Kultur

Verfeindete Schwestern, großartig gespielt

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Matthias Nöther

Premiere: „Bette & Joan“ in der Komödie am Kurfürstendamm

Allein schon die Treffsicherheit der Besetzung von „Bette & Joan“ trägt diesen aufregenden Abend: Mit Désirée Nick in der Rolle der Hollywood-Schauspielerin Joan Crawford und Manon Straché in der Rolle ihrer Kollegin Bette Davis ist dem Theater am Kurfürstendamm ein großartiges Kammerstück über zwei in die Jahre gekommene Stars und ihre Angst vor dem Vergessenwerden gelungen. Gemeinsam mit dem Ernst Deutsch Theater in Hamburg wurde die Auswahl der Darstellerinnen getroffen, und diese Auswahl fügt den zahlreichen Biografie-Verflechtungen in dem Werk noch einmal eine Ebene hinzu. Bereits in dem ursprünglichen Londoner Boulevard-Stück aus dem Jahr 2011 kann man schnell den Überblick verlieren, wie Darsteller und Dargestellte zusammenhängen.

Das Stück spielt während der Hollywood-Dreharbeiten zu dem Horrorfilm „What Ever Happened to Baby Jane?“ im Jahr 1961. Schon hier geht es um Kinocharaktere und das unfreiwillig ähnliche Abbild, das ihre Darstellerinnen in der Realität von diesen Charakteren liefern: Der Film handelt von Jane, einem ehemaligen verwöhnten Kinderstar, der den Sprung zu einer Erwachsenenkarriere nie geschafft hat und zur aggressiven Alkoholikerin geworden ist. Die Karriere machte dafür ihre Schwester Blanche, die nun aber aufgrund eines mysteriösen Unfalls im Rollstuhl sitzt und von ihrer Schwester gequält wird.

Sowohl für Joan Crawford als auch für Bette Davis bedeutete der Film über die verfeindeten Schwestern 1961 die Gelegenheit für ein sensationelles Comeback – Davis wurde sogar für den Oscar nominiert. Das Insistieren von Bette Davis in ihrer Autobiografie, dass sie mit ihrer Kollegin Crawford während der Dreharbeiten niemals gestritten habe, lässt das Gegenteil vermuten und hat den Autor Anton Burge (souverän theatertaugliche deutsche Übersetzung: Stefan Kroner) zu dem Boulevardstück „Bette & Joan“ inspiriert.

In dessen zwei Akten geht es tatsächlich heiß her – obwohl beide Damen wissen, dass Kunst kein Kampfsport ist, dreht sich in ihrer Privatlogik eigentlich alles darum, die Kollegin vernichtend zu schaden. Die eigentlich zarter besaitete Joan Crawford greift dabei sogar noch zu den härteren Bandagen. Für eine Szene, in welcher Bette Davis in der Filmhandlung ihre behinderte Schwester tragen soll, verspricht die Schöne, „sich ganz leicht“ zu machen und legt heimlich einen Bleigurt an.

Désirée Nick spielt in einer frappierenden Innenschau die hochgewachsene Crawford als zugleich sanfte und hemmungslos eitle Intrigantin, während Manon Straché die in gleichem Maße arrogante Staatsschauspielerin wie hart arbeitende Wadenbeißerin gibt. Die subtilen Parallelen, die sich im schwindelnd machenden Spiegelkabinett des Regisseurs Folke Braband zwischen den jeweiligen Ost- und Westbiografien dieser beiden klugen und fulminanten Darstellerinnen ergeben, sollte das Publikum allerdings selbst ziehen, wenn es denn will.

Komödie am Kurfürstendamm, Kurfürstendamm 206–209. Vorstellungen noch bis 23. Juli