Thomas Wingrich inszeniert im Berliner Kriminal Theater mit viel Witz die Bethencourt-Komödie „Der Tag, an dem der Papst gekidnappt wurde“.

Sara Leibovitz muss fünf Mal hinschauen, um zu realisieren, wer da in ihrer koscheren Speisekammer sitzt. Es ist Eure Heiligkeit, Papst Albert IV., der ihr gütig entgegen lächelt. Erstaunlich, wenn man bedenkt, dass der Pontifex gerade von Samuel Leibovitz gekidnappt wurde. Alle Welt weiß, dass der New Yorker Taxifahrer meschugge ist und schon mal den Ameisen im Garten mit Dynamit zu Leibe rückt. Daher ist Sara Kummer mit Sams exzentrischen Einfällen gewohnt. Absolut fassungslos, macht sie nun das Einzige, was ihr in den Sinn kommt: Sie bereitet das Abendessen zu.

Wie sich die brisant verfahrene Lage in eine zutiefst humane Aktion verwandelt, zeigt João Bethencourts Erfolgskomödie „Der Tag, an dem der Papst gekidnappt wurde“. Die schrieb der 1934 aus Ungarn nach Brasilien emigrierte Autor, Film- und Theaterregisseur 1972 und widmete sie Papst Johannes XXIII.. Seither wird sie auf der ganzen Welt gespielt. Nun hat Thomas Wingrich das Stück, das am 5. Juli 1983 spielt, im Berliner Kriminal Theater inszeniert. Und setzt dabei vor allem auf Dialogwitz sowie Situationskomik.

Schauspielerin Gundula Piepenbring gibt die herrliche jiddische Mamme

Szene aus der Bethencourt-Komödie „Der Tag, an dem der Papst gekidnappt wurde“.
Szene aus der Bethencourt-Komödie „Der Tag, an dem der Papst gekidnappt wurde“. © Kriminal Theater

Dafür hat Erwin Bode die Bühne in das Brooklyner Häuschen von Familie Leibovitz verwandelt. Links die Küche mit der schon besagten Speisekammer, rechts das Wohnzimmer mit einer Menora im Regal. Es sind geordnete, einfache Verhältnisse. Er schafft das Geld ran, sie ist Hausfrau und Mutter. Wobei letzteres leicht untertrieben ist. Denn Gundula Piepenbring gibt als Sara eine herrliche jiddische Mamme mit großem Herz und viel Cleverness. Sie bringt das Kunststück fertig, ihrem Sam (Silvio Hildebrandt) ob seiner Intelligenzleistung, spontan den Papst (Jean Maesér) zu entführen, die Hölle heiß zu machen und trotzdem zu ihm zu stehen.

Natürlich darf der prominente Gefangene die Speisekammer rasch verlassen und genießt alsdann leicht angeschickert fröhlich plaudernd das Abendessen. Ursprünglich wollte sich der Papst auf seiner New Yorker Stippvisite eine heimliche zweitägige Auszeit in einem Karmeliterkloster nehmen. Doch jetzt blüht er regelrecht auf bei der quirligen jüdischen Familie. Bald schon sind Christentum und Judentum freundschaftlich vereint.

Bleibt nur noch die Frage nach dem Lösegeld. Die wird heftig diskutiert von den beiden Sprösslingen Miriam (Nicole Bunge) und Irving (Henning Wolf). Aber Sam hat seine Forderung längst gestellt: Einen internationalen Friedenstag, an dem 24 Stunden lang kein Mensch der Erde getötet werden soll. Ein Anliegen, das alle überrascht und nicht nur Albert IV. begeistert, und das übrigens einen realen Hintergrund hat. Die katholische Kirche begeht jährlich einen „Weltfriedenstag“, den Papst Paul VI. 1968 eingeführt hat.

Zunächst einmal wird die Situation jedoch immer heikler, als Rabbi Meyer (Hartmut Kühn) und Kardinal O’Hara (Karl-Heinz Barthelmeus) ins Geschehen eingreifen. Zu guter Letzt wird noch die Familienbleibe nach allen Regeln der Kriegskunst von der Polizei belagert. Bis der Papst auf die rettende Lösung kommt. Ein humorvolles Plädoyer für das friedliche Miteinander verschiedener Religionen und Kulturen.