06:20
Noch gar nicht frühlingshaft sondern hellgrau spannt sich der Morgenhimmel über das Hafengelände der Reederei Riedel in Oberschöneweide. Auf einer kleinen Insel in der Spree trocknen Kormorane ihr Gefieder, nordwestlich sieht man die Silhouette des Riesenrads über den Baumwipfeln des Plänterwalds. Auf der anderen Spreeseite rauchen die Schornsteine des Kraftwerks Klingenberg. Seit 2009 betreibt die Traditionsreederei den Hafen neben dem ehemaligen Funkhaus an der Nalepastraße. Über Kopfsteinpflaster und alte Gleise geht es zum quaderförmigen Verwaltungsneubau. Gerade verlässt der Lieferwagen einer Getränkelieferfirma die Laderampe. Abteilungsleiter Markus Pickut verteilt die Lieferung im Hochregallager. Als nächstes erwartet der 46-Jährige den Fleischlieferanten. „Wir kochen auf den Schiffen frisch, ohne Convenience-Produkte“, sagt er.
07:30
Schiffsführer Torsten Rakow beginnt seinen Dienst auf dem Fahrgastschiff Spree-Diamant. Als erstes wird die Kapitänskabine des 220 Personen fassenden Schiffes hochgefahren. „Das ist bei einigen niedrigen Brücken notwendig“, erklärt der 35-Jährige aus Tempelhof. Außerdem schütze diese Mechanik vor ungebetenen Gästen wenn das Schiff im Hafen liege. Begonnen hat Rakow seine Karriere als Decksmann. „Dabei habe ich meine Liebe zur Schifffahrt entdeckt und einige Jahre später meinen Binnengewässerführerschein für Fahrgastschiffe abgelegt.“ Um halb neun beginnt an der Moltkebrücke seine erste Fahrt.
08:10
Heute ist Schiffsführer Michael Ratajczak als Matrose und Motorenwart mit an Bord und überprüft als erstes den Ölstand der 185 KW-Dieselmaschine der Diamant. „Die wurde vom BUND als eines der saubersten Fahrgastschiffe Europas ausgezeichnet, weil sie mit einem Rußpartikelfilter ausgerüstet ist“, sagt der 53-Jährige gebürtige Magdeburger. Ratajczak hat zu DDR-Zeiten eine Ausbildung als Vollmatrose der Handelsschifffahrt Bereich Maschine absolviert, später Steuermann- und Schiffsführerprüfung abgelegt. Bei Riedel ist er seit 24 Jahren beschäftigt.
09:20
Ina Michaelis hält im Außendienst des Vertriebs Kontakt zu festen und möglichen Kooperationspartnern der Reederei. Am Bildschirm im Großraumbüro des Verwaltungsgebäudes arbeitet sie Gespräche ab und informiert ihre Kolleginnen und Kollegen über neue Projekte.
10:45
Als Food & Beverage-Manager ist Michael Klatt nicht nur für die Bestellung und Disposition von Speisen und Getränken zuständig. „Wenn Vorräte auf einem Schiff schneller als geplant verbraucht werden, muss die Nachlieferung koordiniert werden“, erklärt der 56-Jährige aus Charlottenburg. Heute braucht das Café-Schiff an der Hansa-Brücke nach einem sonnigen Wochenende dringend Nachschub. „Unser Geschäft lässt sich sehr schwer kalkulieren. Es hängt stark vom Wetter ab. Eines ist aber sicher: Sowie es warm wird, geht es rasant los.“
11:25
Techniker Karsten Hoffmann hat heute einen luftigen Arbeitsplatz. Er kontrolliert auf dem Dach des Gebäudes mehr als Hundert Solarpanele. „Die Reederei legt Wert auf Nachhaltigkeit. Die 30-KW-Anlage hier betreiben wir seit 2011“, sagt der gebürtige Cottbuser.
12:50
Im Veranstaltungssaal zieht Abdel Rahman Rashid weiße Hussen über Stühle. Am Nachmittag wird ein 80. Geburtstag mit rund 50 Gästen gefeiert. Der 22-Jährige stammt aus der syrischen Stadt Afrin und ist vor vier Jahren vor dem Krieg geflohen. Als erstes hat er Deutsch gelernt, das er mittlerweile fließend spricht. Nach einem Praktikum macht er jetzt eine Ausbildung als Veranstaltungskaufmann.
13:20
Stefan Freise, zweiter geschäftsführender Gesellschafter, klärt Details zu den Sonderveranstaltungen „Aquarella Berlin“ und „Feuerzauber auf dem Müggelsee“. „Diese Fahrten im August und September gehören zu unseren beliebtesten Sonderveranstaltungen“, sagt der 52-Jährige. Außerdem im Sonderprogramm sind Krimi-Dinner, historische Stadtrundfahrten mit der Berliner Geschichtswerkstatt, eine Nacht mit Nofretete und ein Kinderprogramm.
14:10
Nadin Gössinger inspiziert die neu geschaffenen Außenanlagen am Hafenbecken. „Oberschöneweide entwickelt sich sichtlich“, lautet das Urteil der 34-jährigen Leiterin für Geschäftsentwicklung. Neben einem Weinausschank wurde eine kleine Jausenstation an der Spree und Sitzgelegenheiten in einem rustikalen Ruderboot gestartet. Wenn das Wetter mitspielt, wird der Außenbereich ab Mitte April bis Ende Oktober geöffnet. „Paddler, Sportbootfahrer, Radfahrer und Spaziergänger nehmen unser Wein- & Snack-Angebot gern an“, so Nadin Gössinger.
15:40
Martina Riedl aus Lankwitz spricht am Telefon mit einem Kunden über eine Charterfahrt. Ein 60. Geburtstag soll gefeiert werden. Neben den klassischen Anlässen wie Geburtstagen und Jubiläen kämen vermehrt Anfragen von Hochzeitsgesellschaften, sagt sie. „Per Schiff in den Hafen der Ehe einlaufen, das hat für viele einen Reiz“, so die gelernte Industrie- und Eventkauffrau.
16:50
Lutz Freise, geschäftsführender Gesellschafter, hält auf dem Balkon des Verwaltungsgebäudes ein kurzes Meeting mit Cordula Korb von der Buchhaltung. 1996 hat die Familie nach dem Tod von Heinz Riedel den Erben die Reederei abgekauft. Seit 1971 hatten Heinz und Margarete Riedel die Schifffahrt hauptsächlich auf dem West-Berliner Landwehrkanal betrieben, und nach der Wiedervereinigung auf die östliche Spree ausgedehnt. Zusammen mit seinem Bruder Stefan betreibt der 56-Jährige das Unternehmen. Zur Hauptsaison werden 150 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt, davon ist die Hälfte fest angestellt. Rund 2400 Sitzplätze stehen auf den 16 Schiffen der Reederei zur Verfügung. 2017 allerdings gingen erstmals die Passagierzahlen zurück. „Wir vermuten, dass es am katastrophalen Wetter und an der Air-Berlin-Pleite lag. Danach kamen weniger Touristen nach Berlin“, meint Lutz Freise.
18:30
Nach fünf Stadtkernfahrten kehren Torsten Rakow und Michael Ratajczak mit dem Fahrgastschiff Spree-Diamant in den Hafen zurück. Das heutige Programm wird demnächst aufgestockt. In den Sommermonaten kommt noch eine weitere Tour hinzu.
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