Berlin. Verfassungsbeschwerden gegen die Nachtflugregelung am Flughafen BER sind gescheitert.
Schönefeld/KarslruheDie lange umstrittenen Flugzeiten für den Flughafen BER sind nun höchstrichterlich bestätigt. Das Bundesverfassungsgericht hat drei Verfassungsbeschwerden gegen die bereits vom Bundesverwaltungsgericht gebilligten Nachtflugregeln nicht zur Entscheidung angenommen. Das teilte das höchste deutsche Gericht am Dienstag in Karlsruhe mit. Geklagt hatten Flughafen-Anwohner und vier Anrainer-Gemeinden des BER.
Damit darf nach der für Herbst 2020 angestrebten Eröffnung des BER dort anders als derzeit am alten Flughafen Schönefeld nicht mehr zwischen Mitternacht und fünf Uhr morgens geflogen werden. Die sogenannten Nachtrandstunden zwischen 22 und 23.30 Uhr sowie zwischen 5.30 und sechs Uhr werden jedoch weitgehend für den Flugbetrieb freigegeben. In den halben Stunden unmittelbar vor und nach der Nachtkernzeit sind großzügigere Ausnahmen vom Nachtflugverbot zugelassen. Dagegen hatten sich die Kläger gewandt. Und auch dagegen, dass das Bundesverwaltungsgericht Fehler in einem vorgelegten Gutachten nicht berücksichtigt habe und den Gesundheitsschutz zu gering gewichtet habe.
Verspätete Flüge müssen in der Nacht anderswo landen
Das Verfassungsgericht führte dagegen aus, die Einwände der Beschwerdeführer seien vom Bundesverwaltungsgericht geprüft worden. Das Gericht habe sie aber anders beurteilt.
Flughafenchef Engelbert Lütke Daldrup begrüßte die Entscheidung der zweiten Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts. „Es ist gut, dass wir jetzt Klarheit haben“, sagte der Vorsitzende der Geschäftsführung der Flughafengesellschaft Berlin-Brandenburg. Man habe einen solchen Ausgang erwartet und immer darauf vertraut, dass das Verwaltungsgericht bestätigt würde. „Hoffentlich wird die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts dazu führen, dass Rechtsfrieden eintritt“, sagte Lütke Daldrup.
Die Leipziger Verwaltungsrichter hätten den Schutz vor Fluglärm nicht grundsätzlich verkannt, so die Verfassungsrichter. Die Entscheidung von 2011 „halte sich noch im Rahmen vertretbarer fachgerichtlicher Wertung“. Allerdings verlangen die Karlsruher Richter, dass bereits von 22 Uhr bis 23 Uhr der Fluglärm abnehmen müsse. In dieser Zeit dürfe es keine stärkere Belastung geben als in den Abendstunden zuvor. Das müsse nötigenfalls durch nachträgliche Auflagen umgesetzt werden (AZ: 1 BvR 612/12, 1 BvR 682/12 und 1 BvR 847/12).
Betriebszeiten am BER politisch hoch umstritten
Die Verfassungsrichter stellten auch klar, dass der derzeitige Zustand nicht in Stein gemeißelt sein muss. Die Bundesregierung unterliege seit 2007 einer Berichtspflicht. Demnach müsse die Regierung dem Bundestag alle zehn Jahre einen Bericht über die Überprüfung der Lärmgrenzwerte vorlegen. Dadurch werde auch die Überprüfungs- und Nachbesserungspflicht des Gesetzgebers gesichert, so das Verfassungsgericht.
Die Betriebszeiten des BER, wie sie der Planfeststellungsbeschluss von 2006 festgelegt hat, waren juristisch und politisch hoch umstritten. In Brandenburg organisierten Flughafen-Anwohner sogar ein erfolgreiches Volksbegehren für ein strengeres Nachtflugverbot, das der Landtag auch angenommen hat. Weil aber die anderen Flughafen-Eigentümer Berlin und der Bund sich davon unbeeindruckt zeigten, blieb die Regel unverändert.
Flughafengesellschaft sieht Einschränkungen durch BER
Aus Sicht der Flughafengesellschaft bedeuten schon die künftig geltenden Flugzeiten eine Einschränkung. Denn Maschinen, die wegen Verspätung zu spät in Berlin ankommen, dürfen dann nicht mehr auf dem BER landen. Zuletzt kam es ziemlich oft vor, dass die Airlines die Betriebszeiten nicht einhalten konnten. Von Tegel seien in diesem Jahr schon 128 Jets an andere Flughäfen umgeleitet worden, von Schönefeld 26, sagte der Flughafenchef.
Konnten bisher viele für Tegel vorgesehenen Flieger in Schönefeld landen und die Passagiere von dort doch noch vergleichsweise einfach an ihr Ziel kommen, fällt diese Option nach der Eröffnung des BER weg. Stattdessen werden sie öfter als bisher schon nach Rostock, Hannover oder Leipzig geflogen. Betriebsleiter Andreas Deckert nannte die Landungen nach 23.30 Uhr einen „Sommer-Effekt“, weil in der verkehrsreichen Zeit über den Tag besonders oft Verspätungen angesammelt würden.