Cottbus/Berlin. Ein früherer Bauunternehmer soll beim Bau des Hauptstadtflughafens BER falsche Rechnungen gestellt und dadurch rund 250.000 Euro Schaden verursacht haben. Der 53-Jährige schwieg am Dienstag zum Prozessauftakt vor dem Landgericht Cottbus zu den Vorwürfen.
Der Betrug beim Bau des neuen Fluggastterminals in Schönefeld (Dahme-Spreewald) soll zwischen April und Juni 2012 begangen worden sein. Konkret geht es um falsche Angaben der betroffenen Baufirma zu Arbeitsstunden für sogenannte Rohbaurestleistungen. Seinerzeit war noch die Inbetriebnahme des neuen Airports am 3. Juni 2012 angepeilt worden. In einer Situation also, „wo noch mal Gas gegeben werden sollte“, wie es ein Bauleiter einer Arbeitsgemeinschaft (Arge) als Zeuge vor Gericht beschrieb.
Damals seien zusätzliche Aufträge an Baufirmen für Rohbaurestleistungen erteilt worden, die über die bisherigen Verträge hinausgegangen seien. So habe auch die Berliner Baufirma des Angeklagten zusätzliche Arbeitsaufträge erhalten. Sie habe wegen des Auftragsvolumens ihrerseits Subunternehmer beschäftigt, sodass in Summe bis zu 70 Leute im Auftrag des Angeklagten auf der BER-Baustelle beschäftigt gewesen seien. Dessen eigene Firma selbst habe nur fünf bis acht Festangestellte gehabt, sagte der Zeuge.
Doppelte Aufführung von Arbeitsstunden
Die Arge Ausbau am BER ist ein Zusammenschluss von mehreren Baufirmen, die Subunternehmer beschäftigen. Diese stellen ihre Rechnungen an die Arge, die sie dann an die Flughafengesellschaft mit Zuschlägen weitergibt, wie ihr früherer Mitarbeiter schilderte. Zum Prozessauftakt sagte auch ein Mitarbeiter aus der Revision der Flughafengesellschaft aus, die die Fehler in den Rechnungen moniert hatte. Einem externen Dienstleister für Rechnungsprüfung waren demnach die Unregelmäßigkeiten aufgefallen. Die Namen von Mitarbeitern seien auf Stundenzetteln doppelt aufgeführt worden – für unterschiedliche Arbeiten, aber im selben Zeitraum. Der Zeuge sprach von mehr als 3300 doppelten Arbeitsstunden. Daraufhin habe die Baufirma die Rechnungen überarbeitet. Allerdings seien selbst in den neuen Fassungen doppelte Arbeitsstunden gefunden worden. Auf Nachfrage der Verteidigung sagte der Zeuge, es sei möglich, dass andere die Arbeitsstunden erbracht hätten. Der damalige Arge-Mitarbeiter betonte, die in den Rechnungen aufgeführten Leistungen auf der Baustelle des bis heute nicht eröffneten BER seien erbracht worden.
Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass die Arbeitsstunden entweder gar nicht oder nur teilweise geleistet wurden. Der Angeklagte soll das Ziel verfolgt haben, sich einen Vermögensvorteil zu verschaffen. Die Anklage wirft ihm einundzwanzig Handlungen vor. Die Arbeitsgemeinschaft soll im Vertrauen auf die Richtigkeit die Rechnungen bezahlt und an die Flughafengesellschaft weitergegeben haben.
Ein genaues Zeiterfassungssystem von Arbeitsstunden existierte laut den Zeugenaussagen auf der riesigen BER-Baustelle nicht. „Es gab keine Zugangskontrolle über Stechkarte“, sagte der Ex-Arge-Bauleiter. Der Mitarbeiter der Flughafengesellschaft erläuterte, dass zu dieser Zeit erst damit angefangen worden sei, eine Zeiterfassung am BER zu etablieren. Das Landgericht hat mehrere Verhandlungstermine für den Prozess vorgesehen. Der Angeklagte befindet sich nicht in Untersuchungshaft. Laut seinem Anwalt arbeitet er mittlerweile als Angestellter und ist nicht mehr Inhaber der Baufirma.
Wiederholt am BER Fälle von Korruption und Betrug
Der 2006 gestartete Bau des BER wird immer wieder von Korruptionsvorwürfen und dem Verdacht ungerechtfertigter Zahlungen überschattet. Am bekanntesten dürfte der Fall des Kurzzeit-Technikchefs Jochen Großmann sein, der 2014 wegen Betrugs und Bestechlichkeit zu einem Jahr Haft auf Bewährung und zur Zahlung von 200.000 Euro verurteilt worden war. Ein früherer Prokurist soll gleichfalls im Chaos-Jahr 2012 rund 150.000 Euro Schmiergeld kassiert haben, damit er Nachforderungen in zweistelliger Millionenhöhe der später pleitegegangenen Firma Imtech großzügig bewilligt.
Nach dem Platzen des Eröffnungstermins im Juni werden viele Arbeitsleistungen vielfach auf Stundenbasis abgerechnet. Viele Experten sehen das als einen der Hauptgründe für die Kostenexplosion am Hauptstadtflughafen BER an, dessen Bau sich von anfangs zwei Milliarden auf inzwischen 6,5 Milliarden Euro verteuerte.
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