Berlin. Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe könnte bereits im ersten Halbjahr 2016 über ein NPD-Verbot entscheiden. Der wichtigste Hinweis darauf ist, dass der Zweite Senat am Montag das Hauptsacheverfahren eröffnet und drei Verhandlungstermine angesetzt hat: am 1., 2. und 3. März. Der Gerichtspräsident Andreas Voßkuhle hat den Ehrgeiz, das Verfahren alsbald zu einem Ende zu führen. Berichterstatter des Verfahrens und damit federführend ist ein ehemaliger Politiker, der frühere saarländische Ministerpräsident Peter Müller – auch er eine treibende Kraft.
Auf Müllers Initiative hatte der Zweite Senat im Frühsommer den Ländern eine Liste mit Fragen nachgereicht. Nachdem diese beantwortet wurden, ist der Verbotsantrag des Bundesrates vom Dezember 2013 so fundiert, dass er zumindest nicht zurückgewiesen wurde. „Offensichtlich haben unsere Argumente Gewicht, sonst hätte das Bundesverfassungsgericht schon keine mündliche Verhandlung anberaumt“, frohlockte denn auch der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU).
Bund und Ländern kommt das relativ zügige Verfahren entgegen. Ihre Verfassungsschutzämter haben alle V-Leute in den Gremien der rechtsextremen Partei abgeschaltet und fühlen sich „blind“. Das Unbehagen darüber war im Zuge der Flüchtlingskrise spürbar, als sich die Übergriffe auf Asylunterkünfte häuften. Auf der anderen Seite hat gerade die latente Gewaltbereitschaft im rechtsextremen Milieu die Länder darin bestärkt, dass ihre Initiative richtig war. Die NPD gilt als bedeutendste Kraft im Rechtsextremismus. Das reicht für ein Verbot nicht aus. Man muss ihr vielmehr auch nachweisen, dass sie die freiheitlich-demokratische Ordnung auf „aggressiv-kämpferische Weise“ überwinden will.
Caffier glaubt, dass der „Wolfim Schafspelz“ enttarnt wird
Es ist der zweite Anlauf für ein NPD-Verbot binnen eines Jahrzehnts. Der erste war 2003 gescheitert, weil noch V-Leute an führender Stelle in der Partei tätig waren. Damals konnte der Verdacht nicht ausgeräumt werden, dass die vom Staat bezahlten Informanten für das Handeln der Partei mitverantwortlich seien.
Als Konsequenz daraus haben die Bundesregierung und der Bundestag diesmal auf eigene Anträge verzichtet. Das politische Prozessrisiko tragen in erster Linie die Länder. Die reagierten denn auch erleichtert, „dass das Verfahren nicht schon vor dem ersten Verhandlungstag an Formalien gescheitert ist“, wie der Innenminister von Mecklenburg-Vorpommern, Lorenz Caffier (CDU), sagte. Sie haben eine wichtige Hürde genommen, Rechtssicherheit gewonnen und sind mehr denn je überzeugt, dass ihre Erfolgschancen gut stehen. Caffier: „Der Wolf im Schafspelz steht kurz vor seiner Enttarnung.“