Lungenkrebs

Regisseur Christoph Schlingensief ist tot

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Der Regisseur Christoph Schlingensief ist gestorben. Er erlag heute seinem Krebsleiden, wie ein Sprecher der Ruhr-Triennale Morgenpost Online bestätigte.

Regisseur Christoph Schlingensief ist nach Informationen der Ruhrtriennale tot. Über das Ableben Schlingensiefs habe die Familie die künstlerische Leitung der Ruhrtriennale informiert, sagte ein Sprecher auf Anfrage von Morgenpost Online. Schlingensief war Anfang 2008 an Lungenkrebs erkrankt und operiert worden.

Schlingensief wäre im Oktober 50 Jahre alt geworden. Mit immer neuen Aufgaben und Projekten schien Schlingensief seiner schweren Krankheit verzweifelt Paroli bieten zu wollen. Immer wieder verlautete auch, die Ärzte könnten die Metastasen in Schach halten. Im August 2009 heiratete Schlingensief seine Mitarbeiterin, die Kostüm- und Bühnenbildnerin Aino Laberenz, und ließ sogar mal durchblicken, das Paar wünsche sich Kinder.

Der Regisseur war 2009 Mitglied der Berlinale-Jury, nahm die Aufgabe der Gestaltung des Deutschen Pavillons für die Biennale 2001 in Venedig an und wollte die Oper „Metanoia“ zur Wiedereröffnung des Berliner Schiller Theaters als Ausweichquartier für die Staatsoper Unter den Linden im Oktober inszenieren.

Dann machte ihm der Krebs doch einen Strich durch die Rechnung. Die Teilnahme an dem Kulturfestival Ruhrtriennale im August, wo Schlingensief „S.M.A.S.H. – In Hilfe ersticken“ inszenieren wollte, musste er im Juli wegen einer erneuten Krebsdiagnose absagen. In einem Brief an sein Team nannte er als Begründung "neue Befunde" in seinem Krankheitsfall, "ein paar harte Neuigkeiten".

Lange hielt der Nichtraucher Schlingensief seine Erkrankung geheim. Als er 2008 die Diagnose bekam, zog er sich komplett zurück. Monate später meldete er sich in Interviews zurück und berichtete vom Krebs und den Folgen. Er setzte sich auch künstlerisch mit seiner Lungenkrebserkrankung auseinander, etwa mit seinen letzten Inszenierungen "Mea Culpa" oder "Sterben lernen".

Schlingensief galt als einer der umstrittensten Vertreter des deutschsprachigen Kulturbetriebs. Er war der wohl bekannteste Theater-Provokateur im deutschsprachigen Raum. Er wird als "heiliger Narr und genialer Wüterich verehrt und als zynischer Provokateur verachtet", wie der Spiegel einmal schrieb. Man lobte seine Fähigkeit zur öffentlichen Provokation oder lehnte ihn als begnadeten Selbstdarsteller ab.

Schon als Schüler erprobte er sich mit der Kamera. Im Keller seiner Eltern veranstaltete er "Kulturabende", bei denen junge Künstler wie Helge Schneider oder Theo Jörgensmann auftraten. Bekannt wurde Schlingensief vor allem mit seinen frühen Filmen „Das deutsche Kettensägenmassaker“ (1990), „Terror 2000 – Intensivstation Deutschland“ (1992) und der TV-„Talkshow 2000“ sowie mit seinen Theaterinszenierungen, Kunstperformances und Installationen wie „100 Jahre CDU“, „Rocky Dutschke, 68“, „Passion Impossible – 7 Tage Notruf für Deutschland“ (in Hamburg), und „Hamlet“ in Zürich.

In den 90er Jahren gehörte Schlingensief zu Frank Castorfs Hausregisseuren an der Berliner Volksbühne. Von 2004 bis 2007 gab er sein spektakuläres Debüt als Opernregisseur bei den Bayreuther Festspielen mit Richard Wagners „Parsifal“.

Im Februar war der Grundstein für Christoph Schlingensiefs "Festspielhaus für Afrika" in Burkina Faso gelegt worden. Geplant sind eine Schule für bis zu 500 Kinder und Jugendliche mit Musik- und Filmklassen, ein Theater mit Probenräumen, ein Gästehaus, Werkstätten, eine Krankenstation, Brunnen und Solaranlagen. Das Projekt solle "kein abgehobenes Bayreuth" werden, sondern vielmehr die einheimischen kulturellen Kräfte unterstützen.

( AFP/dpa/str )