Konzertkritik

Fans feiern Howard Carpendale auf dem Gendarmenmarkt

| Lesedauer: 3 Minuten
Ulrike Borowczyk
Howard Carpendale im Jahr 2021 (Archivfoto).

Howard Carpendale im Jahr 2021 (Archivfoto).

Foto: Jan Woitas/dpa-Zentralbild/dpa

Howard Carpendale trat bei Classic Open Air auf, mit seinen größten Hits und vielen Stimmungen.

Nein, ein Lied seines Vaters hat sich Wayne nicht zur Hochzeit gewünscht. Dabei hat Howard Carpendale über 700 Songs in seinem Repertoire. Aber der Filius hat sogar darauf bestanden, dass der Senior nicht mit seiner Stimme singt. Sondern mit der von Louis Armstrong, wie Carpendale launig erzählt, bevor er "What a Wonderful World" anstimmt. Und damit den ganzen Gendarmenmarkt gleichsam zum Träumen und zum Schmunzeln bringt. Die rauen Töne kennt man schließlich nicht von ihm.

Zunächst aber begrüßt der Schlagerstar die Berliner mit seinem Hit „Hello Again“. Zuletzt war Howie, wie er nicht nur von den Fans genannt wird, in der Hauptstadt nämlich vor dem ersten Lockdown 2020 in der Verti Music Hall zu sehen. Jetzt endlich spielen Howard Carpendale und seine Band beim „Classic Open Air“ auf dem Gendarmenmarkt in Berlin. Darauf mussten die Zuschauer lange warten. Eigentlich hätte der Sänger deshalb auch gern eine kesse Sohle à la Michael Jackson aufs Parkett gelegt. Aber nach seiner Corona-Erkrankung hat ihm der Arzt ein absolutes Tanzverbot verordnet.

Howard Carpendale hat seine größten Hits im Gepäck

Immerhin hat der Wettergott an diesem Abend ein Einsehen. Es bleibt trocken auf dem Gendarmenmarkt. Beste klimatische Bedingungen also für die Fans, um die Handys hochzuhalten, zu fotografieren und zu filmen, um die vielen Höhepunkte des ausverkauften Konzerts festzuhalten. Und den charismatischen Sänger auf jede erdenkliche Weise zu feiern. Natürlich hat der 76-Jährige auch seine größten Hits im Gepäck. Darunter "Samstag Nacht", "Es geht um mehr" und "Ein paar sind immer über den Wolken".

Noch mit seinem südafrikanischen Pass ist er vor der Wiedervereinigung 57-mal über die deutsch-deutsche Grenze nach West-Berlin zur ZDF-Hitparade gefahren. Eine Zeit, die er nur zu gern würdigt mit dem Beatles-Cover "Ob-La-Di, Ob-La-Da, Life is Crazy" und einer zeitgemäßen Version von "Das Mädchen von Seite".

Das halbe Publikum grölt die Replik "Who the fuck is Alice"?

Seit 1970 lebt Howard Carpendale bekanntlich in Deutschland. Er kann auf eine lange Karriere zurückblicken. Am Anfang setzte er dabei vor allem auf international bekannte Nummern, zu denen er deutsche Texte schrieb. Allen voran „Tür an Tür mit Alice“, die deutsche Fassung des Smokie-Songs. Das halbe Publikum grölt nun live sichtlich vergnügt die Replik „Who the fuck is Alice?“. Die "etwas unanständige Version", wie Carpendale es nennt.

Selbstredend gibt es auch zahlreiche Lieder, bei denen man einfach seinen sanften, samtigen Gesang genießen kann. Wie bei der Ballade "Deine Spuren im Sand", hier neu arrangiert als Countrysong. Überhaupt ist die Band stets für eine Überraschung gut, klingt mal rockig, funky oder jazzig. Nicht nur die Genres wechseln, auch die Stimmung. Wehmütig und nachdenklich wird es bei "Du bist doch noch hier" über einen endgültigen Abschied und das innere Ringen nach dem Tod eines geliebten Menschen. Ein starker Moment von vielen an diesem Konzertabend.