Papst Benedikt XVI. gibt sein Pontifikat am 28. Februar um 20 Uhr ab. Das teilte Joseph Ratzinger am Montag überraschend während eines öffentlichen Konsistoriums in Rom mit. Der 85-Jährige kündigte seine ungewöhnliche Entscheidung in lateinischer Sprache an.
Er habe aufgrund seines Alters nicht mehr „die Kraft“, die katholische Kirche zu führen, heißt es darin. Zu dieser Erkenntnis sei er nach Prüfung seines Gewissens vor Gott gekommen.
Um das Schifflein Petri zu steuern und das Evangelium zu verkünden, ist sowohl die Kraft des Körpers als auch die Kraft des Geistes notwendig“, sagte der Papst. Diese seine Kraft habe in den vergangenen Monaten derart abgenommen, dass er sein Unvermögen erkennen müsse, den ihm anvertrauten Dienst weiter gut auszuführen.
Mit seinem Rücktritt werde der Apostolische Stuhl zum genannten Termin vakant. Es müsse ein Konklave zur Wahl des neuen Papstes zusammengerufen werden, erklärte Benedikt XVI. Er dankte seinen Mitbrüdern „von ganzen Herzen für alle Liebe und Arbeit, womit ihr mit mir die Last meines Amtes getragen habt, und ich bitte euch um Verzeihung für alle meine Fehler“, sagte er.
Nachfolger soll bis Ostern feststehen
Ein Nachfolger soll bis Ostern feststehen. „Wir sollten Ostern einen neuen Papst haben“, sagte Vatikansprecher Federico Lombardi am Montag. Das Konklave zur Wahl des neuen Kirchenoberhauptes könne 15 bis 20 Tage nach dem Rücktritt beginnen.
Lombardi hatte im vergangenen Jahr Spekulationen um einen möglichen Amtsverzicht Benedikts XVI. zurückgewiesen. Derzeit sei das Thema nicht akut, erklärte Lombardi damals.
Der norditalienische Bischof Luigi Bettazzi (88), bis 1999 Oberhirte von Ivrea und langjähriger Präsident der katholischen Friedensbewegung Pax Christi, hatte in einem Interview von der Möglichkeit eines Rücktritts von Benedikt XVI. gesprochen.
Lombardi erinnerte daran, dass der Papst selbst in seinem Interview-Buch mit dem Publizisten Peter Seewald über dieses Thema gesprochen habe. Dort erklärte Benedikt XVI.: „Wenn ein Papst zur klaren Erkenntnis kommt, dass er physisch, psychisch und geistig den Auftrag seines Amtes nicht mehr bewältigen kann, dann hat er ein Recht und unter Umständen auch eine Pflicht, zurückzutreten.“
Allerdings dürfe ein Papst nicht angesichts von Gefahren oder Schwierigkeiten „davonlaufen“, sondern müsse auch in schwierigen Situationen standhaft sein.
Am Vortag seiner Erklärung hatte Benedikt XVI. das auf Twitter gepostet:
Gehen und lange Flüge bereiten Schwierigkeiten
Papst-Bruder Georg Ratzinger hat die angeschlagene Gesundheit von Benedikt XVI. als Grund für dessen Rücktritt genannt. „Das Alter drückt“, sagte der 89-Jährige. Sein Arzt habe dem Papst geraten, keine transatlantischen Reisen mehr zu unternehmen. Auch das Gehen bereite seinem Bruder zunehmend Schwierigkeiten.
Der Papst ermüde rascher, sagte sein Bruder Georg weiter. Der 89-Jährige nannte den Rücktritt seines Bruders vom Amt des katholischen Kirchenoberhauptes einen „natürlichen Vorgang“. „Mein Bruder wünscht sich im Alter mehr Ruhe.“ Georg Ratzinger sagte weiter: „Ich war eingeweiht.“ Er räumte ein, seit Monaten von den Rücktrittsplänen des Papstes gewusst zu haben. Georg Ratzinger, wie sein Bruder katholischer Priester, war drei Jahrzehnte lang Domkapellmeister in Regensburg und damit Leiter der weltberühmten Regensburger Domspatzen.
Regierungssprecher Steffen Seibert zollte dem scheidenden Papst in einer ersten Reaktion den „allerhöchsten Respekt für seine Lebensleistung“. Es gebühre ihm „Dank, diese Weltkirche acht Jahre lang so geleitet zu haben“. Seibert kündigte an, dass sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) noch heute äußern werde. Benedikt XVI. habe seine „ganz persönliche Handschrift als Denker und als Hirte an der Spitze der katholischen Kirche eingebracht“. Zugleich äußerte der Regierungssprecher Achtung vor den Gründen des Rücktritts.
Wie ein Rücktritt geregelt ist
Den Rücktritt eines Papstes regelt Kanon 332, Absatz zwei des Kirchenrechts . Der Paragraph sieht vor, das ein Papst, wann immer er will, ohne irgend jemanden um Erlaubnis zu fragen, zurücktreten kann.
Rücktritte von Päpsten sind in der Geschichte der katholischen Kirche relativ selten. Meist geschah dies unter Druck. Um das Jahr 235 legte Papst Pontianus, den man zur Arbeit in die Bergwerke von Sardinien verbannt hatte, sein Amt nieder. Dasselbe tat der auf der Insel Ponza gefangengehaltene Papst Silverius 537. Johannes XVIII. wurde 1009 entthront.
1415 wurde Gregor XII. während des Konzils von Konstanz im Streit mit Gegenpäpsten zum Rücktritt gezwungen. Seine Konkurrenten wurden zwangsweise abgesetzt. Der einzige wirklich freiwillige Rücktritt dürfte der von Papst Cölestin V. am 13. Dezember 1294 gewesen sein. Er wurde Einsiedlermönch.