Merkel habe auch keine Ahnung von Richard Wagner, obwohl sie alljährlich nach Bayreuth zu den Festspielen pilgere. Sie habe vielmehr Berater, „die ihr was zurufen“, meinte Schlingensief, der selbst in Bayreuth bereits inszenierte. Sie wolle zwar Ahnung von Kunst haben, aber von ihr komme nichts.
Der gut aufgelegte Regisseur nahm an einer Pressekonferenz zum Berliner Theatertreffen teil. Dieses wird am 1. Mai mit seinem Stück „Eine Kirche der Angst vor dem Fremden in mir“ eröffnet, das seine Krebserkrankung thematisiert. Noch am Dienstag hatte Schlingensief wegen eines Fieberschubs die Buchpräsentation seines neu erschienenen Werks „So schön kanns im Himmel gar nicht sein!“ absagen müssen.
Er sei sich nicht sicher, ob Außenminister Frank-Walter Steinmeier der bessere Kanzler sei, „aber irgendwie macht er mir den Knuffigeren“, sagte Schlingensief, der in den 90er Jahren selbst eine Partei gegründet hatte. Vor vier Jahren habe er sich ja auch Merkel gewünscht, damit mal eine Frau Kanzler werde, „die uns krankenhaustechnisch versorgt“. Jetzt reiche es aber. Aber wenn Merkel weitermache, sei es auch nicht so schlimm. Wichtig sei, dass die FDP verhindert werde. „Die Neoliberalen“ hätten allen schließlich die aktuelle Krise eingebrockt.
Steinmeier habe er zufällig während der Berlinale im Februar getroffen, sagte Schlingensief, der dort als Juror tätig war. Der SPD-Kanzlerkandidat habe Interesse an seiner Idee eines Festspielhauses in Afrika gehabt. Daher habe man sich auf einer Feier zwei Stunden zusammengesetzt. Da habe er gemerkt, dass ihn Steinmeier interessiere.
Ein Festspielhaus in Afrika sei wichtig, denn: „Wenn wir hier so weitermachen wie jetzt, haben wir in zehn Jahren keine Kultur mehr“, meinte Schlingensief. Von den Afrikanern, die schon von jeher bestohlen worden seien, könne man so offen klauen. In Afrika könne man etwas von der Urgewalt des Menschen lernen. Das Auswärtige Amt und das Goethe-Institut wollen Schlingensiefs Projekt eines Festspielhauses unterstützen.