Berlin. Mit Werken von Haydn bis Pärt begeisterte das Orchester der Estnischen Akademie für Musik und Theater im Konzerthaus.

Estland ist ein kleines Land, verfügt aber dennoch über eine große Musiktradition. So gehören die Esten Neeme, Paavo und Kristjan Järvi zu den wichtigen Dirigenten unserer Zeit, und Arvo Pärt zu den erfolgreichsten und beliebtesten Komponisten. Die Estnische Akademie für Musik und Theater mit Sitz in der Hauptstadt Tallin stellt eine der wichtigsten Ausbildungsstätten für den musikalischen Nachwuchs dar, deren Orchester präsentierte sich am Dienstagabend im Rahmen des Young Euro Classic Festivals.

Im Gepäck hatte das Orchester überwiegend Musik seines Heimatlandes. Neben zwei Stücken von Arvo Pärt fand sich darunter auch die siebte Sinfonie des hierzulande kaum bekannten Komponisten Eduard Tubin (1905-1982) sowie ein Werk der jungen Komponistin Alisson Kruusmaa (Jahrgang 1992). Ergänzt wurden die heimischen Stücke durch das beliebte D-Dur-Klavierkonzert von Joseph Haydn, für das der junge estnische Pianist Sten Heinoja (Jahrgang 1993) die Bühne betrat. Dirigiert wurde das Orchester von Toomas Vavilov, der sich auch als Klarinettist in Estland einen Namen gemacht hat.

Eröffnet wurde das Konzert mit einem Stück von Arvo Pärt, das den humorvollen Titel trägt „Wenn Bach Bienen gezüchtet hätte“. Grundlage für das Werk bilden die Töne B-A-C-H. Pärt lässt da die Streicher das Summen eines Bienenschwarmes imitieren, dazwischen erklingen ein paar Passagen, die in Bachs Tonsprache verfasst sind. Das junge estnische Orchester widmet sich dem Stück mit Herzblut und Klangsinn. Es überzeugt dennoch nicht, weil kompositorisch ein roter Faden fehlt und sich das Ganze in einer Abfolge von barocken Zitaten und Summ-Effekten erschöpft.

Die Musik des Komponisten Arvo Pärt ist vom Kirchengesang geprägt

Überzeugender, da geschlossener, ist das zweite Stück „In spe“ des estnischen Star-Komponisten. In diesem stellte Pärt erstmals seinen „Tintinnabuli“-Stil vor, der von der mystischen Erfahrung des Komponisten mit Kirchengesang geprägt ist und beständiges Kreisen um die immer gleichen musikalischen Formeln beinhaltet. Deutlich moderner als die der traditionellen Dreiklangsharmonik verhafteten Pärt-Stücke zeigten sich die „Fünf Arabesken“ von Alisson Kruusmaa für Streichorchester. Sie wechselten geschickt zwischen Klangflächen à la György Ligeti und zarten Flageoletts. Hier ließ der Dirigent Toomas Vavilov die Streicher farbenreich und dynamisch fein differenziert aufspielen.

Die Höhepunkte des Abends waren jedoch das im Orchester wunderbar lebhaft und durchsichtig gestaltetet Haydn-Klavierkonzert mit dem fabelhaft agierenden Sten Heinoja, dessen gleichermaßen kristallklares und klangsinnliches Spiel am Flügel begeisterte, sowie die exzellent dargebotene dreisätzige Sinfonie von Eduard Tubin, die kompositorisch-dramatisch so überzeugend gestaltet ist, dass sie sich vor den Orchesterwerken eines Jean Sibelius und Carl Nielsen nicht verstecken muss. Da zeigten vor allem die Bläser des Orchesters, was sie zu bieten hatten, allen voran die hochsouverän und klangschön agierende Solohornistin.

Anschließend spendete das begeisterte Publikum im voll besetzten Konzerthaus zu Recht viel Applaus, das Orchester bedankte sich mit der „Heimatlichen Melodie“ aus der Feder des Esten Heino Eller (1887-1970).