Extremismus

Großeinsatz bei islamistischen Salafisten-Vereinen

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Das Innenministerium lässt Vereins- und Privaträume in mehreren Bundesländern durchsuchen. Geplant ist ein Verbot radikaler Salafisten-Vereine.

Deutsche Sicherheitsbehörden haben mit einem Großeinsatz radikale Islamisten in drei Bundesländern aufgeschreckt. Beamte durchsuchten in Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Bremen insgesamt 23 Vereins- und Privaträume eines bundesweit agierenden Netzwerks sogenannter Salafisten, wie das Bundesinnenministerium am Dienstag in Berlin mitteilte. Ziel sei es, die Vereine „Einladung zum Paradies“ (EZP) und „Islamisches Kulturzentrum Bremen“ (IKZB) zu verbieten und dies mit Hilfe beschlagnahmter Objekte rechtssicher zu machen, bestätigten Berliner Sicherheitskreise.

Das Ministerium verdächtigt die Vereine, die verfassungsmäßige Ordnung beseitigen und durch einen islamischen Gottesstaat ersetzen zu wollen. Die Durchsuchungen sollten zeigen, „ob sich der bisherige Anfangsverdacht bestätigt“, sagte ein Ministeriumssprecher. Die Aktionen seien sei längerem geplant gewesen. „Sie stehen in keinem Zusammenhang mit der aktuellen Gefährdungslage durch den internationalen Terrorismus “, hieß es vom Innenministerium.

Prediger empfahl Scharia für Problembezirke

Führende Repräsentanten des in Braunschweig und Mönchengladbach ansässigen Vereins „Einladung zum Paradies“ sind ihr erster Vorsitzender Muhamed Ciftci, sowie der durch Auftritte in Talkshows bekannte Prediger Pierre Vogel. Der auch als „Abu Hamza“ auftretende rheinländische Konvertit legitimiert in seinen Ansprachen die Einführung der Scharia und propagiert eine Lebensweise, die sich nach den Werten des Koran und dem Leben der Gefährten des Propheten Mohammed richtet.

In den vergangenen Monaten erregten Vogel und sein Verein durch einen beabsichtigten Umzug von Braunschweig nach Mönchengladbach Aufsehen. Dort schlossen sich Bürger in Initiativen zusammen, um gegen den Verein zu protestieren. Sie fühlten sich durch öffentliche Auftritte Vogels provoziert, in denen dieser beispielsweise Kanzlerin Merkel empfahl, in Problembezirken wie Berlin-Neukölln für Jugendliche die Einführung der Scharia auszuprobieren.

In einer im Internet verbreiteten Ansprache sagte Vogel: „Wenn Allah befiehlt, dass ein verheirateter Ehebrecher und eine Ehebrecherin gesteinigt werden, was ist dann? Dann ist das richtig, dass derjenige der diesen Befehl bekommen hat, wie der Prophet Mohammed, dass er es macht. Und wenn er es nicht macht, dann ist er Gott ungehorsam.“

Der Bremer IKZB ist aus der Abu-Bakr-Moschee hervorgegangen und beruft sich nach Angaben aus Berliner Sicherheitskreisen auf die gleichen ideologischen Grundlagen wie die Gruppe EZP und ist inhaltlich, organisatorisch und personell eng mit EZP verbunden.

Trotz seiner mutmaßlich verfassungsfeindlichen Äußerungen hat Pierre Vogel von EZP Terror im Namen des Islam stets abgelehnt. Anschläge wie den in Stockholm am vergangenen Samstag bezeichnete er als „Verzweiflungstaten, die absolut keinen Nutzen bringen“. Verfassungsschützer halten ihn wegen seiner fundamentalistischen Koran-Interpretation dennoch für einen potenziellen Wegbereiter für selbst ernannte „Heilige Krieger“. Besonders radikale Salafisten bezeichnen ihn dagegen als „Feind der Mudschahedin“, als „Schleimer“ oder als Ungläubigen.

Expertin rät von Salafisten-Verbot ab

Die Islamismus-Expertin Claudia Dantschke vom Berliner Zentrum Demokratische Kultur nannte das offenbar eingeleitete Verbotsverfahren einen Fehler. „Die Aufregung um Pierre Vogel hat das Ministerium wohl in Zugzwang gebracht. Das ist problematisch, denn Vogels Äußerungen sind möglicherweise verfassungsfeindlich, aber es gibt deutlich radikalere Vereine, die auch Gewalt legitimieren, die man viel eher hätte verbieten müssen“, sagte Dantschke der dapd.

Das Innenministerium verwies darauf, dass es für eine wehrhafte Demokratie geboten sei, „nicht erst den Jihad in Form des bewaffneten Kampfes abzuwarten, um gegen verfassungsfeindliche Vereinigungen einzuschreiten“.

Vertreter der Vereine „Einladung zum Paradies“ und „Islamisches Kulturzentrum Bremen“ wollten sich bis zum Mittag auf Anfrage der dapd nicht äußern.

( dapd/ks )