondern überall rund um den Keleti-Bahnhof in Budapest ist ein Flüchtlings-Camp entstanden. Viele Menschen bringen Kleiderspenden, um den Flüchtenden zu helfen. Unten: Vor dem Keleti-Bahnhof wird es im Juli 2016 allenfalls zur Rush Hour ein wenig unruhig.
Foto: Jeff J Mitchell/Matt Cardy / Getty Images
Oben: Vielfach müssen ungarische Polizisten und Helfer im September 2015 entkräftete Flüchtlinge aus der großen Menschenmenge am Budapester Keleti-Bahnhof bergen und sie versorgen. Unten: Die Wartehallen im Keleti-Bahnhof .
Foto: Win McNamee/Matt Cardy / Getty Images