Gesucht wird – ein Künstler. Das Phantom namens Banksy sprüht seine Werke an öffentliche Wände. Galerien handeln ihn mit Riesensummen. Nun ist in England ein Foto des Aktionskünstlers aufgetaucht. Doch die Enttarnung wurde umgehend widerlegt. Banksy selbst lacht darüber. Und profitiert von dem Rummel.

Ganz London jagt einen Mann! Zuletzt war die Aufregung um ein Phantom bei Jack the Ripper so groß, diesmal ist sie allerdings amüsant. Gesucht wird Banksy, Graffiti-Sprayer und Aktionskünstler, der mit seinen Werken vor allem in London wirkt und verwirrt. Das Stadtbild hat er mit Wandmalereien von knutschenden Bobbys oder der Mona Lisa als Panzerfaust-Schützin geprägt. Niemand kennt seinen wahren Namen, und keine Galerie hat ihn unter Vertrag.

Daran wird sich nichts ändern, auch wenn nun wieder einmal ein Foto durch die Presse ging, das angeblich seines sei. Zuletzt war er im November 2007 ein hockender mit einer Rolle gelber Farbe gewesen. Diesmal ist er ein Kerl im Blaumann, neben dem eine Sprühdose steht, aufgenommen - das macht alles noch rätselhafter - vor vier Jahren auf Jamaika. Die britische "Mail on Sunday" hat es veröffentlicht und viele Blätter taten es ihr nach.

Er sprüht "Langweilig" an Plattenbauten

Dass solche Meldungen so vielen Zeitungen längere Artikel wert sind, ist das eigentlich Aufregende an Banksy. Er spielt wie kein anderer mit den Begierden von Kunst- und Medienwelt. Mit 18 sprühte Banksy die Worte "Wieder zu spät" auf einen Londoner Bahnwaggon, mit 30 - also vor wenigen Jahren - schmuggelte er seine eigenen Kunstwerke in große Museen.

Immer taucht er sofort wieder unter, schießt nur noch Fotos. In einem seiner zahlreichen Manifeste schreibt er, warum Graffiti ehrlicher sei als der Rest der Kunstwelt: "Es gibt keinen Elitismus und keinen Hype, die Kunst stellt auf den besten Flächen der Stadt aus und kostet nichts." Unsere Stadtväter verstünden Graffiti nicht, weil bei ihnen nur ein Existenzrecht hat, was Profit bringt.


Banksy ist Kapitalismuskritiker. In einer Zeit, der die politische Aktion und der selbstlose Witz eigentlich fremd sind, hat Banksy zuerst verwirrt und dann jeden sensiblen Stadtbewohner ins Herz getroffen. Er sprüht dazu etwa an die Fassade einer hässlichen Plattenbausiedlung in meterhohen Lettern das Wort "Langweilig". Im British Museum malte er mit Filzstift eine vermeintliche Höhlenmalerei auf einen Stein, sein Neandertaler schiebt einen Einkaufswagen. In Disneyland kettete er die Puppe eines Guantánamo-Häftlings an die Achterbahn.

Eine Ausnahme von der Regel

Solch einen Mann, scheint es, mag die Öffentlichkeit nicht inkognito lassen. Dass er Robert Banks heiße und 1973 in Bristol geboren worden sei, behauptete die BBC vor zwei Jahren. Dann kam der "Guardian" und machte den Mann zum Endzwanziger mit Rapperklamotten und Silber-Zahnschmuck. Diese Woche nun soll er Robin Gunningham heißen. Wahrscheinlich wieder alles Unsinn: Die "Mail on Sunday" hat das Bild wegen "rechtlicher Probleme" zurückgezogen.

So sieht die Enttarnung auf einmal aus wie eine Aktion des Künstlers selbst. Banksy, der die Käufer seiner Werke - die zuletzt bis in Höhen von 100 000 Pfund bieten - stets öffentlich verlacht, baut auch den Wirbel um die Person in seine Kunst ein. Die "Daily Mail" kündigte im Juni das "erste Interview" mit dem Straßenkünstler an, es kam eine hübsche Reportage über ein Treffen mit einem Mann, der vielleicht Banksy ist oder auch nicht. Sicher wird man nie sein können.

Nur in seinen Büchern und auf seiner Internetseite erklärt Banksy sich gern: "Es gibt keine Ausnahme von der Regel, dass jeder sich für eine Ausnahme von der Regel hält". Auch daher ist sein Weg, gleichzeitig präsent zu sein und zu verschwinden, so gnadenlos modern.