Es ist eine Weile her, dass Robert Zemeckis wirklich überzeugen konnte. Seine letzten Filme – etwa der Drahtseil-Akt „The Walk“ oder Brad Pitt und Marion Cotillard als Glamour-Spione in „Allied – Vertraute Fremde“ – stießen weder bei der Kritik noch beim Publikum auf viel Begeisterung.
Dass der Regisseur vor ein paar Jahrzehnten mit „Zurück in die Zukunft“, „Falsches Spiel mit Roger Rabbit“ oder „Forrest Gump“ mal in der gleichen Liga spielte wie Spielberg und Co.? Fast könnte man es dieser Tage vergessen.
Wahre Geschichte als Vorlage
Mit „Willkommen in Marwen“ versucht Zemeckis nun einmal mehr, an den Glanz alter Tage anzuknüpfen. Und setzt dabei auf bewährte Zutaten, allen voran einen liebenswürdigen Protagonisten und modernste Technologien. Wobei ihm dieses Mal, eher ungewohnt, eine wahre Geschichte als Vorlage dient.
Im Zentrum des Films steht der Künstler Mark Hogancamp (Steve Carell), der sich nach einem tragischen Vorfall ganz in seine eigene Welt zurückgezogen hat. Nachdem er, aufgrund seiner Vorliebe für das Tragen von Frauenschuhen, nach einem Kneipenabend brutal verprügelt wurde, hat er kaum noch Erinnerungen an sein Leben vor der Tat.
Plötzlich kommt Unruhe in die Zuflucht
Nun verbringt er seine Tage mit einem selbstgebauten Miniaturdorf in seinem Garten, in dem er mit Puppen die Abenteuer eines US-Offiziers und einiger wehrhafter Frauen im von den Nazis besetzten Belgien umsetzt und fotografisch festhält.
Die kleinen Figuren, die ihm selbst und den Frauen in seinem Leben (darunter Janelle Monáe als Physiotherapeutin, Gwendoline Christie als russische Pflegekraft und Merritt Wever als Spielzeugverkäuferin) nachempfunden sind, helfen ihm dabei, sein Trauma leidlich zu verarbeiten.
Eine reizende neue Nachbarin (Leslie Mann), eine Ausstellung seiner Arbeiten und vor allem die bevorstehende Urteilsverkündung gegen seine Angreifer sorgen allerdings für reichlich Unruhe, sowohl in Marks Alltag als auch im kleinen Dörfchen Marwen.
Immer wieder springt Zemeckis in „Willkommen in Marwen“ nicht nur hin und her zwischen der Gegenwart und Rückblenden, sondern auch zwischen der Realität und dem Puppengeschehen im Mini-Dorf, in dem auch Diane Kruger als böse Hexe mitmischt.
Technische Brillanz, aber wenig Substanz
Für letztere Szenen setzt der Regisseur, der schon früh in seiner Karriere stets ganz vorne mit dabei war in Sachen Tricks und Spezialeffekte, auf das Performance-Capture-Verfahren, das bei ihm bereits vor 15 Jahren bei „Der Polarexpress“ das erste Mal zum Einsatz kam.
Die technische Brillanz, mit der hier die Schauspieler in Puppen verwandelt werden, ist dann auch die große Stärke dieses Films. Was „Willkommen in Marwen“ dagegen abgeht, sind Herz und emotionale Substanz.
Missglückter Mix aus Komödie und Kitsch
Für die durchaus komplexe Persönlichkeit seines interessanten Protagonisten scheint sich Zemeckis nur bedingt zu interessieren, sein Schicksal dient vor allem als Vehikel für das Puppenspektakel aus dem Computer.
Am Ende steht so eine missglückte Mischung aus Kitsch und Komödie, in der die Frauen undankbar eindimensional und die Nazi- und Weltkriegsbezüge seltsam zusammenhangslos bleiben.
Gut für Zemeckis, dass er sich seinen Platz in der Filmgeschichte längst gesichert hat.
Tragikomödie USA 2019 116 min., von Robert Zemeckis, mit Steve Carell, Leslie Mann, Diane Kruger