Kinder mit Migrationshintergrund oder aus dem Arbeitermillieu haben in der Schule oft Probleme. Neue Zahlen offenbaren auch regionale Unterschiede.
Der Bildungserfolg in Deutschland hängt immer noch sehr stark von der sozialen Herkunft ab, wobei Jugendliche mit Migrationshintergrund am schlechtesten abschneiden. Zudem lernen Mädchen besser als Jungen, und die Leistungen von Schülern im Süden Deutschlands sind weiterhin teilweise deutlich besser als in den übrigen Bundesländern.
Das sind die wichtigsten Ergebnisse der Vergleichsstudie des Berliner Instituts zur Qualitätsentwicklung in der Bildung (IQB). Die Studie löst auf der Basis der bundesweiten Bildungsstandards der Kultusministerkonferenz (KMK) den bisherigen Pisa-Ländervergleich ab. An dem Test zu Kompetenzen in den Fächern Deutsch, Englisch und Französisch nahmen insgesamt 36.000 Schüler der 9. Klasse in 1466 Schulen teil.
Der Test belegt einen engen Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und Bildungserfolg sowie Bildungsbeteiligung. So haben Akademikerkinder gegenüber Schülern aus Facharbeiterfamilien 4,5 Mal höhere Chancen, ein Gymnasium zu besuchen. In Bayern liegt der Quotient sogar bei 6,6, in Baden-Württemberg bei 6,5. In Berlin ist das Verhältnis mit 1,7 am ehesten ausgeglichen.
Die Rheinland-Pfälzische Kultusministerin Doris Ahnen (SPD) nannte bei der Vorstellung des Berichts die Herstellung sozialer Chancengleichheit im Bildungswesen als wesentliche Herausforderung.
20 Prozent scheitern an Mindeststandards
Ein erheblicher Leistungsunterschied zeigt sich weiterhin zwischen Jugendlichen mit und ohne Migrationshintergrund. Im Fach Deutsch liegt die Differenz bei bis zu zwei Schuljahren. Im Fach Englisch fallen die Unterschiede allerdings wesentlich geringer aus.
Laut Studie liegen Bayern und Baden-Württemberg in allen geprüften Fähigkeiten vorne. Gute Ergebnisse erzielen Sachsen, Thüringen und Rheinland-Pfalz sowie teilweise Hessen und das Saarland. Am schlechtesten schneiden Bremer Schüler ab. Aber auch Berliner und Brandenburger Schüler liegen weit hinten.
Beim Lesen bestehen Unterschiede von bis zu einem Schuljahr in Ländervergleich. In nichtgymnasialen Bildungsgängen scheitern hier mehr als 20 Prozent an den Mindeststandards der KMK. Beim Zuhören und der Rechtschreibung liegt der Leistungsunterschied zwischen den Bundesländern sogar bei bis zu eineinhalb Schuljahren.
Im Fach Englisch zeigt sich zudem auch ein deutliches west-östliches Gefälle. Hier belegen die neuen Länder im Hörverstehen die hinteren fünf Plätze. In einigen Ländern erreichen bis zur Hälfte der Neuntklässler nicht die KMK-Vorgaben für den mittleren Schulabschluss. Der Bildungswissenschaftler und Studienautor Olaf Köller rechnet allerdings mittelfristig mit einem Ausgleich zwischen Ost und West aufgrund einer besseren Englischlehrerausbildung in Ostdeutschland.
Positiv verzeichnet die Studie, dass ein großer Teil aller Gymnasiasten in allen Ländern deutlich über den von der KMK gesetzten Regelstandards liegt. In der Leistungsspitze gehen dabei die Unterschiede deutlich zurück, so Köller. Ob die Schüler nach acht oder nach neuen Jahren Gymnasium Abitur machen, hat nach seinen Angaben bisher keinen Einfluss auf die Ergebnisse.
In allen getesteten Teilkompetenzen zeigte sich schließlich ein Leistungsvorsprung bei Mädchen gegenüber Jungen. In Deutsch wie in Englisch verfügen die Mädchen in der 9. Klasse über einen Wissensvorsprung gegenüber den gleichaltrigen Jungen, der dem Lernfortschritt von einem halben Schuljahr entspricht. In der Orthografie beträgt der Lernfortschritt der Mädchen sogar ein ganzes Schuljahr.
Mädchen besuchen auch häufiger ein Gymnasium. Sie profitierten dadurch „von dem lernförderlichen Milieu des Gymnasiums im Bereich sprachlicher Kompetenz“, heißt es in der Studie.
KNA/dpa/cn