Ralf Krämer
Als „Das Wunder von Bern“ hat der überraschende Gewinn der Fußball-WM 1954 durch die deutsche Nationalmannschaft einen festen Platz in der Geschichtsschreibung der BRD. Dass sich ein weiteres Wunder 1981 in Taipeh ereignete, ruft nun ein neuer Dokumentarfilm in Erinnerung. Mangels eigener Nationalmannschaft gewann damals der amtierende Deutsche Meister im Frauenfußball, der SV Bergisch Gladbach, in der taiwanesischen Hauptstadt das Women’s World Invitation Tournament, ein Vorläufer der erst seit 1991 offiziell stattfindenden Fußball-WM der Frauen.
Wie es dazu kam, erzählt „Das Wunder von Taipeh“ mit einem Mix aus historischem Material und vielen aktuellen Interviews auf sehr unterhaltsame Weise. Das Lachen bleibt indes auch immer wieder im Halse stecken. Denn ein Jahr nach dem viel beschworenen wiedergewonnen Selbstbewusstsein hatte der DFB 1955 nichts Besseres zu tun, als den Frauenfußball zu verbieten.
Und auch ihre spätere Legalität schützte erfolgreiche Spielerinnen nicht vor verklemmten Witzen über Heiratsanträge und Brustannahmen im „Aktuellen Sportstudio“. Das alles und welche Hürden auf dem Weg nach Taipeh genommen werden mussten, wird hier betont unaufgeregt geschildert.
Fußball ist Leidenschaft
Der Vorspann erlaubt sich jedoch eine ironische Spitze. Hier wird mit Ausschnitten aus Fußballspielen die damalige Mannschaft vorgestellt. Dazu erklingt eine Musik, die deutlich an Vangelis’ Sportlerhymne „Conquest of Paradise“ erinnert. So wird spielerisch auf die zentrale Aussage des Films verwiesen: Fußball ist Leidenschaft. Die Außenwirkung hängt jedoch vor allem am Willen zur Inszenierung.
Dokumentarfilm D 2020, 97 min., von John Seidler