Ein Mal fährt er dann doch aus der Haut. Er diktiere keine Entscheidung von oben herab, sagt er energisch und fährt mit der Hand durch die Luft. Er, der Kultursenator Klaus Lederer (Linke), will keine Misstrauenskultur akzeptieren. Will nicht, dass ihm das Wort im Mund herumgedreht wird. Was ist geschehen? Die AG Alte Münze der Koalition der Freien Szene Berlins hat am Mittwochmittag zur Podiumsdiskussion geladen, um über ein Thema zu debattieren, das in den vergangenen Monaten immer wieder prominent und leidenschaftlich diskutiert wurde: die Zukunft der Alten Münze.
Lederer wünscht sich einen Musikschwerpunkt
Auf dem Podium zeigt sich, dass diese Zukunft so unübersichtlich ist wie die Parteien, die involviert sind. Landesdenkmalamt, Kulturverwaltung, die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen, die Freie Szene, der Runde Tisch zur Liegenschaftspolitik des Landes sowie die Opposition des Abgeordnetenhauses haben Vertreter in die Diskussion gesandt. Mit Katrin Lompscher (Linke) und Lederer sitzen zudem erstmals zwei Senatoren mit am Tisch.
Vorschläge, wie es mit der Alten Münze – hier wird gerade die Kunstinstallation „Visions Alive“ gezeigt – und deren Sanierung weitergehen kann, hat es ja bereits von unerwarteter Seite gegeben. Star-Trompeter Till Brönner hat vorgeschlagen, das Areal am Molkenmarkt in ein „House of Jazz“ zu verwandeln, also in ein Berliner Pendant des „Jazz at Lincoln Center“ in New York. Dafür hat der Haushaltsausschuss des Bundestages im vergangenen November recht überraschend 12,5 Millionen Euro in Aussicht gestellt.
Bloß reichen die nicht annähernd aus, um die Gebäude zu sanieren. Dazu benötige man mindestens 30 Millionen, gibt die Berliner Immobilienmanagement GmbH (BIM) an, eine Tochterfirma des Senats, die die Immobilien betreut. Und auch die laufenden Kosten des Jazztempels – Kosten für Musiker und Räume zum Beispiel – sind durch die Finanzspritze nicht gedeckt. Auch ist Brönners Jazzhaus auf 4000 Quadratmeter geplant. Die gesamte Nutzungsfläche der Alten Münze umfasst allerdings 15.000 Quadratmeter. Wer den Vorschlag betrachtet, sieht also, dass er noch Löcher hat.
„Wir lassen uns keine Vorschriften machen, wo und wie wir diese Areale entwickeln“, hatte Lederer das Angebot des Bundes abgewiesen. Und dabei scheint es zu bleiben. Er sei nicht sauer, weil der Bund mit eigenen Ideen komme, sagt Lederer auf dem Podium. Er sei sauer, weil der Eindruck erweckt worden sei, die Sanierung der Gebäude stünde unmittelbar bevor, ja die Bagger rollten schon an. Das sei nicht der Fall. „Es steht noch nichts fest“, so Lederer.
Aber so ganz stimmt das nicht. Denn eines steht am Mittwoch dann doch fest: Alle Beteiligten sind sich einig, das Areal zum Kulturstandort zu machen. „Das habe ich so noch nie gehört, und das freut mich“, sagt Lederer. Das sieht auch Regina Kittler, kulturpolitische Sprecherin der Linken im Abgeordnetenhaus, so. Man dürfe es jetzt nicht auf die lange Bank schieben, die kulturelle Nutzung zu sichern und weiterzuentwickeln. Das solle noch in diesem Jahr in einem Antrag festgehalten werden.
Lederer geht sogar noch weiter. Er schlägt vor – da ist die Idee Brönners doch nicht ganz verhallt –, die Gebäude mit einen Musikschwerpunkt auszustatten. Verschiedene Musiksparten hätten bereits ihren Standort in Berlin, die Klassik zum Beispiel, aber zeitgenössische Musik eben nicht. Das könnte sich mit der Instandsetzung der Alten Münze ändern. Proberäume, Präsentationsflächen, vielleicht ein Kellerclub: Lederer hält dort vieles für möglich. Doch das gefällt der Freien Szene nicht. „Von oben herab so eine Entscheidung zu treffen, finden wir schwierig“, so ein Sprecher.
„Die einen bestellen, und die anderen machen, das Konzept geht hier nicht auf“, antwortet Lederer lauthals und meint damit den Wunsch der Freien Szene, das Areal nicht monothematisch zu besetzen. Auch er wolle keinen Einspartenbetrieb installieren. Nein, die Flächen sollten vielmehr Kreativen und Kulturschaffenden zugutekommen, die gerade um jeden bezahlbaren Raum in der Stadt ringen. Wichtig, betont Katrin Lompscher, sei es, die Nutzung und das Sanierungskonzept aufeinander abzustimmen. Wie das realisiert werden kann, ist offen. Und auch, wer das finanzieren kann. Es ist die dringendste Frage.