Berlin. Ein Fahrzeug rast nachts über ein firmeneigenes Parkdeck, durchbricht die Absperrung, stürzt in die Tiefe. In dem Autowrack findet die Polizei inmitten einer Unmenge an Hightech-Geräten die Leiche eines Mannes. Es ist der Anwalt des Computerunternehmens. Zunächst deutet vieles auf Suizid hin. Doch bald stellt sich heraus, dass der Wagen normalerweise über einen „todsicheren“ Autopiloten gesteuert wurde. In der gleichen Nacht wurden die Computer der Firma „Digital Solutions“ gehackt. Steuerte jemand den Mann bewusst in den Abgrund?
Der neue „Tatort“-Fall „Mord Ex Machina“ mit dem Saarbrücker Kriminalhauptkommissar Jens Stellbrink (Devid Striesow) erweist sich als ausgesprochen knifflig. Nichts ist eindeutig, nichts passt zusammen, nichts in diesem von Hendrik Hölzermann und David Ungureit verfassten Drehbuch folgt vertrauten Pfaden. Bis zum Schluss wird der Zuschauer im Unklaren gelassen.
Nichts, was geschah oder geschieht, scheint illegal zu sein
Wenn es um das Thema digitale Verbrechen geht, denkt man fast automatisch an Internetkriminalität und Darknet, an Online-Mobbing in sozialen Medien, an actionreiche TV-Serien wie „CSI Cyber“. Die Welt, in die Regisseur Christian Teede und sein Kameramann Simon Schmejkal in kurzen, ruhigen Einstellungen oder langen, fast statischen Weitwinkelfahrten eintauchen, ist umso beklemmender, gerade weil von alledem kaum einmal Spuren zu erkennen sind. Der Mord wirkt wie ein isoliertes Ereignis. Denn so gut wie nichts, was geschehen ist, was geschieht oder was geschehen wird, scheint in irgendeiner Weise illegal.
Zum vorletzten Mal spielt Devid Striesow den akribisch klassische Polizeiarbeit leistenden Stellbrink. Auch seine Rolle erfüllt kein Klischee: Zu leicht wäre es gewesen, den Kommissar als Online-Gegner oder tollpatschigen Technik-Dummie in dem Fall herumstochern zu lassen. Nicht einmal mit den sonst so unvermeidlichen supercleveren, aber verschrobenen Computer-Nerds bekommt er es zu tun.
Das Thema des Films ist die Macht der Informationen
Der Firmenchef ist ein seriöser Unternehmer, dem Politik und Wirtschaft nichts als Wohlwollen entgegenbringen. Und die saloppe Software-Expertin Natascha Tretschok (die wunderbare Julia Koschitz) ist weder die klassische Hackerin noch eine berechnende Femme fatale, sondern eine junge Frau, von deren Kompetenz, Charme und Natürlichkeit sich Stellbrink zunächst auf magische Weise angezogen fühlt – und die ihm offenbar ähnliche Sympathien entgegenbringt.
Das große Thema des Krimis ist die Macht, die Informationen bedeuten. Es geht um die Chancen, aber vor allem um die Risiken unserer schönen, neuen, vernetzten Welt, in der Facebook, Twitter und Instagram immer mehr unseren Alltag bestimmen. Gerade dieser Bezug sorgt dafür, dass die Spannung auch nach dem Abspann noch anhält.
Fazit: Beklemmender Krimi mit großartigen Darstellern, der nachdenklich stimmt.
ARD, Montag, 1. Januar 2018, 20.15 Uhr