„Ja so scheen is det im Jrünen, an der Spree in Köpenick“, tönt es zur Eröffnung des Musicals „Der Hauptmann von Köpenick“, das Carl Zuckmayers Tragikomödie von 1931 adaptiert. Der flotte Song mit deftiger Berliner Note stammt aus der Feder von Regisseur Heiko Stang, der auch sämtliche Lieder komponierte. Dass ausgerechnet eine Ode an den südöstlichsten Zipfel der Hauptstadt das Musical eröffnet, verwundert bei näherer Betrachtung nicht: Zwei Sommer lang spielten Stang und sein Team unter freiem Himmel auf dem Köpenicker Rathaushof – an jenen Ort, an dem der Schuster Wilhelm Voigt tatsächlich im Jahr 1906 das preußische Obrigkeitsdenken vorführte.
Ein paar Kilometer stromabwärts will das Ensemble nun zeigen, dass Köpenicker Lokalkolorit auch in der City funktioniert, wo die Berliner Schnauze längst durch „Denglisch“ ersetzt wurde und vom preußischen Militärstaat höchstens noch einige Straßennamen übrig geblieben sind. Bis zum 6. August läuft „Der Hauptmann von Köpenick“ im Rahmen des Sommerfestivals im Admiralspalast, wo die Spree zwar nicht mehr „janz so scheen is“, das Publikum aber – das merkt man ganz deutlich – Lust auf die Posse hat.
Auf der Spielfläche wird die Zeit zurückgedreht. Die gelb-grün getünchte Bühne, die von schwerem Holzfurnier umrahmt wird und über der ein preußischer Adler schwebt, ist Herrenschneiderei, Amtsstube und verruchtes Etablissement in einem. In diesem Umfeld versucht Wilhelm Voigt (Maximilian Nowka) nach seiner 15-jährigen Zuchthausstrafe, sich wieder in die Gesellschaft einzugliedern. Doch er steht vor einem unlösbaren Dilemma: Das Amt will ihm keine Aufenthaltserlaubnis erteilen, solange er keine Arbeit hat. Arbeit aber bekommt er ohne Erlaubnis keine.
Aus der neuerlichen Haft entlassen kauft sich Voigt eine Hauptmannsuniform. Mithilfe einer Soldatenkompagnie, die dem falschen Hauptmann sofort hörig ist, besetzt er das Köpenicker Rathaus und lässt sich die Ortskasse aushändigen. Doch einen Pass, das wird ihm schließlich klar, bekommt er auch hier nicht.
Regisseur Heiko Stang hat einen „Hauptmann von Köpenick“ geschaffen, der auf historische Kostüme und Kulissen setzt, sich durch Texttreue auszeichnet, makellos durchchoreografiert ist und einige Ohrwürmer bereithält, die live vom Symphonic Pop Orchestra begleitet werden. Geschickt gehen Witz und Ernst, Zeitkritik und Unterhaltung dabei Hand in Hand. Die verruchte Szenerie im Café National nimmt die Goldenen Zwanziger vorweg. Mit dem Tod des Mädchens Liesken (Juliane Maria Wolff), das Voigt ins Herz schloss, wird zugleich schmerzlich bewusst, wie schnelllebig Existenzen um die Jahrhundertwende waren.
Admiralspalast, Friedrichstr. 101/102, Mitte. Tel.: 01805-20 01. Bis 6.8., Di.–Fr. 20 Uhr,
Sa. 15 und 20 Uhr, So. 14 und 19 Uhr