Stilkritik

Die Tops und Flops der Oscar-Nacht 2012

| Lesedauer: 8 Minuten
Cordula Schmitz

Neben den Statuen wird bei den Oscars auch immer ein inoffizieller Preis für das schönste Kleid vergeben. Einige normalerweise stilsichere Damen enttäuschten dieses Mal.

Der rote Teppich für die Oscars ist in Wirklichkeit ein Schlachtfeld. Die bekanntesten Stylisten bringen ihre Schauspieler mit den schönsten Kleidern in Stellung, alle wichtigen Designer umwerben die Stars schon Wochen vorher, legen ihrem Kleider-Angebot gleich noch eine freie Botox- oder Laserbehandlung bei. Denn ein Kleid am Körper einer Schauspielerin, womöglich noch einer Preisträgerin bei der wichtigsten Verleihung des Jahres, gleicht einem Jackpott. Der Imagegewinn kann immens sein und die Momentaufnahme erspart Millionen an Werbedollars.

Gleichzeitig ist es für die Schauspielerinnen eine Möglichkeit, ihr Image zu unterstreichen oder es mit einer außergewöhnlichen Kleiderwahl zu ändern. Nicht zuletzt deshalb horten die Stylisten (ohne ihn geht gar nichts) bereits Wochen vorher Designer-Fummel. Natürlich kann man nur ein Kleid auf dem roten Teppich tragen, aber nicht auszudenken, sollte eine andere einem den Traumentwurf vor der Nase wegschnappen. Morgenpost Online hat die Auswahl der Stars begutachtet und die Tops und Flops ausgemacht. Ganz objektiv, natürlich.

Die Tops des Abends:

Michelle Williams

Eines der schönsten Kleider und insgesamt das beste Styling hatte Michelle Williams. Sie trug eine schulterfreie Robe aus dem Haus Louis Vuitton in der Farbe "burned orange“. Doch es waren ihre Accessoires, die verhinderten, dass es nur ein weiteres rotes Kleid auf dem langen Weg zur Oscar-Verleihung war.

Angefangen bei der kleinen Glitzerbrosche in Form einer Schleife, die sie in der Taille trug, über die pinke Bottega-Venetta-Pochette und die gold-glitzernden Pumps: eigen, cool und mit dem gewissen Chic. Man erkannte deutlich die Handschrift der Stylisten Karla Welch und Kemal Harris.

Jessica Chastain

Insgesamt waren die Kleider der Oscar-Nacht eher zurückhaltend. Die Einzige, die ein wenig Drama auf die Party brachte, war die "The Help“-Schauspielerin Jessica Chastain, die sich an ein Kleid von Alexander McQueen wagte. Bisher hatte sie sich eher solide bis langweilig auf Events gezeigt, so dass dieser Haute-Couture-Traum in Schwarz und Gold eine willkommene Abwechslung darstellte.

Tina Fey

Bekannt ist Tina Fey eigentlich für ihre Comedy-Auftritte als Sarah Palin. Und ihr Outfit besteht nur allzu häufig aus Jeans und T-Shirts. Für die Oscars entschied sie sich für ein dunkelblaues Kleid mit Schößchen von Carolina Herrera. Der Mega-Dutt, den sie auf dem Kopf trug, war eine gute Ergänzung. Die tollen, nicht zu großen Ohrringe unterstrichen die elegante Erscheinung, die nicht nur einige Moderatoren-Kollegen verblüffte.

Gwyneth Paltrow

Rasant am Körper entlang, streng und schmal lag das umwerfenden Tom-Ford-Dress in Weiß von Gwyneth Paltrow. Auf dem roten Teppich trug sie dazu noch ein weißes Cape, dessen Schnitt eher an einen der sleaken Herrenanzüge von Tom Ford erinnert. Auch die Frisur, ein tief sitzender Zopf, war eine glatte Eins. Der Schmuck, ein breiter Armreif mit Diamanten unterstrich den Auftritt. Insgesamt war das Kleid der Beweis, dass weniger manchmal mehr ist. Besonders als Paltrow gemeinsam mit Jennifer Lopez auf der Bühne stand, um einen Preis zu übergeben. Die Sängerin wirkte neben der Blondine wie eine Nachtclub-Tänzerin mit zu viel Dekolletee.

Rooney Mara

Auf den ersten Blick sah Rooney Mara in dem weißen Givenchy-Kleid mit ihrem harten Haarschnitt aus wie die kleine Schwester von Mr. Spock von Raumschiff Enterprise. Was nicht zuletzt daran lag, dass Kameras immer ein wenig das Bild verzerren. Denn die Architektur des Entwurfs war außergewöhnlich: fließend, zart mit Spitze und doch mit Ecken und Kanten, besonders an den Schultern. Lisbet Salander würde es gefallen, dachte sicher auch ihr Stylist Ryan Hastings.

Nicht alle waren so stilsicher. Hier sind die Flops der Oscar-Verleihung 2012:

Angelina Jolie

Zu dünn, zu schwarz, zu blass, zu viel Schlitz: Was für ein Problem hatte Angelina Jolie? In einer schwarzen Versace-Samtrobe stolzierte sie über den roten Teppich. Zur Freude der Fotografen posierte sie immer mit viel Beineinsatz. Das sah aber leider so aus, als würde sie eine Käsestelze als Luxus-Prothese vorzeigen. Ihr rechtes Bein hat mitllerweile übrigens seinen eigenen Twitter-Account. Wirklich schlecht kann diese Frau ja eigentlich nicht aussehen, aber dieses Morticia-Addams-Outfit war nicht der beste Griff. Vielleicht wollte sie Partner Brad Pitt einfach nicht die Show stehlen, er war schließlich nominiert. Der sah übrigens aus, als sei er in einen Jungbrunnen gefallen. Supersexy.

Glenn Close

Wir mögen Zac Posen. Und wir wissen auch, dass Frauen in einem gewissen Alter ihre Arme nicht mehr zeigen möchten. Daher war die Robe, die Zac für Glenn Close geschneidert hatte, durchaus ein guter Versuch. Aber dabei blieb es auch. Close hat eine tolle Figur, nur leider wurde die durch eine Smoking-Jacke verdeckt und durch eine Schleppe erdrückt. Der Mittelteil des Kleides war allerdings sensationell.

Stacy Keibler

Oh, oh, oh. Die aktuelle Begleitung von George Clooney, die Wrestlerin Stacy Keibler, sah leider aus wie ein halb ausgepackte Ferrero-Rocher-Schokokugel. Die goldene Robe des Labels Marchesa wirkte ein bisschen überdrapiert, als wenn man ein wenig von dem güldenen Vorhang der Verleihung gestohlen hätte. Das Gleiche galt auch für die wunderbare Meryl Streep. Auch sie wählte drapiertes Fließgold von Lanvin, das allerdings ihre Figur etwas unförmig wirken ließ.

Penelope Cruz

Wo war Penelope Cruz? Schwer zu finden, denn sie versank leider in ihrer riesigen Organza-Robe von Armani Privè. Das Modell trug den, zugegeben, schönen Namen "stürmische Wolken“. Die etwas biedere Frisur à la Grace Kelly trug dazu bei, Penelope auch noch den letzten Rest spanischer Grandezza auszutreiben. Schade.

Jennifer Lopez

Nun, ja. Wer hat, der hat. Und wenn man wie Jennifer Lopez gerade eine Scheidung hinter sich hat, dann möchte man das auch zeigen. Zuhair Murad hieß der Designer ihres Vertrauens an diesem Oscar-Abend. Beige und golden wurden Po und Busen in Szene gesetzt. Marc Anthony, ihr Ex-Mann, wird sich sicher geärgert haben. Der Rest wendet sich müde lächelnd ab.

Melissa McCarthy

Melissa McCarthy ist umwerfend komisch, hat haufenweise Talent und eine Figur, die nicht unbedingt einfach für ein Abendkleid ist. Dass man ohne weiteres mit ein paar Pfunden mehr auf den Rippen gut aussehen kann, bewies Schauspielerin Octavia Spencer in Tadashi Shoji. Aber das griechisch-inspirierte Dress für McCarthy von Marina Rinaldi war knapp vor der Katastrophe. Und das von einer Designerin, die sich explizit auf Größen abseits des Laufstegs spezialisiert hat. Pfui! Einen Punkt vergeben wir aber für das Schuhwerk von Brian Atwood. Extra für sie entworfen und mit dem Zusatz unter der Sohle: "To my best friend“.

Schrägster Auftritt

Sacha Baron Cohen kam in einer Fantasie-Uniform, die bisher nur stillosen Diktatoren aus dem Nahen Osten oder Afrika vorbehalten war. Als Accessoire trug er die "Urne von Kim-Jong-Ill“ bei sich, die er kurz darauf einem Moderator auf den Calvin-Klein-Smoking kippte. Vom Sicherheitspersonal davon geschleppt, rief er ihm noch nach: "Wenn dich jemand fragt, was du trägst, sag "Kim-Jong-Ill“.