Im Boulez-Saal stellte Star-Dirigent Daniel Barenboim das neue Orchester der Barenboim-Said Akademie erstmals der Öffentlichkeit vor.

Stardirigent Daniel Barenboim wird Berliner Ehrenbürger, die Einladungen für den 21. April sind bereits verschickt. Zuvor hat der Ende Januar aus Krankheitsgründen aus dem Amt geschiedene Generalmusikdirektor der Staatsoper Unter den Linden ein neues Orchester im Boulez-Saal präsentiert. Der Saal gehört zur Barenboim-Said Akademie, und bekanntlich hat jede Musikhochschule sein Orchester, um die Studenten im Zusammenspiel zu formen. Am Osterwochenende hat Daniel Barenboim das Orchester der Barenboim-Said Akademie erstmals öffentlich vorgestellt. Es gab am Ende stehende Ovationen, natürlich zuerst für den Akademiegründer, aber auch für die jungen Musiker.

Akademiegründer Daniel Barenboim spricht vorm Konzert zum Publikum im Boulez-Saal.
Akademiegründer Daniel Barenboim spricht vorm Konzert zum Publikum im Boulez-Saal. © Peter Adamik

Zu Beginn hat der 80-jährige Dirigent in einer knapp 20-minütigen Rede versucht, eine Kurzgeschichte des West-Eastern Divan Orchestra (Wedo) zu erzählen. Der Gründer spricht leise und hält das Mikrofon konsequent in eine andere Richtung. Er ist schwer zu verstehen, aber das Publikum lauscht ihm voller Aufmerksamkeit. Barenboim beschreibt die erste Begegnung mit dem palästinensischen Literaturtheoretiker Edward Said in London und die daraus entstehende enge Verbindung. Er schildert die Schwierigkeiten, junge Musiker aus Ländern des Nahen Ostens und Nordafrikas zu finden und zusammen zu bringen. Junge arabische Musiker und Israelis können sich seither ein Notenpult teilen. Seine Berliner Akademie ging aus der Idee hervor, und jetzt auch das Orchester der Studierenden.

Geigensolist Yamen Saadi steht für das Erfolgsmodell der Berliner Akademie

Als Solisten in Mozarts Sinfonia concertante KV 364 sind der Geiger Yamen Saadi und der Bratscher Michael Barenboim zu erleben. Gerade der aus Nazareth stammende palästinensische Geiger steht für das Erfolgsmodell. In der Akademie wird gern folgende Anekdote von Yamen Saadi erzählt. Bereits als Zehnjähriger spielte er Daniel Barenboim vor. Der winkte ab, weil er viel zu jung sei. „Wenn es hilft“, hakte der Junge nach, „kann ich auch sagen, dass ich 21 bin.“ Bald schon war er dabei, wurde mit 17 Jahren Konzertmeister des Wedo und ist inzwischen Konzertmeister des Orchesters der Wiener Staatsoper. Das nennt man eine Bilderbuchkarriere.

Geiger Yamen Saadi und Bratscher Michael Barenboim im Boulez-Saal.
Geiger Yamen Saadi und Bratscher Michael Barenboim im Boulez-Saal. © Peter Adamik

Der Mozart, den er gemeinsam mit Michael Barenboim vorstellt, sprüht voller Leichtigkeit. Die Beiden spielen überaus vertraut miteinander. Und beiläufig drängt Sohn Michael den väterlichen Dirigenten neben sich zu einem flotteren Tempo. Die Solisten wollen voran preschen. Dieser Mozart kann insgesamt in seiner unverzärtelten Innigkeit und Süße gefallen. Der Mittelsatz berührt in der verinnerlichten Trauer. Daniel Barenboim favorisiert ausgefeilte Dynamiken des Orchesters. Man ahnt, wie die Atmosphäre des Boulez-Saals die Direktheit des Ausdrucks unterstützt. Mozart gehört in diesen Saal.

Es war ein rundum symbolisches Konzert, auch für Michael Barenboim, der sich gleichsam als Virtuose, Geigen- und Kammermusik-Professor und Dekan der Akademie öffentlich präsentierte. Es ist im Konzert nicht zu übersehen, wie die jungen Studenten ihm zugewandt sind. Das Orchester wird intern vom Dirigenten Giuseppe Mentuccia betreut.

Die jungen Musiker müssen intuitiv reagieren und aufeinander hören

Nach einer Pause folgt Schuberts dritte Sinfonie. Daniel Barenboim dirigiert sitzend mit sparsamen Bewegungen. Er greift in musikalische Läufe ein, lässt es aber auch streckenweise laufen. Die jungen Musiker müssen intuitiv reagieren und aufeinander hören. Es gehört zur Beobachtung, dass es nicht darum geht, am Pult möglichst viele spektakuläre Bewegungen zu machen, sondern zuerst darum, wie das Orchester am Ende klingt.

Beim Schubert offenbart sich, wie exquisit dieses junge Hochschulorchester bereits ist. Viele der Musiker werden sich künftig im Wedo wiederfinden, falls sie nicht schon dabei sind. Von einem Jugendorchester erwartet man bei Schubert keine klassizistische Strenge, im Konzert klingt die Sinfonie teilweise auch übermütig. Und man ahnt, dass Barenboim in den Endproben noch ein wenig wienerische Melancholie herausgelockt hat.