Schönefeld. Die Vorbereitungen für den Start des neuen Berliner Flughafens BER laufen nicht nur auf der Baustelle in Schönefeld. Die Flughafengesellschaft Berlin-Brandenburg diskutiert mit ihrer fliegenden Kundschaft auch intensiv über eine neue Gebührenordnung. Wie viel die Airlines ab Oktober 2020, so denn der Eröffnungstermin gehalten werden kann, an den Flughafen bezahlen müssen, ist noch umstritten.
Das Berliner Abgeordnetenhaus drängt den Senat, seinen Einfluss im Gesellschafterkreis geltend zu machen, um eine „differenziertere und ökologischere Ausgestaltung“ der Entgelte zu erreichen. Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD), der Berlin vertritt, musste gerade um Aufschub bitten. Die nächste Gesellschafterversammlung mit den Vertretern des Bundes und des Landes Brandenburg finde erst im Dezember statt.
Berliner Flughafen BER: Betreibergesellschaft plant Systemwechsel
Die Position der Flughafengesellschaft ist unabhängig von der Position der Eigentümer bereits klar. Flughafenchef Engelbert Lütke Daldrup strebt nicht weniger als einen Systemwechsel an. Zwar ist es mittlerweile an vielen Flughäfen üblich, dass lautere Flugzeuge mehr bezahlen müssen als leisere. Aber am BER will man noch einen Schritt weitergehen.
Die Preise sollen nicht mehr nach Flugzeugtypen differenziert werden, so dass etwa alle Maschinen vom Typ Airbus A 320-200 gleich viel zahlen. Stattdessen wollen sie am BER den Lärm jeder einzelnen Maschine messen und danach die Entgelte erheben. Dafür sind rund 30 Messstellen längs der Start- und Landekorridore eingerichtet.
Die finanziellen Unterschiede für die Fluggesellschaften sind erheblich, wenn sie nicht auf den Krach achten, den ihre Flieger verursachen. Bisher soll ein Flugzeug der Lärmklasse 3 80 Euro kosten. Für die Klasse 4 werden 125 Euro fällig, für die Klasse 5 schon 515 Euro.
Die Meinungen über diese Neuerung sind aber geteilt. In der Luftfahrtbranche sind viele Experten skeptisch. Auch die Pilotenvereinigung Cockpit hatte sich kritisch geäußert.
Im Kern geht es darum, dass die Flugzeugführer anders starten, um die Anwohner zu schonen. Die Jets sollen steiler aufsteigen, um rascher an Höhe zu gewinnen. Dieses Startverfahren mit der Fachbezeichnung NADP 1 steht dem herkömmlichen NADP 2 entgegen, bei dem die Flugzeuge langsamer aufsteigen. Die erste Variante kostet zwar mehr Schub und damit mehr Treibstoff und entsprechend mehr Kohlendioxid-Ausstoß. Aber es schont die Menschen am Boden vor Lärm. Und die Flughafengesellschaft argumentiert, auch der Kerosinverbrauch wäre über den gesamten Flug gesehen nicht höher, weil man schneller die Sprit-sparende Reiseflughöhe erreiche.
Neues Modell für BER: Einzelne Airlines führen Sicherheitsbedenken ins Feld
Die Airlines verweisen auf die Nachteile. Die Methodik führe zu höheren CO2-Emissionen und sie reduziere Sicherheitsreserven für die Airlines und Piloten, sagte Michael Engel, Geschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Fluggesellschaften. Fluglärm werde in erster Linie umverteilt. „Tatsächlich ist es so, dass die Lärmwirkungen einer ereignisbezogenen Lärmentgeltberechnung am BER vollkommen unbekannt sind und allein auf Annahmen basieren, die nicht bewiesen sind“, sagte Engel.
Die Flughafengesellschaft verweist aber auf lange Vorarbeiten. So habe man mit dem Billigflieger Easyjet über mehrere Monate den steileren Start getestet. Dabei kam heraus, dass der gleiche Flugzeugtyp A 320-200 der Briten deutlich weniger Lärm verursachte als die Jets anderer Fluglinien, die nach dem weniger steilen NADP 2-Verfahren losflogen. Die meisten Flüge fielen in die Lärmklasse drei, während andere Fluglinien Lärm der Klasse vier verursachten.
Die Flughafengesellschaft berichtet von Unterschieden von 2,2 Dezibel im mittleren Maximalpegel direkt unter den Messstellen. Das seitlich versetzte Lautstärkemesser gelegentlich eine höhere Belastung festgestellt hätten, sei hinnehmbar, weil der Lärm dort ohnehin schon deutlich geringer ausfalle als direkt im Flugkorridor.
Entgeltkatalog für Berliner Flughafen BER: Anwohner begrüßen das Modell
Aus Sicht der vom Lärm betroffenen Anwohner macht der steilere Aufstieg und die einzeln festgestellten Lärm-Preise für die Flieger Sinn. Carl Ahlgrimm, ehemalige Bürgermeister der Gemeinde Großbeeren und einst Vorsitzender, jetzt nur noch Mitglied der Berlin-Brandenburger Lärmschutzkommission, lobt das Modell des Flughafens: „Es ist eine hervorragende und innovative Idee, nicht mehr Flugzeugtypen zu bewerten, sondern konkrete Lärm-Ereignisse.“ Jeder wisse ja, dass man auch ein Auto so steuern könne, dass es mehr oder weniger Lärm erzeuge. Das gelte auch für Flugzeuge, so Ahlgrimm, der jetzt Präsident der Bundesvereinigung gegen Fluglärm ist.
In der letzten Sitzung der regionalen Fluglärmkommission habe die FBB ihr Konzept vorgestellt, die Mitglieder seien sehr angetan gewesen. Vor allem in den Randbereichen der Lärmschutzzonen habe der steilere Start erhebliche Auswirkungen“, sagte Ahlgrimm.
Am Ende muss die gemeinsame Luftfahrtbehörde von Berlin und Brandenburg den Entgeltkatalog für den BER genehmigen. Betroffene Airlines könne aber dagegen klagen.