Moskau/Damaskus

Russische Truppen und Panzer in Syrien: „Pfau, Pfau, wir fahren los“

| Lesedauer: 3 Minuten
Stefan Scholl

Aber Putin dementiert – IS sprengt 2000 Jahre alte Grabtürme

Moskau/Damaskus. Man sieht die neuesten Schützenpanzer der russischen Armee vom Typ BTR-82A und die Tiger-Geländewagen, die bei der Invasion auf der Krim berühmt wurden. Man hört russische Kommandos und einen Funkspruch: „Pfau, Pfau, wir fahren los!“ Die britische Zeitung „Times“ präsentierte einen dreiminütigen Filmbericht des syrischen Staatsfernsehens, der offenbar russische Truppen zeigt, die sich im Kampfgebiet nahe der Hafenstadt Latakia im Norden Syriens bewegen.

Es sei unklar, ob es sich um Soldaten der regulären russischen Armee handelt oder um Söldner, sagte der Londoner Militärexperte Igor Sutjagin der „Times“. Aber in den letzten Tagen häuften sich Belege und Anzeichen, dass Russland dem wankenden Regimes Baschar al-Assads kriegerische Waffenhilfe leistet.

Die Russen hätten bei dem Städtchen Slanfeh etwa 40 Kilometer westlich von Lakatia mehrere Straßensperren errichtet, sagte ein Sprecher der Freien Syrischen Armee laut „Times“. Nach Angaben der Rebellenwebsite Syria.net seien die russischen Truppen am Aufbau einer neuen Verteidigungslinie der Assad-Streitkräfte beteiligt. Die regierungsnahe Zeitung „al-Watan“ hatte Ende August berichtet, die Russen errichteten eine Militärbasis in Gabla, 25 Kilometer südlich von Lakatia.

Kremlchef Wladimir Putin hat die Berichte umgehend als voreilig zurückgewiesen. „Darüber zu sprechen, ist verfrüht“, sagte der Präsident bei einem Wirtschaftsforum in Wladiwostok an der Pazifikküste. Russland prüfe verschiedene Möglichkeiten. Doch der Einsatz von Soldaten stehe – noch nicht – auf der Tagesordnung. „Wir wollen eine internationale Koalition im Kampf gegen den Terrorismus und Extremismus gründen“, bestätigte Putin. Dafür habe er auch mit den Führungen in der Türkei, Saudi-Arabien, Jordanien und Ägypten gesprochen. Vor allem will Putin die syrische Armee an dem Bündnis gegen die Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) beteiligen.

Das wird wiederum mit Argusaugen im Weißen Haus beobachtet. Ein Sprecher von Präsident Barack Obama bezeichnete die Militärhilfe für Syrien als „destabilisierend und kontraproduktiv“. Nachdem der Kreml seit über einem Jahr seine Militärintervention in der Ostukraine ableugnet, glaubt man im Westen Dementis aus Moskau nur noch bedingt.

Erst Anfang September hatte der syrische al-Qaida-Ableger Front al-Nusra vier Fotos einer Flugdrohne und mehrerer Düsenjäger veröffentlicht, die sehr an russische Suchoi-34-Schlachtflieger erinnern. Sie sollen westlich der Stadt Idlib aufgenommen worden sein. Kurz zuvor hatte die israelische Zeitung „Ynet“ das Eintreffen russischer Kampfflugzeuge in Syrien gemeldet, die Angriffe auf die Aufständischen flogen sollen, auch auf die Kämpfer des terroristischen „Islamischen Staates“. Das türkische Marineportal „Bosphorus Naval News“ publizierte Fotos von Kamas-Militärlastern und getarnten Panzerfahrzeugen, die am 20. August auf dem russischen Kriegsschiff „Nikolai Filtschenkow“ bei der Fahrt durch den Bosporus Richtung Mittelmeer fotografiert worden waren. Das Fachportal Oryx Block schließt nicht aus, dass auch sie bei Lakatia eingesetzt werden sollten. Das US-Nachrichtenportal „Daily Beast“ titelt: „Russland stellt seine Stiefel auf syrischen Boden.“

Unterdessen hat die Terrormiliz IS in der syrischen Wüstenstadt Palmyra erneut einzigartige archäologische Stätten zerstört. Die Extremisten sprengten mehrere rund 2000 Jahre alte Grabtürme, wie Syriens oberster Archäologe Mamun Abdulkarim am Freitag der Deutschen Presse-Agentur erklärte. Drei der mehrstöckigen Gräber seien vor rund zehn Tagen zerstört worden.